zum Hauptinhalt
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und EZB-Chef Mario Draghi (Archivbild).
© REUTERS

Vor dem Besuch im Bundestag: Schäuble nimmt Draghi in Schutz - ein bisschen wenigstens

EZB-Chef Mario Draghi besucht an diesem Mittwoch den Bundestag. Bundesfinanzminister Schäuble und die SPD nehmen ihn in Schutz - und mahnen Strukturreformen in anderen Ländern an.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und die SPD haben EZB-Präsident Mario Draghi vor dessen Besuch im Bundestag am Mittwoch den Rücken gestärkt. „Wir brauchen mehr Strukturreformen, überall in Europa, auch weltweit“, schrieb Schäuble am Dienstag in einem Beitrag für die „FAZ“. Die Forderung nach Reformen gehört seit Jahren zum Standardrepertoire der EZB. Draghi will sich am Mittwoch im Europaausschuss der Kritik der Abgeordneten stellen, die mit der ultra-lockeren Zinspolitik der EZB hadern. Aus Sicht von Ökonomen ist allerdings umstritten, ob die Leitzinsen für Deutschland wirklich viel zu niedrig liegen.

„Wir werden aus dieser Niedrigzinsphase nur herauskommen, wenn wir in Europa nachhaltiges Wachstum haben“, schrieb Schäuble. Reformieren, Rahmenbedingungen verbessern, investieren – dies seien die einzig wirklich erfolgversprechenden Antworten auf die zu niedrigen Zinsen. Außerdem müsse weltweit die viel zu hohe öffentliche und private Verschuldung abgebaut werden. Damit unterstrich Schäuble, der wiederholt Kritik an den niedrigen Zinsen geübt hatte, dass er die Probleme nicht nur bei der EZB sieht, sondern vor allem bei reformunwilligen Politikern.

Ähnliche Töne schlug SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider an. „Die EZB hat sich in der Krise als einzige durchgängig handlungsfähige Institution erwiesen“, sagte er in einem Reuters-Interview. „Das ist kein gutes Zeichen.“ Vielmehr sei „eine konzertierte Aktion der Politik in allen Euro-Mitgliedstaaten erforderlich, um die durch die EZB gekaufte Zeit für strukturelle Reformen zu nutzen“.

Kritik an der Niedrigzinspolitik

Vor allem aus der Union war immer wieder Kritik an der Niedrigzinspolitik und am Anleihen-Kaufprogramm der EZB gekommen, die für mehr Wachstum und damit eine höhere Inflation in der Euro-Zone sorgen sollen. Zugleich sorgt der Nullzins aber auch dafür, dass sich stark verschuldete Länder wie Italien günstig mit Geld eindecken können, um weitere Schulden zu machen. Deutsche Sparer dagegen bekommen kaum noch Zinsen. Für Banken wird es immer schwerer, auskömmliche Renditen zu erzielen. Dagegen hilft das Niedrigzinsniveau beim Abbau der Staatsdefizite und hat auch Schäuble Milliardenausgaben erspart.

Die Banken verschärfen unterdessen ihre Kritik an der EZB. Europa müsse sich fragen, inwieweit die „aggressive, unkonventionelle und völlig unerprobte Geldpolitik der EZB – bis hin zu negativen Zinsen – zur Verschärfung der Probleme Europas beiträgt“, monierte Chefvolkswirt David Folkerts-Landau am Dienstag in einem vorab veröffentlichten Gastbeitrag in der „Welt“.

Folkerts-Landau geht mit der Geldpolitik der EZB hart ins Gericht. Die Regierungen der Euro-Zone hätten dringend nötige Reformen nicht in Angriff genommen. Die extrem lockere Geldpolitik habe die „Untätigkeit zur kurzfristig attraktiveren Option gemacht“, kritisierte der Ökonom. Mit dem Versprechen der EZB, in Schieflage geratene Länder mithilfe von Anleihekäufen aufzufangen, seien Reformanreize zunichte gemacht worden. (Reuters/dpa)

Zur Startseite