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Aus und vorbei? 2.200 Märkte hatte das Unternehmen Ende März dichtgemacht. Auch der Fortbestand der restlichen 3200 Filialen ist noch nicht gesichert.
© dapd

Gläubiger werden ungeduldig: Schlecker droht Zerschlagung

Die Drogeriemarktkette braucht dringend einen Käufer - sonst droht die Zerschlagung. Die Zeit drängt, denn Schlecker macht Monat für Monat Verluste. Handelsexperten bezweifeln, dass Schlecker überhaupt eine Zukunft hat.

Der insolventen Drogeriemarktkette Schlecker droht die Zerschlagung. „In den nächsten ein bis zwei Wochen brauchen wir ein handfestes Zwischenergebnis. Sonst müssen wir an Einzellösungen gehen“, sagte Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz der Nachrichtenagentur Reuters. Bisher hatte Geiwitz, der derzeit mit drei Investoren verhandelt, sich stets für einen Komplettverkauf der Drogeriekette mit den profitablen Auslandstöchtern ausgesprochen. Allerdings hatte Schlecker Anfang Mai bereits das tschechische Geschäft veräußert. Geiwitz sagte, die Zerschlagung sei „kein unrealistisches Szenario“.

Die Zeit drängt, weil Schlecker trotz der Entlassung von rund 11 000 Mitarbeitern und der Schließung von 2200 Filialen Monat für Monat Verluste macht. Die Gläubiger wollten das nicht mehr lange hinnehmen, sagte Geiwitz. „Aus der Insolvenzmasse können wir die Verluste nicht decken.“ Der ursprüngliche Plan, bis Pfingsten einen Investor zu präsentieren, wurde bereits begraben. Am 5. Juni treffen sich die Gläubiger – etwa die Einkaufsgemeinschaft Markant und die Vermieter –, sie haben das letzte Wort darüber, ob das defizitäre Deutschlandgeschäft weitergeführt wird. Schlecker hat aktuell Schulden in Höhe von mehr als einer halben Milliarde Euro. Die Verhandlungen mit den Investoren werden auch durch die rund 4000 Klagen entlassener Mitarbeiter erschwert. Hier drohen Abfindungen oder gar die Rücknahme der Kündigungen. „Das ist eine schwere Last auf unseren Schultern“, sagte Geiwitz.

Bildergalerie: Chronik der Schlecker-Insolvenz

Auch mit den Gewerkschaften hat es noch keine Einigung gegeben. Geiwitz hatte für die Sanierung von den Mitarbeitern einen Lohnverzicht von 15 Prozent binnen drei Jahren gefordert – rund 140 Millionen Euro. Verdi hatte einen Verzicht von gut zehn Prozent in Aussicht gestellt. „Das wäre ein Beitrag von rund 100 Millionen Euro, das ist das Ende der Fahnenstange“, sagte Verdi-Sprecherin Christiane Scheller. Gerade für die vielen Schlecker-Frauen, die Teilzeit arbeiteten, sei das ein erheblicher Einschnitt.

Auch wäre eine Verschiebung des nun fälligen Urlaubsgeldes sowie einer Lohnerhöhung um zwei Prozent bis Ende August möglich. „Für die Zugeständnisse fordern wir einen Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen, und das hat Herr Geiwitz uns bisher nicht zugesichert“, erklärte Scheller. Derzeit befragt die Gewerkschaft ihre Mitglieder zum Sanierungsbeitrag, zur Gläubigerversammlung soll das Ergebnis vorliegen. Die Namen der Interessenten und deren Pläne kennt Verdi nicht. „Es ist Zeit, dass die Karten auf den Tisch gelegt werden“, forderte Scheller.

Handelsexperten zweifeln an der Zukunft von Schlecker in Deutschland. „Die Zerschlagung und damit die Abwicklung des Deutschland-Geschäfts wären sinnvoll“, sagte Thomas Roeb, Handelsprofessor an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, dem Tagesspiegel. Insolvenzverwalter Geiwitz habe die Schwierigkeiten bei Schlecker unterschätzt. Der Experte schätzt die monatlichen Verluste der Kette noch immer auf einen einstelligen Millionenbetrag. Vor der Sanierung hatte der Fehlbetrag bei 20 Millionen Euro im Monat gelegen. „Schlecker befindet sich in einer Abwärtsspirale, aus der es schwer wieder herauskommen kann“, sagte Roeb.

Die Umsätze in den verbliebenen Märkten seien rückläufig. Der durchschnittliche Umsatz pro Filiale und Jahr habe bei Schlecker vor der Insolvenz bei einer halben Million Euro gelegen. „Derzeit schätzen wir den Erlös pro Markt auf noch 430 000 Euro“, sagt Roeb. Zugleich verschlechterten sich die Konditionen bei den Lieferanten. „Die große Verhandlungsmacht aus Zeiten des rasanten Wachstums der Kette ist dahin“, sagte Roeb. Das bedrohe auch die Auslandsgesellschaften, denen so wichtige Einkaufsvorteile verloren gehen könnten.

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