Ausgetrocknete Böden: Selbst wenn's regnet, könnte es ein Dürrejahr werden
Bodenfeuchte, Baumwurzeln, Jahreszeitentrends: Ob 2019 wieder ein trockenes Jahr wird, hängt nicht nur vom Regen ab.
Es ist trocken. Und wenn es trocken bleibt, steht uns ein sehr trockenes Jahr bevor. Soweit die Banalitäten und Binsenweisheiten. Tatsächlich hat der Deutsche Wetterdienst (DWD) aber jetzt eine Dürrewarnung herausgegeben, aufgeschlüsselt nach Bundesländern.
Sie sagt aber nicht nur, dass es wahrscheinlich sehr trocken wird, wenn es trocken bleibt. Sondern, dass selbst wenn der Rest des Jahres „normal feucht“ würde, es also in etwa so viel regnet wie im langjährigen Mittel, teilweise mit Dürrephänomenen zu rechnen ist.
Die Warnung stammt von der Abteilung für Agrarmeteorologie bei der Wetterbehörde in Offenbach. Und sie fußt nicht auf kurzfristigen Wettervorhersagen. Auch seriös gar nicht mögliche langfristige Prognosen jenseits einer Schwelle von zehn bis 14 Tagen sind nicht die Grundlage, sondern die derzeit gemessenen Bodenfeuchten, sagt Uwe Kirsche vom DWD.
Denn anders als etwa ein Feuerwehrteich im Dorf, der schon nach einem ordentlichen Unwetter schnell wieder voll ist, ist der Boden ein vergleichsweise „träges System“. Die Bodenfeuchte erholt sich eher langsam und auch nur dann, wenn es über längere Zeit regnet und nicht wie bei jenem Unwetter fast alles oberflächlich abläuft.
Als Erbschaft des vergangenen Jahres sind die Böden derzeit noch immer vergleichsweise trocken, vor allem unterhalb von 60 Zentimetern. Das macht vor allem Bäumen, die jetzt ihren „Saft ziehen“ müssen, bereits zu schaffen.
Oberhalb davon ist es aufgrund der Winterniederschläge feuchter, ganz oben aufgrund von Trockenheit, Wind und Sonne aus den letzten Wochen aber auch schon wieder eher staubig. Auch Waldböden seien noch voller hinsichtlich der Waldbrandgefahr problematischen trockenen Laubes und Zweigen. „In normalen Jahren wäre das meiste davon längst vermodert“, so Kirsche.
Bei Kulturpflanzen drohen Ertragsverluste
Frank Glante, Leiter des Bodenmonitorings beim Umweltbundesamt in Dessau, spricht von einer insgesamt derzeit „deutlich negativen Wasserbilanz“. Er habe Analysen der anhaltinischen Lößböden gesehen „da ist es in anderthalb Metern Tiefe knochentrocken“. Kulturpflanzen würden dann ihre Wurzeln nicht in die Tiefe, sondern in die Breite schicken, was allein schon Ertragsverluste bedeuten könnte.
„Besonders betroffen“, sagt Uwe Kirsche vom DWD, „sind vor allem Thüringen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg, in dieser Reihenfolge“. Selbst bei einem Jahr mit durchschnittlichem Niederschlag ist demnach vor allem in den ersten beiden mit „Dürre“ zu rechnen. Sollte es trockener als im langjährigen Mittel bleiben oder sollten Niederschläge eher kurz und heftig ausfallen, umso mehr.
Der märkische Sand ist kein guter Feuchtigkeitsspeicher
In Brandenburg dagegen würde die Bodenfeuchte bei durchschnittlichen Niederschlägen nur knapp unter dem langjährigen Mittel liegen. Hier ist sie allerdings einerseits an der Oberfläche ohnehin immer niedriger. Das liegt unter anderem daran, dass der märkische Sand kein guter Feuchtigkeitsspeicher ist. Er ist aber auch durchlässiger, lässt Wasser von oben also zumindest teilweise auch besser in tiefere Schichten vordringen, so Frank Glante vom Umweltbundesamt. Auch die eiszeitbedingte Geologie mit ihren wasserundurchlässigen Schichten spielt hier eine Rolle.
Nur so viel, sagen Meteorologen, ist sicher: dass nichts sicher ist
Doch selbst beim Deutschen Wetterdienst gehen die Meinungen auseinander. Der Klimatologe Bodo Wischura, der in der Niederlassung Potsdam arbeitet, sieht vor allem in der Unmöglichkeit, mittelfristig das Wetter vorherzusagen, das Grundproblem. „Was wir haben ist unser Jahreszeitentrend“, sagt Wischura. Beruhend auf Modellrechnungen geht dieser für die nächsten drei Monate tatsächlich von einer Niederschlagsmenge aus, wie sie in den letzten 30 Jahren im Mittel auch gefallen ist. Ob es wirklich so kommt, ist aber keinesfalls sicher.
Das einzige, was man einigermaßen konkret vorhersagen kann, sind die nächsten zehn Tage. Die werden eher feucht und kühl werden und die Lage erst einmal zumindest nicht verschärfen.
Bleibt die Frage, warum der Deutsche Wetterdienst überhaupt solche Warnungen herausgibt. Kirsche sagt, sie könnten etwa Landwirten durchaus helfen: „Im vergangenen Jahr wurden ja beispielsweise irgendwann die Futtermittel knapp, und wenn man weiß, dass das selbst bei einigermaßen normalem Wetter wieder eintreten könnte, kann man ja vielleicht vorsorgen und schon jetzt etwas bunkern“.
Und wenn dann doch alles ganz anders kommt - ein Sommer wie 2017 etwa – und der Landwirt dann nicht mehr weiß wohin mit all dem Futter, sind zumindest die Meteorologen als Schuldige schnell ausgemacht.