Studie: CO2-Pläne verhindern Massenmarkt: Regierung bremst E-Autos aus
Die Bundesregierung steigt auf die Bremse: Sie will das Tempo der CO2-Regulierung bei Abgasen drosseln - dabei hatten sich die EU-Staaten eigentlich bereits darauf geeinigt. Das wird der Nachfrage nach E-Autos schaden, befürchten Experten.
Berlin - Die Bundesregierung blockiert mit einem neuen Vorstoß in den Brüsseler Verhandlungen über CO2-Grenzwerte für Neuwagen den Ausbau der Elektromobilität. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Duisburger Auto-Experten Ferdinand Dudenhöffer. Der jüngste Versuch Deutschlands, den für 2020 fest vereinbarten Grenzwert für EU-Neuwagen von 95 Gramm CO2 je Kilometer aufzuweichen, werfe den „technischen Fortschritt bei der CO2-Minderung von Neuwagen um Jahre zurück“, schreibt der Leiter des Center Automotive Research (Car) an der Universität Duisburg-Essen.
Nach Dudenhöffers Modellrechnung würden im Zeitraum von 2020 bis 2023 in der EU 900 000 bis 1,2 Millionen Elektroautos nicht auf den Markt kommen, wenn sich die Bundesregierung mit ihren Vorstellungen durchsetzt. Der Grund: Die deutschen Hersteller BMW, Daimler und Volkswagen könnten deutlich mehr große, emissionsstarke Limousinen verkaufen und müssten wegen der lascheren CO2-Vorgaben weniger CO2-freie E-Autos absetzen, um die Grenzwerte für ihre Neuwagenflotten einzuhalten. Eigentlich hat sich die Regierung zum Ziel gesetzt, bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf deutsche Straßen zu bringen.
Am Freitag berieten die Botschafter der 27 EU-Staaten in Brüssel über ein Papier, das deutsche Diplomaten Ende vergangener Woche in Umlauf gebracht hatten. Darin schlägt die Bundesregierung vor, das Tempo der CO2-Regulierung – auf das sich eigentlich alle EU-Staaten schon geeinigt hatten – zu drosseln. Bereits im Juni war auf deutschen Druck hin die Abstimmung der Botschafter über den Kompromiss verschoben worden.
Nun schlagen die Deutschen vor, dass die Autofirmen das 95-Gramm-Ziel erst in Etappen bis zum Jahr 2024 erreichen müssen. Ein Fünftel der Neuwagen dürfte 2020 zunächst mehr CO2 in die Luft blasen, der Anteil soll dann bis 2024 sinken. Nach Dudenhöffers Einschätzung würde die Nachfrage nach E-Autos und Plug-in- Hybriden wegen der von den Deutschen geplanten großen Zahl von „Ausnahmegenehmigungen“ im Jahr 2020 „kaum Schub erhalten“. Der von der deutschen Industrie für dieses Jahr geplante Massenmarkt bliebe eine Illusion. „Für die Investitionen der Autobauer wäre das eine Art Bankrotterklärung“, schreibt Dudenhöffer. Henrik Mortsiefer