Gesundheitswirtschaft: Schwächen im Berliner Masterplan
Ein neues Gutachten bewertet das Gesundheitscluster Berlin-Brandenburg: Der selbst ernannten „Health Capital“ fehlt die Strahlkraft.
Ein Haus ohne Dach macht sich schlecht. Aber vielleicht ist das Bild, mit dem der Gutachter Josef Hilbert die Situation der Gesundheitspolitik in Berlin- Brandenburg beschrieb, auch nur etwas schief. „Es gibt viele tragende Säulen, doch das Dach ist noch nicht fertig“, meinte der Wissenschaftler am Freitag in Berlin zum Auftakt der Clusterkonferenz Gesundheitswirtschaft. Hilbert, Direktor des Instituts Arbeit und Technik in Gelsenkirchen, hat den Masterplan evaluiert, der bereits seit 2007 die Grundlage bildet für die Entwicklung der Gesundheitswirtschaft in Berlin-Brandenburg.
Zu diesem sogenannten Cluster gehören unter anderem 132 Kliniken, 215 Biotechunternehmen, sieben Technologieparks, die Charité sowie 25 Hochschulen und schließlich 5775 Unternehmen mit 274 000 Beschäftigten. Von den fünf Clustern, in denen Berlin und Brandenburg gemeinsam wirtschaftspolitische Schwerpunkte setzen, ist die Gesundheit das größte und älteste. Und doch fehlt, das meinte Hilbert mit seinem Hausvergleich, eine Dachmarke. Das sollte der Begriff „Health Capital“ sein, doch der sei „kaum sichtbar“, urteilen die Gutachter.
Es gibt weitere Schwächen: Die Ziele in den bislang zwölf Handlungsfeldern des Masterplans waren „zu allgemein, zu vielfältig, zu facettenreich“, wie Hilbert sagte. Das sieht die neue Berliner Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) auch so. „Manchmal ist es besser, sich zu beschränken“, sagte Yzer auf der Konferenz. Ihr schwebt eine „enge Begleitung des Masterplans“ vor, ein jährliches „Clustermonitoring“: Was wurde erreicht, welche Maßnahmen bringen nichts, welche müssen nachjustiert werden? Die langjährige Pharmalobbyistin betonte die Relevanz des globalen Wettbewerbs und warnte vor regionalem Selbstbezug. „Wir befinden uns nicht auf einer Insel, wo man sich als Cluster organisiert“, sagte Yzer.
Das hatte indes auch niemand behauptet. Vielleicht aber waren der Berliner Senatorin die Ausführungen der brandenburgischen Gesundheitsministerin Anita Tack zu provinziell. Die Politikerin der Linken hatte nämlich auf die zunehmende Problematik der Gesundheitsversorgung in den Randregionen Brandenburgs hingewiesen. Zumal die Landeskinder weniger und älter werden: 2020 ist jeder vierte Brandenburger mindestens 65 Jahre. Gegen den „akuten Mangel“ an Ärzten und Pflegern auf dem Land „müssen wir uns noch mehr einfallen lassen“, sagte Tack und sprach von einer „Optimierung der Beschäftigungsbedingungen“. Vielleicht hilft aber auch der neue Masterplan, denn eins von vier übrig gebliebenen Handlungsfeldern befasst sich künftig mit „Neuen Versorgungsformen und Rehabilitation“. Die übrigen drei sind Biotechnologie und Pharma, Medizintechnik sowie Gesundheitsförderung, Prävention, Gesundheitstourismus. In den verbliebenen vier Handlungsfeldern sollten dann auch professionelle Managementstrukturen eingezogen werden, rät Gutachter Hilbert. Clusterstruktur und -organisation müssten schlanker werden.
Wie die übrigen vier länderübergreifenden Cluster wird auch die Gesundheitswirtschaft von drei Institutionen betreut: Auf Brandenburger Seite ist das die Zukunftsagentur Brandenburg (ZAB), in Berlin sind es die Technologiestiftung (TSB) und die Wirtschaftsförderung Berlin Partner. Über diesen Einrichtungen schwebt dann die Politik mit diversen Ministerien und Senatsverwaltungen. Für alle Beteiligten hatte Gutachter Hilbert ein Lob parat: Über die Ländergrenzen hinweg funktioniere die Zusammenarbeit „vergleichsweise gut“.
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