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Jagd nach Rendite. Beteiligungsfirmen setzen darauf, die Unternehmen später gewinnbringend zu verkaufen.
© imago/Ikon Images

Die Firmenkäufer: Private-Equity-Firmen sammeln Rekordsummen ein

Private-Equity-Häusern fließt derzeit so viel Kapital zu wie nie. Experten befürchten bereits eine neue Finanzblase. In dieser Woche trifft sich die Branche in Berlin.

Diese Woche wird für Manuel Hertweck ganz schön stressig. Gleich 40 Investoren haben sich bei ihm angemeldet, bis zu zehn Meetings pro Tag stehen im Kalender. Es sind Vertreter von Stiftungen, Versicherern, Pensionsfonds und reichen Familienverbänden, die ihr Geld bei ihm anlegen wollen. Die meisten von ihnen sind anlässlich der Investorenmesse „Super Return“ in der Stadt und nutzen das, um bei Capiton vorbeizuschauen: einer der wenigen Private-Equity-Firmen in Berlin. Wie die großen Konkurrenten aus den Vereinigten Staaten sammelt auch Capiton Gelder bei Investoren ein, um damit Unternehmen zu erwerben. Wenn alles läuft wie geplant, verkaufen Hertweck und seine Kollegen die Firmen nach einigen Jahren zu einem höheren Preis und die Investoren bekommen ihr Geld samt Rendite zurück.

Private-Equity-Firmen können sich ihre Investoren aussuchen

Es ist ein lukratives Geschäft – vor allem jetzt, wo die Zinsen so niedrig sind und es in der Wirtschaft gut läuft. Hertweck spricht von „einem sehr guten Umfeld“. Dabei ist das fast untertrieben. Im letzten Jahr haben Investoren Private-Equity-Firmen so viel frisches Kapital neu anvertraut wie nie. 453 Milliarden Dollar waren es weltweit. Und es hätte sogar noch mehr sein können. Denn viele Private-Equity-Firmen sind inzwischen wählerisch geworden, wessen Geld sie einsammeln, sagen immer öfter nein zu Anlegern.

Als zum Beispiel CVC, eine der weltweit größten Private-Equity-Firmen, im letzten Jahr Gelder für einen neuen Fonds einsammelte, wurden die Manager nicht bei den Investoren vorstellig. Vielmehr mussten sich die Anleger CVC präsentieren. Die Beteiligungsfirma, der unter anderem die deutsche Parfümeriekette Douglas gehört, soll dafür 20 Räume im Savoy Hotel in London angemietet haben. Maximal 45 Minuten bekam jeder Investor, um die CVC-Manager zu überzeugen, ihr Geld anzunehmen. Am Ende sammelte die Private-Equity-Firma auf diese Weise 16 Milliarden Euro ein – ein neuer Rekordwert für das Unternehmen. Dabei sollen die Investoren ihnen sogar das Doppelte angeboten haben.

Auch Großanleger wissen nicht, wie sie ihr Geld anlegen sollen

Das zeigt, welch absurde Folgen die Niedrigzinspolitik der Notenbanken inzwischen hat. Denn wie die Kleinsparer wissen auch Großinvestoren derzeit schlichtweg nicht, wie sie ihr Geld anlegen sollen. Es einfach auf dem Bankkonto liegen zu lassen, ist für sie keine Option – längst werden für solch hohe Summen Strafzinsen fällig. Gleichzeitig sind institutionelle Investoren darauf angewiesen, Rendite zu erzielen. Versicherungskonzerne zum Beispiel müssen die Gelder ihrer Kunden vermehren, Versorgungswerke die Renten der Mitarbeiter erwirtschaften. Angesichts fehlender Anlagealternativen fließt deshalb immer mehr dieser Gelder in die Fonds der Private-Equity-Firmen.

Die Rekordsummen, die dabei den Besitzer wechseln, bereiten Experten jedoch zunehmend Sorgen. „Das ist ein großes Problem. Und so wie es aussieht, wird es nicht gut ausgehen“, meint Garen Markarian, der die Branche seit fast zehn Jahren erforscht und als Professor an der privaten Hochschule WHU lehrt. Der Grund für seine Bedenken: Private-Equity-Firmen müssen Geld, das sie einsammeln, wieder anlegen. Doch weltweit stehen lange nicht so viele Unternehmen zum Verkauf, wie die Beteiligungshäuser mit dem eingesammelten Vermögen theoretisch erwerben könnten. Ablesen kann man das an den hohen Summen, die Private-Equity-Firmen eingesammelt, aber noch nicht investiert haben. Dry Powder nennt man das in der Branche: Pulver, das noch nicht verschossen ist. Im Dezember ist die Summe dieser nicht-investierten Gelder auf mehr als 1000 Milliarden Dollar angestiegen – ein neuer Rekord und fast doppelt so viel wie noch vor fünf Jahren.

