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Sägen am Steuerprivileg. Bislang können Verbraucher Handwerkerleistungen absetzen und so bis zu 1200 Euro sparen.
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Koalition am Werk: Streit um Steuervorteile für Handwerkerleistungen

Wer einen Handwerker beauftragt, kann die Kosten von der Steuer absetzen. Noch. Die Politik diskutiert darüber, wie sinnvoll dieser Bonus ist

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Was zu tun gibt es immer. Die einen lassen ihr Wohnzimmer streichen, die anderen den Garten gestalten, wieder andere das Bad modernisieren. Mancher muss auch den Schornsteinfeger kommen lassen. Über 500 Milliarden Euro Umsatz machen die deutschen Handwerker mit ihren Leistungen jedes Jahr: ein gutes Geschäft, an dem der Staat mitverdienen will. Noch können Verbraucher einen Teil der Handwerkerrechnung von der Steuer absetzen – und dadurch bis zu 1200 Euro im Jahr sparen. Doch jetzt wird darüber diskutiert, diesen Steuervorteil zu streichen.

Ausgelöst hat die Debatte Carsten Schneider, Vize-Fraktionschef der SPD im Bundestag. Die Ziele, die man mit der Vergünstigung erreichen wolle, würden nicht erreicht, hatte er der „Süddeutschen Zeitung“ gesagt. Schneider beruft sich auf eine Studie, die Experten der Universität Freiburg zusammen mit der Unternehmensberatung Ernst & Young im Auftrag des Bundesfinanzministeriums erstellt haben. 90 Prozent der Haushalte hätten die Handwerker auch ohne den steuerlichen Vorteil beauftragt, heißt es darin. Der Beitrag zur Stützung der Konjunktur und Bekämpfung der Schwarzarbeit sei überschaubar.

Was hinter dem Streit steht

Für SPD-Mann Schneider kam die Studie wie gerufen. Seit geraumer Zeit wollen die Sozialdemokraten das Image derer loswerden, die die Milderung der „kalten Progression“, also der heimlichen Steuererhöhungen, an eine Anhebung des Spitzensteuersatzes koppeln und damit faktisch verhindern. Wenn nun eine Subvention, wie die Absetzbarkeit der Handwerkerrechnungen, ihren ursprünglichen Zweck verfehlt, dann könnte man sie doch verringern und das eingesparte Geld des Staates vielleicht zur Finanzierung der Steuerausfälle nutzen, die bei einer Senkung der kalten Progression anfallen. Unions-Finanzexperte Ralph Brinkaus (CDU) jedenfalls sagte am Donnerstag, man werde „darüber nachdenken“.

Ausgerechnet der Parteichef von Carsten Schneider, Sigmar Gabriel nämlich, wischte die Idee allerdings am Donnerstag vom Tisch. „Ich bin für die Beibehaltung dieses Instruments, Handwerkerrechnungen müssen auch in Zukunft von der Steuer abgezogen werden können“, sagte Gabriel – wohl in erster Linie mit Blick auf die Handwerker, für die er als Wirtschaftsminister auch verantwortlich ist. Zwar gab auch er zu, die große Koalition müsse sich der Abschaffung der kalten Progression widmen. „Aber nicht auf Kosten der vielen Tausend Handwerksbetriebe in Deutschland und ihrer Beschäftigten.“

Hans Peter Wollseifer dürfte diese Worte gerne gehört haben. Der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) verteidigte die Rabatte: „Das Handwerk ist auch dank des verdoppelten Steuerbonus gut durch die Finanz- und Wirtschaftskrise gekommen und hat seitdem maßgeblich zur Stabilisierung der deutschen Wirtschaftsleistung beigetragen.“

Warum der Bonus Schwarzarbeit verhindert

Aus Sicht von Jürgen Wittke, Hauptgeschäftsführer der Berliner Handwerskammer, hat der Steuerbonus vor allem einen Vorteil: „Er unterstützt die legale Beschäftigung“, sagte er. Dank des Rabatts würden mittlerweile deutlich mehr Verbraucher von ihrem Handwerker eine Rechnung verlangen, statt sie schwarz arbeiten zu lassen. Außerdem könnten Verbraucher die Leistungen nur von der Rechnung absetzen, wenn sie sie auch bezahlt hätten. „Dadurch hat sich die Zahlungsmoral verbessert“, sagte Wittke.

Die Grünen forderten die Bundesregierung derweil auf, an anderer Stelle zu streichen und auf Subventionen zu verzichten, die zu Lasten der Umwelt gehen. „Besonders ökologisch schädliches Verhalten darf nicht belohnt werden“, sagte Fraktionschef Anton Hofreiter. Die steuerliche Privilegierung schwerer Dienstwagen oder die Bevorzugung des Flugverkehrs gegenüber der Bahn will er beenden. Das Umweltbundesamt taxiert derlei umweltschädliche Ausgaben des Staates auf rund 50 Milliarden Euro im Jahr.

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