Wirtschaft: Private Ladepunkte fördern Hildegard Müller und das Henne-Ei-Problem
Das Henne-Ei-Problem kennt jeder, der sich schon einmal mit Elektromobilität beschäftigt hat: Müssen erst genug Ladesäulen stehen, damit sich die Menschen Elektroautos kaufen – oder ist es umgekehrt? Erst genug Autos, dann die Infrastruktur?
Das Henne-Ei-Problem kennt jeder, der sich schon einmal mit Elektromobilität beschäftigt hat: Müssen erst genug Ladesäulen stehen, damit sich die Menschen Elektroautos kaufen – oder ist es umgekehrt? Erst genug Autos, dann die Infrastruktur? Hildegard Müller glaubt, dass sich die Frage heute nicht stellt. Es gebe derzeit bundesweit 3800 öffentliche Ladepunkte in 580 Städten und Gemeinden, sagte die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) am Freitag auf dem Tagesspiegel-Summit. Damit stehe zwei aktuell in Deutschland zugelassenen E-Autos ein Ladepunkt zur Verfügung. „Wir sind auf einem guten Weg“, glaubt Müller. Es sei deshalb „wenig hilfreich“, wenn die EU vorgeben wolle, dass auf ein Auto zwei Ladepunkte kommen müssten. „Das geht weit über den Bedarf hinaus.“
Ohnehin ist Müller skeptisch, ob der Ausbau der öffentlichen Infrastruktur Priorität hat, wie manche fordern. Da sich die Ladesäulen betriebswirtschaftlich nicht rechneten, sei die Gefahr groß, dass Geld „in der Straße versenkt“ werde. Sinnvoller sei die öffentliche Förderung privater Anschlüsse – durch Zuschüsse oder KfW-Kredite. Der Hintergrund: Fahren dereinst Millionen E-Autos auf deutschen Straßen, sollen ihre Batterien wie mobile Speicher für grünen Strom dienen – der ins intelligente Stromnetz eingespeist wird. All das ist nach Einschätzung des BDEW an öffentlichen Ladepunkten schwieriger umzusetzen.
Elektromobilität als integraler Bestandteil der Energiewende. „Schon bei sechs Millionen E-Autos mit einer 20-Kilowatt-Batterie würden das der Hälfte der Kapazität aller heutigen Pumpspeicherkraftwerke entsprechen“, sagte Müller. Ein weiter Weg, der die Politik vor enorme Koordinierungsaufgaben stellt. „Eine stärkere Bündelung der Kompetenzen in der Bundesregierung wäre sinnvoll“, sagte Müller. Zum Beispiel in einem eigenen Energieministerium.
Vielleicht sind tatsächlich politische Strukturen dafür verantwortlich, dass Länder wie die Niederlande weiter sind, wie Michael Weinhold von Siemens anschließend auf dem Panel 7 des Tagesspiegel-Summits argumentiert. Hier diskutierte mit Uwe Fritz von EnBW auch ein Vertreter der Energiewirtschaft mit und unterstrich Müllers These, dass es derzeit für Versorger kein rentables Geschäftsmodell für Ladesäulen gebe. Für Andreas Pfeiffer, Geschäftsführer von Hubject, hingegen, könnte es durchaus eine höhere Zahlungsbereitschaft der Kunden geben. Sein Unternehmen bietet einen einheitlichen Service für alle Ladesäulen an. Damit soll es Nutzern möglichst einfach gemacht werden. Auch Alexander Mankowsky, Zukunftsforscher bei Daimler, sieht in der Einfachheit einen wesentlichen Schritt hin zum Erfolg von Elektromobilität. Seiner Einschätzung zufolge müssen Ladesäulen im öffentlichen Straßenbild vor allem wiedererkennbar sein, ähnlich den Tankstellen für Benzin. Das könnte den E-Autofahrern ein Gefühl von Sicherheit vermitteln, an dem es derzeit fehle. Jens Weinmann von der European School of Management and Technology ist sich allerdings nicht so sicher, ob die Ladeinfrastruktur am Ende wirklich entscheidend ist, denn nach seinen Forschungsergebnisse organisieren sich die Kunden ganz gut selbst. Allerdings sei vieles noch im Fluss und das Rennen um die beste Technologie noch nicht entschieden. Markus Mechnich/Henrik Mortsiefer
Markus Mechnich, Henrik Mortsiefer
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