Ausbildungsmarkt in der Pandemie: Schlechte Aussichten
Nach einem Rückgang der Azubizahlen um elf Prozent 2020 dürfte sich die Situation in diesem Jahr zuspitzen. Fast zwei Millionen Jugendliche ohne Ausbildung.
Der Fachkräftemangel wird sich in den kommenden Jahren verschärfen. Nachdem 2020 elf Prozent weniger Ausbildungsverträge abgeschlossen wurden als im Vorjahr, setzt sich der Trend in diesem Jahr fort. Alles in allem sei die Bundesrepublik im ersten Coronajahr mit einem „blauen Augen davongekommen“, meinte Bernd Fitzenberger vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) am Montag. Angesichts der anhaltenden Krise dürfte sich jedoch „die Situation im kommenden Ausbildungsjahr verschlechtern“.
Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack wies im Rahmen einer Veranstaltung des Berliner Büros der OECD darauf hin, dass 2020 erstmals seit 30 Jahren die Zahl der neuen Azubis unter 500 000 gesunken sei. Der krisenbedingte Rückgang um elf Prozent lag deutlich über dem bisherigen Rekordminus in der Finanzkrise von 8,4 Prozent. Eine ähnliche Entwicklung wie in den Jahren nach 2009 befürchtet IAB-Forscher Fitzenberger für die Zeit nach Corona: der Ausbildungsmarkt erholt sich nicht.
„Das System der dualen Berufsausbildung schrumpft mit dramatischen Folgen“, meint auch DBG-Vize Hannack. Bereits vor Corona habe es hierzulande 1,9 Millionen junge Menschen ohne Ausbildung gegeben. Diese Gruppe werde wachsen – und zunehmend Probleme bekommen bei der Arbeitssuche. Der „Helfer-Arbeitsmarkt“, wie Fitzenberger sagt, „verkleinert sich“.
Ein Zehntel der Betriebe kürzt Ausbildung
Derzeit ist nicht erkennbar, wann große Bereiche der Wirtschaft, vor allem in den Freizeit- und Kreativbranchen, wieder am Markt operieren dürfen. Das beeinträchtigt die Ausbildungsbereitschaft erheblich, wie das IAB in einer aktuellen Studie ermittelt hat. Rund ein Zehntel der ausbildungsberechtigten Betriebe will demnach in diesem Jahr weniger ausbilden oder sogar die Ausbildung komplett einstellen. Vor allem im Gastgewerbe, das wegen Corona seit November keine Gäste empfangen darf, wollen nach jetzigem Stand 28 Prozent der Unternehmen in diesem Jahr weniger ausbilden. Das ist bitter, denn auch in Hotels und Gaststätten fehlen Fachkräfte.
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Fachkräftemangel verschärft sich
Die Betriebe befänden sich in einem Dilemma, konstatiert das IAB: Einerseits falle es angesichts der Finanznot und der Unsicherheit schwer, das Ausbildungsengagement aufrechtzuerhalten. Andererseits könnten dadurch bald „genau deswegen Fachkräfte fehlen“. Das Ausbildungsangebot schrumpft, gleichzeitig wird es aber vermutlich, trotz des Trends zum Studium, steigende Bewerberzahlen geben: In diesem Sommer verlassen mehr Jugendliche die Schulen als 2020; ferner hat sich eine Art Rückstau gebildet.
„Die Zahl der Ausbildungssuchenden könnte stark steigen“, schreibt das IABt. Das wiederum schmälert die Aussichten für Schülerinnen und Schüler mit keinem oder niedrigen Schulabschluss. „Sie tun sich in Krisenzeiten oftmals besonders schwer, eine Lehrstelle zu finden.“
Prämienprogramm soll verlängert werden
Das IAB plädiert auch deshalb für eine Fortsetzung des Förderprogramms „Ausbildung sichern“, das Mitte Februar abgelaufen ist und das Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) aber verlängern möchte. Die Pläne von Heil, „eine erneute und verbesserte Ausbildungsprämie aufzulegen, decken sich mit der Einschätzung des IAB“, schreibt das Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit. Das Förderprogramm richtet sich bislang an kleine und mittlere Unternehmen (KMU) mit bis zu 249 Beschäftigten, die von der Coronakrise betroffen sind.
Eine Ausbildungsprämie von 2000 oder 3000 bekommen die Betriebe mit konstanten oder sogar zusätzlichen Ausbildungsplätzen. Ferner gibt es einen Zuschuss zur Ausbildungsvergütung in den kleiner Betrieben, die trotz Kurzarbeit die Ausbildung fortsetzen. Diese Unternehmen erhalten 75 Prozent der Ausbildungsvergütung für jeden Monat, in dem der Betrieb einen Arbeitsausfall von mindestens 50 Prozent angezeigt hat. Schließlich bekommen die Firmen, die Auszubildende aus einem anderen KMU übernehmen, das infolge der Coronakrise in die Insolvenz geht, eine einmalige Übernahmeprämie in Höhe von 3000 Euro.
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