Wohnheimplätze sind heißbegehrt: Rendite mit Studentenbuden
Private Anbieter bauen zunehmend Appartementhäuser in Universitätsstädten. Doch nur wenige Studierende können sich das Angebot überhaupt leisten.
Profiteure gibt es in jeder Krise. Das gilt auch für den studentischen Wohnungsmarkt, auf dem die Preise in den vergangenen zehn Jahren um bis zu 67 Prozent gestiegen sind. Die Plätze der Studierendenwerke und der soziale Wohnungsbau reichen nicht mehr aus, um den Wunsch nach einer Bleibe in den großen Universitätsstädten zu bedienen. Heißt: Ein Großteil der rund 2,9 Millionen Studierenden ist bei der Suche auf den freien Wohnungsmarkt angewiesen. Was schlecht für sie ist, ist gut für privatwirtschaftliche Anbieter, die sich inzwischen auf die Unterbringung von Studierenden spezialisiert haben. Eine Vermietung von möblierten Appartements auf Zeit war lange eine Nische auf dem Wohnungsmarkt. Jetzt boomt das Segment. Mit einem Haken.
Eine Studie von Savills, einem weltweit tätigen Immobilien- und Dienstleistungsunternehmen, kommt zu dem Ergebnis, dass sich die Anzahl von privaten Studentenwohnanlagen in den letzten sechs Jahren verdreifacht hat. Im Jahr 2017, heißt es darin, entfielen rund 990 Millionen Euro, also rund 6,4 Prozent aller Investments in Wohn- und Wohnimmobilienportfolios auf die Unterbringung von Studenten. In den 30 größten Hochschulstädten boten Privatunternehmen 38 500 Betten an. Weitere 24 500 werden gebaut. Allein 11 500 Wohneinheiten soll es bis 2020 allein in Berlin geben. Die Hauptstadt ist Rekordhalter. Der größte Anbieter auf dem studentischen Wohnungsmarkt ist die berlinovo GmbH, die sich zu einem Großteil in Landesbesitz befindet, aber profitorientiert wirtschaftet. Weitere Anbieter sind iLive, Corestate und International Campus.
Hohe Preise, mehr Leistung?
Anders als die staatlichen und gemeinnützigen Träger bieten private Unternehmen vor allem Appartements zu höheren Preisen an. Das größte Angebot besteht bei Wohnungen mit einer Miete von mehr als 500 Euro im Monat. Die Preise für die 3500 Wohneinheiten des luxemburgischen Fondsinvestors Corestate liegen beispielsweise zwischen 510 Euro und 850 Euro.
Auf Anfrage heißt es bei einer Tochterfirma, die für den Betrieb der Corestate Wohnungen zuständig ist: Der Vorteil gegenüber einer herkömmlichen unmöblierten Vermietung liege vor allem in attraktiven Rendite für Investoren. Studentische Wohneinheiten seien gerade stark nachgefragt. Mieter, so ist man sich sicher, „schätzen die Serviceleistungen und die Wertigkeit der Immobilien“, sagte Katja Remus, Vize-Präsidentin für Verkauf und Marketing bei dem Tochterunternehmen. Tatsächlich handelt es sich bei den meisten privaten Wohnheimen um moderne Neubauten. Zudem gibt es gemeinschaftliche Veranstaltungen wie Kino- oder Grillabende.
Bei den gemeinnützigen Anbietern kosten die meisten Zimmer zwischen 200 und 250 Euro. Dass dafür auch weniger geboten wird, lässt sich pauschal nicht sagen. Ähnlich wie bei den privaten Anbietern gibt es hier Einzelzimmer, bei denen Bad und Küche geteilt werden müssen, als auch komplette Single-Appartements mit eigenem Bad und einer Kochnische. Gebäude und Ausstattung sind jedoch meist älter und gebrauchter.
Vor allem im mittleren Preissegment – zwischen 300 und 400 Euro – besteht derzeit ein Angebotsmangel. Laut Mattias Pink, verantwortlich für die Forschungsarbeit bei Savills, gebe es durchaus Bestrebungen von privatwirtschaftlichen Akteuren, auch günstigere Studentenbuden anzubieten. Immerhin sei die Nachfrage da am größten. Gleichzeitig sei „in dem Segment der Wettbewerb mit dem freien Wohnungsmarkt am intensivsten.“ Es sei daher schwer für die Unternehmen, bei hohen Bau- und Grundstückskosten konkurrenzfähig zu bleiben. Mit einem Angebot von viel günstigeren Wohnheimen sei deshalb vorerst nicht zu rechnen. Dass das jedoch möglich ist, zeigt ein genossenschaftliches Bauprojekt der Studentendorf Schlachtensee eG in Adlershof (siehe Bild). Für 24 Millionen Euro entstanden hier 365 Wohnheimplätze, die heute für eine Monatsmiete zwischen 235 Euro und 360 Euro beziehbar sind.
Für Studierende ohne finanzielle Unterstützung der Eltern dürften die Mieten der Unternehmen, aus dem hochpreisigen Segment, unerschwinglich sein. Der Bafög-Höchstsatz liegt derzeit bei 735 Euro monatlich. Davon sind lediglich 250 Euro für die Miete vorgesehen. Die Berliner Landesregierung will deswegen die Bafög-Wohnpauschale auf 300 Euro erhöhen und einen weiteren ortsabhängigen Zuschlag von bis zu 100 Euro durchzusetzen. Zuletzt scheiterte sie damit aber im Bundesrat.
Keine Trendwende in Sicht
Der LandesAstenKonferenz (LAK) sind die privaten Anbieter deswegen ein Dorn im Auge. Die Studierendenvertreter fordern, keine weiteren Baugenehmigungen an privatwirtschaftliche Akteure für möblierte Mikro-Appartements mehr zu erteilen. Diese „führen zur Verdrängung von bestehendem, preisgünstigerem Wohnraum und heben dadurch den Mietspiegel an, während sie luxuriöse Dienstleistungen anbieten, die sich nur die wenigsten Studierenden leisten können und wollen“, heißt es von der LAK.
Nach einer Trendwende sieht es im Moment nicht aus. Denn trotz der hohen Mieten steigen die Studierendenzahlen in Berlin und damit die Nachfrage weiter an. Ersten Berechnungen zufolge gibt es in Berlin zum Wintersemester 2018/2019 rund 195 000 Studierende und damit 7000 mehr als im Vorjahr. Auch die Mietpreise stiegen im ersten Halbjahr 2018 um 9,8 Prozent.
Bei Savills schätzt man, dass der Anteil der Wohnheimplätze in privatem Besitz bis 2021 von derzeit knapp über 20 Prozent auf rund ein Drittel steigen wird. Den Studierendenwerken fehlen dagegen die Mittel, um die Versorgungsquote deutlich zu steigern. In Berlin wird sie voraussichtlich trotz der geplanten 5000 neuen Wohnplätze noch unter dem Bundesdurchschnitt von knapp zehn Prozent bleiben. Beim Deutschen Studierendenwerk will man deswegen künftig erfassen, ob Studierende ihren Wohnort auch aufgrund der Lebenshaltungskosten auswählen. „Wir rechnen damit, dass die finanzielle Situation bereits die Wahl des Studienorts beeinflusst“, vermutet Pressesprecher Stefan Grob. Genaueres könnte man jedoch erst nach der nächsten Erhebung sagen.
Leonhard Rosenauer
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