Streit um Freihandelsabkommen: Sigmar Gabriel besteht auf Reformen bei TTIP
Keine privaten Schiedsgerichte, Zustimmung der Parlamente: Sigmar Gabriel versucht, den Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Die US-Seite weicht aus.
Es muss ernst stehen um die europäisch-amerikanischen Freihandelsgespräche TTIP. Würde sich sonst Michael Froman, der US-Handelsbeauftragte, ins Flugzeug setzen, nach Berlin jetten, um dann am selben Tag, wenige Stunden später, wieder zurückzufliegen? Die Liebe zu Berlin allein, der Stadt, in der Fromans Vater einst gelebt hat, dürfte wohl kaum der Grund für diesen Ein-Tages-Trip sein. Schon eher die nicht verstummen wollende Kritik an den Freihandelsgesprächen, die mehr Wachstum und Wohlstand bringen sollen, die nach Befürchtungen der Kritiker aber eher zu einem Verlust europäischer Verbraucher- und Schutzstandards führen werden.
Die Politik nimmt solche Bedenken zunehmend ernst. So ernst, dass neben Froman am Dienstag im Wirtschaftsministerium auch der Hausherr, Sigmar Gabriel (SPD), EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström und Bernd Lange, Vorsitzender des Handelsauschusses des Europaparlaments, mit Schülern und Studenten über TTIP diskutiert haben. Malmström und Froman wollen das Abkommen noch unter der Präsidentschaft von Barack Obama unter Dach und Fach bringen und die endet Ende 2016.
Malmström verspricht Transparenz, Wirtschaftsminister Gabriel beteuert, dass TTIP weder die kommunale Daseinsvorsorge gefährde noch Geheimgerichte zum Schutz von US-Investoren hervorbringen werde. Statt der ursprünglich geplanten privaten Schiedsgerichte werde es einen öffentlichen Handelsgerichtshof geben, mit ordentlich bestellten Richtern und der Möglichkeit, Berufung einzulegen. „Private Schiedsgerichte wird es nicht geben“, betont Gabriel – auch mit Blick auf das Misstrauen innerhalb der eigenen Partei und den SPD-Konvent, der sich am 20. Juni mit TTIP befassen will. Auch sein Parteifreund Lange hält die privaten Schiedsgerichte für „tot“. Nur die US-Seite scheint das noch nicht so ganz mitbekommen zu haben. Man sei bereit, sich zusammenzusetzen, zu arbeiten und zu sprechen, sagt Froman, der Ex-Banker und Ex-Studienfreund von Obama aus Harvard-Zeiten. Man werde sich alle Vorschläge anschauen. Einigung klingt anders. Auch Gabriels Vorstoß, dass die nationalen Parlamente dem TTIP-Abkommen zustimmen müssen, trifft nicht auf ungeteilte Zustimmung. Es handele sich um ein rein juristisches Problem, meint Malmström, das erst ganz am Ende entschieden werden könne.