Streit um unzulässige Abgaswerte: Smart unter Verdacht
Die Deutsche Umwelthilfe und Greenpeace behaupten, der kleine Smart sei eine große Diesel-Dreckschleuder. Daimler kontert: Die Umweltlobby arbeite mit unseriösen Tests.
Die einen sprechen von „Kumpanei mit der Autoindustrie“, die anderen von „unseriösen Behauptungen“. Ein halbes Jahr nach Aufdeckung des VW-Dieselskandals streiten sich Umweltverbände und Automobilindustrie weiter über die Frage, ob neben Volkswagen auch andere Hersteller Abgaswerte unzulässig überschreiten – und womöglich mit illegaler Motorsoftware manipulieren.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) prangerte am Montag erneut auch die mangelnde staatliche Aufklärung an. „Die Bundesregierung arbeitet ungeniert weiter in Kumpanei mit der Autoindustrie“, sagte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch. Auch zu Messwerten und gefundenen Auffälligkeiten bei Nachprüfungen von mehr als 50 Modellen mehrerer Hersteller beim Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) würden Auskünfte verweigert. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) agiere als „Marionette der Autobosse“.
Daimler: Die Umwelthilfe geht gewohnt unseriös vor
Die Umwelthilfe berichtete von eigenen Informationen, wonach beim KBA und im Bundesverkehrsministerium Anhörungsverfahren zur Vorbereitung einer behördlichen Entscheidung gegen Daimler, Opel und Volkswagen in diesem Zusammenhang liefen. Das Verkehrsministerium verwies darauf, dass die Nachprüfungen noch nicht abgeschlossen seien. Vorwürfe mangelnder Aufklärung seien abwegig, sagte ein Sprecher.
Mit scharfen Tönen reagierte Daimler auf die Untersuchungen der DUH. Der Verein hatte die Abgasprüfstelle der Berner Fachhochschule ein älteres Diesel- Modell des Kleinwagens Smart testen lassen, der schon auf dem Rollenprüfstand die Euro-5-Grenzwerte für Stickoxid (NOx) drastisch überschritt. „Die DUH bleibt sich selbst treu und geht gewohnt unseriös vor“, sagte Daimler-Sprecher Jörg Howe. „Es werden unter anderem nicht zertifizierte Testverfahren verwendet und Behauptungen aufgestellt, die nicht bewiesen werden können.“ Es habe es sich dei den DUH-Tests um ein älteres Fahrzeug gehandelt, das zwischen Ende 2009 und Herbst 2013 auf dem Markt gewesen sei. „Herkunft, Historie und Zustand“ des verwendeten Autos seien Daimler erneut nicht bekannt.
Auch im Labor des Kraftfahrtbundesamtes fiel der Smart durch
Der Kleinwagen Smart steht indes mehrfach unter Verdacht. Auch Greenpeace hatte in der vergangenen Woche von einem KBA-Test berichtet, bei dem ein Diesel-Smart auffällig hohe NOx- Werte gezeigt hatte – und zwar bereits im Labor und nicht erst im Realbetrieb auf der Straße. „Wenn Autos selbst den idealisierten Labortest nicht bestehen, wird der Ausstoß auf der Straße vermutlich verheerend sein“, sagte Greenpeace-Verkehrsexoperte Tobias Riedl. Man müsse sich fragen, wie diese Fahrzeuge überhaupt eine Typen-Zulassung bekommen hätten, ergänzte ein Greenpeace-Sprecher am Montag.
Laut KBA-Unterlagen kam der getestete Smart im NEFZ-Testzyklus in der Schadstoffklasse Euro 5 – mit einem erlaubten NOx-Grenzwert von 180 Milligramm pro Kilometer – auf 195 Milligramm, ein Opel Astra erreichte 187 Milligramm. Eine KBA-Sprecherin betonte, es habe sich um „reine Eingangsmessungen“ gehandelt, um zu prüfen, ob die Fahrzeuge technisch einwandfrei seien, um weitere Tests zu durchlaufen. „Rückschlüsse auf Mängel bei der Typenkonformität sind nicht zulässig“, sagte die Behördensprecherin.
Daimler erklärte, der Abschlussbericht des KBA solle in Kürze vom Bundesverkehrsministerium veröffentlicht werden. Daimler habe alle Fragen in diesem Zusammenhang „für beide Seiten zufriedenstellend“ beantwortet. Die Behauptung der DUH, es werde eine behördliche Entscheidung gegen Daimler vorbereitet, sei nicht zutreffend.