Bosch verschenkt Solarfabrik: Sonnenkönig Asbeck ist zur Stelle
Solarworld-Chef Frank Asbeck übernimmt Teile des riesigen Solarmodulwerk von Bosch in Thüringen und will damit zurück zur Gruppe der weltgrößten Solarfirmen aufsteigen. Skepsis ist angebracht.
Es ist der neuste Coup des schillernden Unternehmers Asbeck. Seine angeschlagene Firma Solarworld aus Bonn, an der er selbst gut 26 Prozent der Anteile hält, will bis spätestens März 2014 einen Teil der defizitären Solarmodulfabrik von Bosch im thüringischen Arnstadt übernehmen. Das teilten Asbeck und Volkmar Denner, der Chef des Stuttgarter Industriekonzerns, am Dienstag in Arnstadt mit.
Bosch war im Sommer 2008 mit dem Kauf der Thüringer Firma Ersol und der Brandenburger Firma Aleo in die Fertigung von Solarzellen und -modulen eingestiegen und hatte 2011 rund 530 Millionen Euro in das Arnstädter Werk investiert, damit seither aber rund 2,4 Milliarden Euro Verluste angehäuft. Vergangenen März kündigte der weltgrößte Autozulieferer den weitgehenden Ausstieg aus dem Solargeschäft an – wie zuvor schon Siemens. Seither wurde ein Investor für Arnstadt gesucht. 300 der damals 1800 Beschäftigten haben die Fabrik seither verlassen. Sollte bis zum Frühjahr keine Lösung gefunden sein, werde das Werk abgewickelt, hieß es.
Asbecks Solarworld gilt zwar als das führende Fotovoltaikunternehmen hierzulande – und somit eigentlich als natürlicher Rettungskandidat. Allerdings gelten auch die Bonner als Verlierer des Preisverfalls für Solarmodule und befinden sich selbst in der Sanierung. Im August musste Asbeck Gläubigerkonferenzen einberufen: Die Gläubiger stimmten angesichts einer drohenden Totalpleite einem radikalen Schulden- und Kapitalschnitt zu. Asbeck selbst soll sich in dem Zuge billig mit Aktien eingedeckt haben.
Angesichts dieser Gemengelage sind nun einige Kunstgriffe nötig, damit dieser für ostdeutsche Verhältnisse große Industriestandort eine Chance behält: Zunächst bekommt Asbeck nicht das ganze Arnstadter Werk, sondern nur einen Teil der Solarzellenfertigung mit einer Produktionskapazität von 700 Megawatt und die Endmontage, wo jährlich Module mit einer Gesamtstromerzeugungsleistung von 200 Megawatt gefertigt werden. Dazu übernimmt er von Bosch 800 der derzeit noch 1500 Beschäftigten.
Warum von "kaufen" eigentlich keine Rede sein kann
„Solarworld kauft ein Filetstück“, sagte Bosch-Chef Denner – wobei das Verb „kaufen“ womöglich nicht die treffendste Vokabel ist: Asbeck erklärte in Arnstadt, dass Solarworlds „Finanzmittel durch den Kauf nicht reduziert“ würden. Sollte wohl heißen: Er bekommt den Werksanteil quasi geschenkt. Mehr noch: Das Land Thüringen hat „einen großen Anteil daran, dass für Arnstadt eine umfassende Lösung gefunden werden konnte.“ Die Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) war persönlich bei der Verkündigung des Planes in Arnstadt dabei, ließ aber ebenfalls offen, was dieses Geschäft die Steuerzahler kostet.
Asbecks Solarworld ist nicht die einzige Profiteurin dieser Aktion. Es gibt auch ein namentlich nicht genanntes Pharmaunternehmen das ebenfalls einen Gebäudeteil und 150 Mitarbeiter für die Produktion übernehmen will. Bosch will zudem die Fertigung eines Autoelektronikkomponenten aus dem ungarischen Hatvan nach Arnstadt verlegen und damit weitere 250 Jobs erhalten. Für die verbleibenden 300 Mitarbeiter soll eine Transfergesellschaft gegründet werden.
„Die Ausgangslage für eine Zukunftssicherung des Werks war erkennbar schlecht. Insofern sind wir verhalten optimistisch“, sagte Wolfgang Lemb, neuer Bundesvorstand der IG Metall, dem Tagesspiegel. Er betreute die Fabrik bisher von Erfurt aus. Er habe den Beteiligten am Dienstag deutlich gemacht, dass es noch einige Punkte zu klären gibt – etwa bei der Ausgestaltung der Transfergesellschaft. Die Arbeitnehmervertreter seien in den Verhandlungen mit Solarworld über Haustarifverträge nicht machtlos. Ob man bei dem Geschäft von einem „Kauf“ im eigentlichen Sinne sprechen könne, oder nicht: Es handele sich juristisch um einen regulären Betriebsübergang. „Da müssen gewisse Sozialstandards eingehalten werden“, sagte Lemb.
Bosch will das Thema Solar abschließen, der Konzern behält nur zwei kleine Spezialfirmen in Hamburg und Brandenburg an der Havel und sucht noch einen Käufer für die Fabrik in Prenzlau (siehe Kasten). Für Solarworld soll der Deal die Chance sein, wieder in die Weltspitze der Branche aufzusteigen. Solarworld und Bosch Solar Energy zusammen verfügten über mehr als ein Gigawatt Produktionskapazität, rechnete Asbeck vor. Es entstehe der „größte kristalline Solarhersteller außerhalb Chinas“. Wolfgang Hummel vom Zentrum für Solarmarktforschung in Berlin gab zu Bedenken: Heute zähle im Solarmarkt nicht mehr nur die schiere Größe. „Aus zwei Kranken wird noch kein Gesunder.“ mit dpa,rtr
Kevin P. Hoffmann
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