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Die Rechte von Ebay-Bietern wurden durch das BGH-Urteil gestärkt. Foto: dpa
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Verbotene „Shill Bidding“: Richter stoppen Abbruchjäger bei Ebay

Ein Verkäufer, der bei Ebay mit Eigenangeboten den Preis nach oben trieb, muss hohen Schadenersatz bezahlen. Auch zu Abbruchjägern urteilte der BGH.

Ebay-Verkäufer, die durch eigene Scheingebote den Verkaufspreis in die Höhe treiben wollen, riskieren künftig hohe finanzielle Verluste. Erstmals wurde entschieden, dass ein Verkäufer einen gebrauchten VW-Golf zu 1,50 Euro verkaufen muss.

Auch das Geschäftsmodell sogenannter Abbruchjäger dürfte sich dem Ende zuneigen. Sie setzen bei Ebay-Auktionen in großem Stil Mindestbeträge und warten darauf, dass ein Anbieter die Auktion abbricht. Sie wollen die Ware nicht und melden sich entsprechend erst Monate nach dem Abbruch. Ist das Schnäppchen weg, verlangen sie Schadenersatz. Solche Klagen können laut BGH rechtsmissbräuchlich sein.

Aber zunächst zum ersten Fall: Ein Anbieter hatte seinen gebrauchten Golf 6 im Juni 2013 als Auktion zum Startpreis von einem Euro bei Ebay eingestellt. Ein Interessent setzte den Betrag, ein weiterer erhöhte auf 1,50 Euro. Danach machte der Verkäufer über ein anderes Benutzerkonto immer wieder Eigengebote bis schließlich 17 000 Euro. Der einzige Fremdbieter erhöhte ebenfalls schrittweise. Weil er sein Maximalgebot aber zu spät auf ebenfalls 17 000 Euro erhöhte, gewann er die Auktion nicht. Der Golf blieb vielmehr beim Anbieter.

Keine Manipulation mit Eigengeboten

Der Kaufinteressent bemerkte das verbotene „Shill Bidding“ und klagte. Er habe den Golf rechtmäßig für 1,50 Euro ersteigert. Der war inzwischen aber anderweitig verkauft. Daraufhin verlangte der Bieter Schadenersatz in Höhe von 16 500 Euro, nämlich der Differenz zwischen dem Verkehrswert des Golf und den gesetzten 1,50 Euro.

Nun verbietet Ebay in seinen Geschäftsbedingungen Eigengebote, auch Verwandte und Freunde dürfen den Preis nicht mit Eigengeboten manipulieren. Was rechtlich folgt, wenn es trotzdem gemacht wird, war bislang aber nicht rechtskräftig entschieden.

Der BGH gab dem redlichen Bieter jetzt in vollem Umfang Recht. Er habe mit 1,50 Euro das höchste gültige Gebot abgegeben, der Kaufvertrag sei zu diesem Preis zustande gekommen. Er habe, weil das Fahrzeug anderweitig verkauft wurde, einen Schadenersatzanspruch über 16 500 Euro. Zur Begründung führte die Vorsitzende Richterin Karin Milger am Mittwoch aus: Ein Kaufvertrag komme immer nur zwischen dem Anbieter und einer anderen Person zustande, ein Vertrag des Verkäufers mit sich selbst sei rechtlich also ausgeschlossen. „Eigengebote kann man – unjuristisch ausgedrückt – vergessen“, so die Vorsitzende in der Verhandlung.

Folglich sei das Gebot von 1,50 Euro das höchste gültige gewesen. Die höheren Einsätze bis zu 17 000 Euro habe der Interessent nur deshalb getätigt, weil er von regulären Mitbietern ausging und diese überbieten wollte. Da es die aber gar nicht gab, sondern nur unwirksame Eigengebote, sei er mit 1,50 Euro Höchstbietender gewesen. (AZ: VIII ZR 100/15)

Anwalt warnte direkt vor "Prozessflut"

Das Urteil wird Folgen haben. Der Anwalt des Autoverkäufers warnte am Mittwoch bereits vor einer „Prozessflut“. Auch Ebay wird es nun öfter mit Nachforschungen zu tun haben, ob bei einer Auktion das Verbot der Eigengebote missachtet wurde.

Die Vorsitzende Milger widersprach in der Urteilsbegründung jedoch der Warnung vor einer Prozesswelle. Der BGH-Senat sei vielmehr „zuversichtlich“, dass das Urteil überall im Land bekannt werde. Jedem Anbieter „wird nun vor Augen gehalten, dass Ebay kein rechtsfreier Raum ist,“ sagte Milger. Wer einen wertvollen Gegenstand zum Niedrigpreis einstelle, gehe ein hohes Risiko ein, dass die Auktion nicht so verlaufe, wie er es erwartet habe. „Es kann ja gerade Olympiade oder Fußball sein, wo dann wenig Gebote eingehen“, so Milger. Anbieter sollten sich deshalb den Startpreis „gut überlegen“. Laut Regeln der Aktionsplattform Ebay kann ein Verkäufer dabei auch von vorn herein einen Mindestpreis angeben. Diese Auktionen sind dann allerdings kostenpflichtig.

Im zweiten Fall hatte ein sogenannter Abbruchjäger, der sich zahlreicher Nutzerkonten bediente, ein Niedriggebot für eine Yamaha abgegeben. Als der Verkäufer wegen kleiner technischer Falschangaben die Auktion abbrach und die Maschine mit den Korrekturen dann unverzüglich neu einstellte, gab der angebliche Interessent kein Gebot mehr ab. Er wartete Monate, bevor er das Motorrad für sich reklamierte, da der Abbruch unzulässig gewesen und er der Höchstbieter gewesen sei. Die Yamaha war bei der zweiten Auktion aber verkauft worden und der Abbruchjäger wollte nun Schadenersatz. Es handelte sich offenbar um ein Geschäftsmodell. Allein 2011 hatte er Gebote für 215 000 Euro abgegeben und vier Klagen eingereicht.

Der BGH bestätigte, dass er keinen Anspruch habe. Bereits die Vorinstanz hatte Rechtsmissbrauch angenommen. Allerdings kam es für den BGH auf das missbräuchliche Verhalten des Abbruchjägers gar nicht an, weil er bei seiner Schadenersatzklage formale Fehler gemacht hatte. Allerdings hätte er auch bei fehlerfreiem Vorgehen keinen Schadenersatz bekommen. Denn am Rechtsmissbrauch hatten die Bundesrichter keinen Zweifel. (AZ: VIII ZR 182/15)

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