Chefwechsel: Schon wieder ein Sanierer für Air Berlin
Air Berlin bekommt einen neuen Chef: Stefan Pichler. Er soll "neuen Schwung" in die Sanierung bringen, heißt es. Fragt sich, was Hartmut Mehdorn und der amtierende Chef Wolfgang Prock-Schauer die ganze Zeit gemacht haben.
Es gibt keine Zauberformel für den Erfolg“, schrieb Air-Berlin-Chef Wolfgang Prock-Schauer vor wenigen Tagen auf der Titelseite der Mitarbeiterzeitung. „Jede Fluggesellschaft muss das Geschäftsmodell entwickeln, das für sie am besten passt“. Er selbst bekommt nun keine Zeit mehr, dieses Modell zu entwickeln: Weniger als zwei Jahre nachdem der Österreicher den Job von Interimschef Hartmut Mehdorn übernommen hatte, teilte der Verwaltungsrat am Montag mit, dass Prock-Schauer seinen Posten zum 1. Februar abgeben wird. Er soll sich nun wieder seiner früheren Aufgabe widmen: Strategie und Planung. Er trete „auf eigenen Wunsch“ in die zweite Reihe, hieß es. Auch habe es keinen Streit mit Großaktionär Etihad und dessen selbstbewussten Chef James Hogan gegeben, beteuert Sprecher Aage Dünhaupt. Es gehe darum, der Restrukturierung „neuen Schwung“ zu geben.
Der neue Mann, der dafür sorgen soll, ist ein alter Bekannter in der Touristik- und Airline-Branche: Stefan Pichler. Der heute 57-Jährige war vor elf Jahren Chef von Thomas-Cook und zwischenzeitlich sogar als Chef von Lufthansa im Gespräch, wo er auch schon im Vorstand saß. Ab 2006 war Pichler bei Virgin Blue Airlines, einer der ertragstärksten Fluggesellschaften der Welt, wie man bei Air Berlin jetzt hervorhebt. Davon ist die Air Berlin, die im Geschäftsjahr 2013 nur wegen eines Sondereffektes schwarze Zahlen präsentieren konnte, flugmeilenweit entfernt. Zuletzt war Pichler bei Fiji Airways tätig, wo man ihn ungern gehen ließ, wie man in Branchenkreisen hört. Die Gesellschaft steuert rund 38 Prozent zum Inlandsprodukt des pazifischen Inselstaates bei.
Angeblich soll Air Berlin sich schon seit Monaten um Pichler bemüht haben. „Ich freue mich sehr, das Team von Air Berlin zu stärken! Es ist eine ausgezeichnete Gelegenheit über 31 Millionen Fluggäste für uns zu begeistern und die Motivation und Leidenschaft unserer Mitarbeiter weltweit weiter aufzubauen“, ließ Pichler am Montag schriftlich mitteilen.
Air Berlin steckt wegen eines übereilten Expansionskurses seit Jahren tief in der Krise und hat in den vergangenen fünf Jahren nur einmal Gewinne geschrieben. Vor drei Jahren, als Air Berlin noch unter Gründer Joachim Hunold kurz vor dem Aus stand, kam die vorläufige Rettung, als Etihad gut 29 Prozent der Aktien kaufte und das Berliner Unternehmen immer wieder mit günstigen bis kostenlosen Finanzspritzen in der Luft hielt. Gleichzeitig saniert Air Berlin sich seit Jahren - jedoch ohne großen Erfolg. War die Gesellschaft in den frühen Jahren durch Zukäufe ungesund schnell gewachsen, leidet sie nun unter dem Schrumpfkurs. So hatte bereits Prock-Schauers Vorgänger Mehdorn begonnen, unrentable Strecken zu streichen – aber auch rentable, sofern diese mit dem Geschäft von Etihad kollidierten. Air Berlins einstige Sonnenziele in Thailand zum Beispiel sind heute nur mit Umstieg auf einen Etihad-Jet in Abu Dhabi zu erreichen.
Man wolle sich auf Kerngeschäft in Deutschland, Österreich und der Schweiz so wie Mallorca konzentrieren, hatte Prock-Schauer immer öfter erklärt. Doch auch auf dem Heimatmarkt zog sich das Unternehmen zurück, nahm Flughäfen aus dem Netz. Ob Air Berlin nun, wie ursprünglich angkündigt, bereits am 13. November Details zum Konzernumbau nennt, ist offen. Womöglich wartet man, bis der Neue an Bord ist. Geplant war, dass die Fluglinie die Kapazität um fünf Prozent reduziert und weitere 200 Jobs streicht. Derzeit prüfen die Luftfahrtbehörden auch grundsätzlich, wie eng Air Berlin und Etihad zusammenarbeiten dürfen. Auch das wird noch dauern. Die Air-Berlin-Aktie notierte bei Börsenschluss 0,68 Prozent fester als am Freitag: bei 1,18 Euro.
Kevin P. Hoffmann