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Volles Haus. In der Münchener Olympiahalle wirbt Siemens-Chef Joe Kaeser bei Aktionären und Mitarbeitern um Vertrauen. Zahlen spielen im Vortrag des ehemaligen Finanzvorstandes eine eher untergeordnete Rolle.
© dpa

"Die eigene Firma": Siemens-Chef macht ein moralisches Angebot

Auf der Hauptversammlung schwört Siemens-Chef Kaeser die Mitarbeiter und Aktionäre ein. Auf seine Ideen für die Zukunft müssen sie aber noch warten. Der Beifall bleibt verhalten.

Es ist sein erster Auftritt auf der ganz großen Bühne. Doch Nervosität zeigt Joe Kaser auf der Siemens-Hauptversammlung nicht. Im Gegenteil, der neue Vorstandschef scheint seine Rede vor den 7700 Aktionären in der riesigen Münchner Olympiahalle richtig zu genießen. Auch wenn er wohl zugeben muss, dass ein Jahr hinter Siemens liegt, „in dem manches hätte besser gelingen können, ja sogar müssen“. Noch kann er gelassen sein, denn bisher stehen die Vertreter der Anteilseigner hinter ihm. Und die Zahlen fürs erste Quartal des Geschäftsjahres – Oktober bis Ende September – zeigen erste Erfolge.

Kaeser kennt Siemens wie kaum ein anderer. Seit 1980 arbeitet er dort, zuletzt als Finanzchef, bevor er im August den Chefposten antrat. Und obwohl er ein Mann der Zahlen ist, spielen die in seiner einstündigen Rede nur eine Nebenrolle. Ihm geht es vor allem darum, das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des Unternehmens wieder herzustellen.

Im vergangenen Jahr gab es reichlich Ereignisse, die für „unwillkommene Geräusche“ gesorgt haben, wie Kaeser es ausdrückt, in geschäftlicher wie auch in personeller Hinsicht. Angefangen mit den Problemen beim Netzanschluss von Windparks in der Nordsee über die verspätete Auslieferung von ICEs an die Deutsche Bahn bis zum Ende des teuren Ausflugs in die Solarenergie. Für viel Ärger sorgte auch die Ablösung seines Vorgängers Peter Löscher. Gemessen daran, ist die Stimmung auf der Hauptversammlung geradezu zurückhaltend. Es gibt wenig Applaus – aber auch keine Pfiffe oder Buhrufe. Auch nicht für den Aufsichtsratsvorsitzenden Gerhard Cromme. Er wird dafür von fast jedem Redner für die unwürdige Art und Weise kritisiert, wie Löscher abgelöst wurde und muss sich immer wieder daran erinnern lassen, seine eigene Nachfolge möglichst bald zu regeln.

Redlichkeit, Anstand, Verantwortung

Kaesers Rede ist gespickt mit Worten wie Redlichkeit, Anstand und Verantwortung. „Siemens muss bei Siemens wieder über allem stehen“, fordert er. Wie er das Unternehmen umbauen will, wird Kaeser allerdings erst im Mai verkünden. Er stellt klar: „Unser Unternehmen ist kein Sanierungsfall.“

Das zeigen auch die Zahlen des ersten Geschäftsquartals, in dem sich das Sparprogramm bereits bemerkbar machte. Von Oktober bis Dezember 2013 stieg der Auftragseingang zum Vorjahreszeitraum um zwölf Prozent auf 20,8 Milliarden Euro. Der Auftragsbestand erreichte den Rekordwert von 102 Milliarden Euro. Der Umsatz lag aber mit 17,3 Milliarden Euro unter Vorjahresniveau. Nach Steuern verdiente Siemens 1,5 Milliarden Euro, wozu allerdings außerordentliche Immobilien-Erlöse beitrugen. Geld sparen will Siemens in Zukunft auch dadurch, dass die Aktien nicht mehr an der New Yorker Börse gehandelt werden sollen. Das Delisting soll im Spätsommer abgeschlossen sein.

Zum Schluss seiner Rede wird Kaeser moralisch. Er wünsche sich, dass sich im Unternehmen eine „Kultur des verpflichtenden Eigentums“ entwickle. Und seine Botschaft an alle laute: „Handle stets so, als wäre es die eigene Firma!“ Die Aktionäre werden das gern hören. Frenetischen Applaus gibt es dennoch nicht.

Mitarbeiter halten fünf Prozent am Unternehmen

Immer mehr Siemens-Mitarbeiter sind auch Aktionäre des Unternehmens. 2014 nehmen weltweit 107.000 Beschäftigte am Mitarbeiterprogramm teil. Das sind fünf Prozent mehr als im Vorjahr. In Deutschland gibt es das

Mitarbeiteraktienprogramm bereits seit den 60er Jahren. Inzwischen können Mitarbeiter aller Länder teilnehmen, in denen die rechtlichen Voraussetzungen gegeben sind. Das trifft auf rund 60 Länder zu. Das Siemens-Programm ist damit eines der größten dieser Art. Gegenwärtige und ehemalige Mitarbeiter besitzen zusammengenommen rund fünf Prozent der Siemens AG. Das macht sie zu einer der größten Anteilseigner-Gruppen. Konzernchef Joe Kaeser will, „dass sich eine Kultur des verpflichtenden Eigentums im Unternehmen entwickelt“.

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