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Die erste Naht. Arbeiter schweißen am Badeort Anapa am Schwarzen Meer zwei Rohre der neuen Pipeline zusammen.
© AFP

South-Stream-Pipeline: Russland gibt Gas

Baustart am Schwarzen Meer: Nach der Ostseepipeline entsteht auf 2380 Kilometern eine zweite Leitung. Kritiker warnen vor einer Abhängigkeit Europas von russischem Gas.

Solche Termine mag Kremlchef Wladimir Putin. Am Freitag feierte die Energiegroßmacht Russland den Baustart der 16 Milliarden Euro teuren Gaspipeline South Stream, die Europa mit russischem Gas versorgen soll. Das Megaprojekt sei nicht nur für Russland, sondern für ganz Europa wichtig, sagte Putin bei dem Festakt am Rande des Badeortes Anapa am Schwarzen Meer. „South Stream schafft die Voraussetzung für eine zuverlässige Versorgung unserer Kunden in Europa“, betonte der Präsident.

Nach seiner Rede umarmte Putin South-Stream-Aufsichtsratschef Henning Voscherau, den früheren Ersten Bürgermeister von Hamburg. Dann schweißten Arbeiter die erste Naht.

Mit South Stream will der Gasexportmonopolist Gazprom – wie mit der Pipeline Nord Stream durch die Ostsee nach Deutschland – den wachsenden Energiehunger in Europa stillen, der durch den Atomausstieg entsteht. Herzstück der South-Stream-Leitung ist ein 925 Kilometer langer Abschnitt durch das Schwarze Meer. Die 1455 Kilometer lange Landleitung beginnt im bulgarischen Badeort Warna und endet an der italienischen Grenze in Tarvisio. Das maßgeblich von Putin vorangetriebene Projekt geht auf eine Initiative von Gazprom und dem italienischen Energieversorger Eni von 2007 zurück. Auch die BASF-Tochter Wintershall beteiligt sich.

Mit der 2380 Kilometer langen Röhre stößt der vom Kreml kontrollierte Gasmonopolist Gazprom nicht nur weiter nach Europa vor. Die Russen preisen das Projekt als Beitrag zur Energiesicherheit im Westen an. Vor allem aber setzt das von den Energieverkäufen abhängige russische Staatsbudget auf satten Profit.

Bedenken des Westens wegen einer immer größeren Abhängigkeit von Gas aus dem Riesenreich weist die Führung in Moskau zurück. Das Nachsehen haben aber nun vorerst diejenigen in der EU, die Russlands immer stärkere Marktmacht etwa mit der Nabucco-Pipeline vom Kaspischen Meer umgehen wollten. Sie soll Gas aus dem Kaukasus über die Türkei nach Europa leiten – und damit Russland umgehen.

Aus Sicht von Experten festigt Russland mit South Stream seine Dominanz und verhindert, dass Gas aus Zentralasien nach Europa fließt. 2015 soll das erste Gas durch die neue Verbindung strömen. Bis 2019 sollen insgesamt vier Leitungsstränge verlegt sein mit einer Gesamtkapazität von 63 Milliarden Kubikmetern Gas im Jahr. Das entspricht dem Bedarf von 38 Millionen Haushalten und etwa zehn Prozent des für 2020 erwarteten Verbrauchs in der EU.

Die Rohre liegen bis zu 2250 Meter tief auf dem Meeresgrund. Die heiße Phase, wenn die Rohre verschweißt und unter starkem Druck von Wassermassen im Meer verlegt werden, beginnt 2014. Die 925 Kilometer aus Stahl führen durch russische, türkische und bulgarische Hoheitsgewässer im Schwarzen Meer. Damit will Russland sich auch weiter von seinem bislang wichtigsten, aber unberechenbaren Transitland Ukraine für den Gasverkauf in der EU lösen.

Ost- und Mitteleuropa sollen ihre Energie trotz aller Ängste vor zu großer Abhängigkeit von den Russen nun direkt von deren größten Gasvorkommen der Welt beziehen. Die Direktorin der Internationalen Energie-Agentur (IEA), Maria van der Hoeven, betonte beim Festakt an der Küste, Russland sei ein verlässlicher Partner für die Europäische Union. Es gebe für alle Anbieter dieselben Regeln im europäischen Gasgeschäft. Andere sind kritischer: So untersucht die EU-Kommission derzeit in einem Kartellverfahren zum Ärger von Putin und Gazprom Vorwürfe wegen Preistreiberei und unfairen Geschäftspraktiken.

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