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Ein Aroma verstärkt den Nussgeschmack in der Schokolade. Das ist in Ordnung - wenn die Kennzeichnung auf der Packung steht.
© dpa

Ritter und der gute Ruf: Quadratisch, praktisch, mangelhaft

Warentester wehren sich gegen Vorwürfe von Ritter Sport. Doch der Schokoladenhersteller fürchtet nicht zu Unrecht um seinen Ruf.

Glatte Schokolade, gleichmäßig schmelzend, leicht cremig, die Nüsse knackig und bissfest, schreibt die Stiftung Warentest über die Voll-Nuss-Schokolade von Ritter Sport. Testurteil: „mangelhaft“. Wegen einer vermeintlich falschen Angabe im Verzeichnis der Inhaltsstoffe ließ die Stiftung die ansonsten gesundheitlich unbedenkliche und – so meinen zumindest die Tester – durchaus leckere Schokolade durchrasseln. Nun landet der Fall wohl vor Gericht. Ein Ausnahmefall. Denn obwohl der Stiftung immer wieder mal auch gravierende Fehler unterlaufen, gilt sie bei Verbrauchern, Politik und sogar beim Einzelhandel als unantastbar.

Heike van Laak in der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit der Stiftung hat sich bereits auf einen langen Kampf eingestellt. Dass ein solch verheerendes Urteil für einen der größten Player auf dem Schokoladenmarkt Schlagzeilen machen und Widerstand provozieren würde, war ihr klar. Die Chancen stehen gut, dass sie den Kampf gewinnt, denn die Stiftung genießt einen immensen Vertrauensvorschuss in der Bevölkerung.

Doch van Laak hat auch noch das Desaster von 2002 vor Augen. Damals testete die Stiftung erstmals Finanzprodukte. Eine große Pressekonferenz wurde veranstaltet, die Testergebnisse von 374 Riester-Rentenversicherungen vorgestellt. Erst am Nachmittag fiel auf: Die Tester hatten die Verwaltungsgebühr einfach doppelt berechnet. 62 Versicherer wurden deshalb zu schlecht bewertet. Die Zeitschrift „Finanztest“ wurde vom Markt genommen, die Stiftung entschuldigte sich öffentlich, verschickte 60.000 korrigierte Tabellen an die Abonnenten. Ein seltener Kniefall. „Wir erheben nicht den Anspruch der Unfehlbarkeit“, sagt van Laak.

Analysemethode reicht nicht aus

Nun also Streit um Ritter Sport. Genauer: Piperonal. Diesen Aromastoff haben die Tester in der Schokolade gefunden. Er kommt in Blütenölen oder auch Pflanzen wie Pfeffer vor. Aber laut Stiftung in so geringen Mengen, dass es für den Ritter-Sport-Zulieferer Symrise unmöglich sei, ihn über physikalische Verfahren aus den Pflanzen zu gewinnen. Der Verdacht: Der Stoff wurde chemisch erzeugt. Ritter Sport wirbt aber auf der Packung mit „natürlichen Aromen“. Es wäre eine Verbrauchertäuschung, nach der die Schokolade gemäß EU-Recht nicht mehr verkauft werden dürfte.

Doch mit der verwendeten Analysemethode lässt sich die Herkunft des Piperonal nicht zweifelsfrei belegen. So steht Aussage gegen Aussage. Am Donnerstag sprach das Landgericht München nun ein vorläufiges Machtwort und erließ eine einstweilige Verfügung, die der Stiftung verbietet, weiterhin zu behaupten, in der Schokolade sei chemisch hergestelltes Piperonal enthalten.

Bei Ritter Sport ist man nervös

Doch der Kampf geht damit erst richtig los. Schon jetzt ist klar, dass die Stiftung rechtlich dagegen vorgehen will. Dass der Schokoladenhersteller sofort vor Gericht ging, ohne zuvor ein klärendes Gespräch mit der Stiftung zu suchen, zeigt, wie nervös man in der Zentrale im schwäbischen Waldenbuch ist. Das Unternehmen spricht in einer Mitteilung von einem „immensen wirtschaftlichen Schaden“ und einer „Gefährdung von Arbeitsplätzen“.

Ganz aus der Luft gegriffen ist die Befürchtung nicht. Der Lebensmittel- Discounter Lidl kündigte auf Anfrage des Tagesspiegels bereits an, den Test „sehr ernst“ zu nehmen. Auch die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie stellt fest, die Stiftung Warentest könne „durch ihre Arbeit das Marktgeschehen empfindlich beeinflussen“, wie Hauptgeschäftsführer Christoph Minhoff sagt.

Die Lebensmittelbranche erinnert sich ebenfalls noch gut an das letzte Jahr, als die Stiftung einen Schnelltest zu Adventskalendern veröffentlichte und in der Schokoladenfüllung Rückstände von Mineralöl feststellte. Eine Gesundheitsgefährdung war ausgeschlossen, auch das Bundesinstitut für Risikobewertung sah keine Gefahr. Trotzdem verschwanden die Kalender aus fast allen Regalen im Einzelhandel. Ähnliches könnte nun auch Ritter Sport blühen.

Doch auch ohne den Piperonal-Effekt wäre das Ergebnis für Ritter Sport wenig schmeichelhaft. Gesamtnote: 2,8. Hinter den Konkurrenten von Testsieger Lindt, Milka oder dem Aldi-Nord „Nussbeißer“.

Richtigstellung: In einer früheren Version dieses Textes war beschrieben worden, das Deutsche Institut für Normen (DIN) habe in den 1980er Jahren eine Liste mit Fehlurteilen der Stiftung Warentest erstellt. Der damalige Direktor des DIN, Helmut Reihlen, stellte inzwischen klar: die Liste führte lediglich auf, bei welchen Tests die Stiftung über die DIN-Norm hinausgegangen war. Der Bundesgerichtshof hat dies der Stiftung zugestanden.

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