Die Preise für Firmenkäufe steigen

Deshalb sind Private-Equity-Firmen auch bereit, immer höhere Preise für Zukäufe zu zahlen. Die beiden Anbieter Bain und Cinven ließen sich den Arzneimittelkonzern Stada im letzten Jahr zum Beispiel 5,3 Milliarden Euro kosten und damit sehr viel mehr als erwartet. Ein Grund dafür war: Auch die Konkurrenten Advent und Permira hatten Interesse an Stada gezeigt. Nur sind solch hohe Preise noch gerechtfertigt?

Wissenschaftler Markarian hat daran so seine Zweifel – vor allem, weil sich die Kaufpreise zunehmend von den Gewinnen der Firmen abkoppeln. Vor 20 Jahren hätten Private-Equity-Firmen in der Regel für Unternehmen noch das Fünffache des Gewinns (Ebitda) gezahlt und sie später für das Achtfache wieder verkauft. „Heute sehen wir zum Teil bereits Zukäufe in Höhe des 15-fachen des Ebitda“, sagt er. Um daran noch zu verdienen, müssten die Beteiligungsfirmen die Unternehmen in Zukunft zu so hohen Preisen weiterverkaufen, wie es sie noch nie gegeben habe.

Joachim von Ribbentrop, Vorstandssprecher beim Branchenverband BVK, sieht die Entwicklung dagegen sehr viel weniger schwarz. „Ich halte die zum Teil hohen Bewertungen für Zukäufe noch nicht für problematisch“, sagt er. „Viele Unternehmen melden derzeit schließlich auch die besten Ergebnisse ihrer Geschichte und haben gute Wachstumsperspektiven.“ Trotzdem ist man in der Branche vorsichtig geworden. „Von der Sorge vor einer Blase kann man sich nicht frei machen“, sagt etwa Torsten Grede, Sprecher des Vorstands bei der Deutschen Beteiligungs AG. Auch er würde sich fragen, ob diese hohen Preise noch vertretbar sind. „Auf jeden Fall ist es anspruchsvoller geworden, Unternehmen richtig zu bewerten.“

Das Image wieder aufzubauen, hat gedauert

Zumal die letzte Krise der Branche noch nicht allzu lange her ist. In den Jahren vor 2008 hat es schon einmal einen Boom bei Private Equity gegeben. Anders als heute haben die Firmen damals allerdings nicht nur Gelder bei Investoren eingesammelt, sondern auch verstärkt hohe Kredite aufgenommen, um Unternehmen zu kaufen. Weil es vielen dabei nur noch rein um die Rendite ging, sie ganze Wirtschaftszweige wie Insekten abgegrast haben, bezeichnete der damalige SPD-Chef Franz Müntefering sie als Heuschrecken. Sich davon zu erholen, das Image wieder aufzupolieren, hat Jahre gedauert.

Heute präsentieren sich die Private-Equity-Firmen stärker als Partner der Unternehmen, die sie kaufen – und haben damit durchaus Erfolg. Auch bei deutschen Mittelständlern. Die holen zum Beispiel eine Beteiligungsfirma an Bord, wenn sie sich selbst zur Ruhe setzen wollen, aber keinen Nachfolger finden. Private-Equity-Firmen übernehmen dann, bauen ein neues Management auf und verkaufen das Unternehmen später gewinnbringend weiter. Es ist ein Geschäft, an dem auch ausländische Beteiligungshäuser verstärkt Interesse zeigen. 4,4 Milliarden Euro haben die Investoren im letzten Jahr für deutsche Mittelständler ausgegeben – das ist der höchste Wert der letzten 15 Jahre.

Auch bei Mittelständlern steigen die Investoren ein

Auch Manuel Hertweck spürt den wachsenden Wettbewerb und die steigenden Bewertungen. „Man muss diszipliniert sein, lange suchen, aber dann findet man durchaus noch interessante Mittelständler zu vernünftigen Preisen“, sagt er. Von 200 Unternehmen, die er und sein Team sich anschauen, investieren sie in zwei. Dabei profitiert die Berliner Firma davon, dass sie schon seit Jahrzehnten auf Mittelständler spezialisiert ist und dass sie durchaus bereit ist, auch mal ungewohnte Wege zu gehen.

So kam vor einigen Jahren ein Manager auf das Beteiligungshaus zu, dem die starke Konzentration im Markt für flexible Verpackungen aufgefallen war – also etwa bei der Folie für Schokolade oder dem Beutel fürs  Müsli. Zusammen mit Capiton kaufte er acht kleine Unternehmen der Branche auf und machte daraus die Nummer sieben im Markt. Für Capiton war das ein Erfolg: Vor zwei Jahren verkaufte die Private-Equity-Firma ihre Anteile an dem Unternehmen an ein anderes Beteiligungshaus weiter.

Eine Geschichte, die Hertweck womöglich auch den Investoren erzählen wird, die ab Montag bei ihm aufschlagen. Trotzdem dämpft er schon mal die Erwartungen: „Wir werden auch künftig mit unseren Fonds moderat wachsen, auch wenn wesentlich mehr Geld am Markt verfügbar ist.“

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