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Unbeirrbar. Man brauche noch etwas Geduld, sagt Mario Draghi.
© REUTERS

Warten auf die Inflation: Preissteigerung bleibt verhalten

Im Juli sind die Preise in der Eurozone um 1,3 Prozent gestiegen - und damit weniger stark, als EZB-Chef Draghi das gehofft hatte.

Mario Draghi hat ein Problem: Die Preise wollen nicht so, wie er will. Eine Inflation von knapp zwei Prozent, das wünscht sich der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB). Dann spricht er von stabilen Preisen. Denn zwei Prozent, das ist ein Zuwachs, bei dem er nicht damit rechnen muss, dass die Preise demnächst wieder fallen und die Wirtschaft ins Stocken gerät – gleichzeitig ist es ein Anstieg, den die Verbraucher noch verkraften können. Doch von diesen gewünschten zwei Prozent ist Draghi noch ein ganzes Stück entfernt. Im Juli lag die Inflation nur bei 1,3 Prozent, zeigen die Zahlen, die die Statistikbehörde Eurostat am Montag veröffentlicht hat. Eigentlich verwunderlich, wenn man bedenkt, was Draghi bereits alles unternommen hat.

Fünf Jahre ist es nun her, dass der EZB-Chef versprochen hat, „alles zu tun, was nötig ist, um den  Euro zu retten“. Vor zweieinhalb Jahren hat er dann angefangen, tatsächlich massiv Staatsanleihen zu kaufen. Das sollte die Wirtschaft vor allem im Süden Europas ankurbeln und die Inflation auf die  Zielmarke von zwei Prozent steigen lassen. Doch obwohl die Euro-Zone heute wirtschaftlich sehr viel besser da steht, auch viele Krisenstaaten sich ein Stück weit erholt haben, ist das Preisniveau noch immer nicht da, wo Draghi es haben will.

Die Anleihekäufe müssten die Inflation antreiben

Nun kann man sagen, ist doch halb so schlimm. Schließlich freuen sich die Verbraucher, wenn die Preise nicht allzu stark steigen, sie nicht jeden Monat deutlich mehr für Lebensmittel und Benzin ausgeben müssen. Doch für Draghi wird die schwache Inflation so langsam zu einem ernsthaften Problem: Sein wichtigstes Mittel, die Anleihekäufe, wirken nicht so, wie sie wirken sollen. Jeden Monat pumpt die EZB 60 Milliarden Euro in den Markt. Eigentlich müssten dadurch die Preise längst stärker steigen. Banken sollen das frische Geld schließlich nutzen, um mehr Kredite an Unternehmen und Privatleute zu vergeben, die dadurch mehr konsumieren. Die höhere Nachfrage würde dann automatisch die Preise steigen lassen. So weit die Theorie. Trotzdem verharrt die Inflation in der Praxis bei 1,3 Prozent.

Für diese paradoxe Entwicklung gibt es eine einfache Erklärung: Statt in Kredite für mehr Konsum fließt das Geld vor allem in Aktien und Immobilien. Deren Preise steigen kräftig, während die Preise für die Güter des täglichen Gebrauchs sehr viel weniger stark zulegen. Soll heißen. Das Geld landet einfach nicht da, wo es landen soll.

Aus diesem Grund machte eine Zeit lang auch die Forderung nach Helikopter-Geld die Runde: Statt die Banken die EZB-Milliarden verteilen zu lassen, so der Wunsch mancher Ökonomen, sollte die Notenbank den Menschen das Geld doch einfach direkt in die Hand drücken. Der EZB war dieser Schritt dann aber wohl doch zu extrem, zumal es neue Fragen aufgeworfen hätte wie die nach der Unabhängigkeit der Zentralbank.

Die EZB wartet ab

Mario Draghi setzt deshalb stattdessen weite rauf eins: Zeit. Nach der letzten Sitzung des EZB-Rats sagte er, man müsse einfach noch ein bisschen Geduld haben. Die Entscheidung, das Anleihekaufprogramm und damit die lockere Geldpolitik langsam zurückzufahren, hat er auf den Herbst vertagt. Frühestens im September, womöglich erst im Oktober wird er sich dazu äußern. Dabei kann Draghi den Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik auch nicht ewig hinauszögern. Zum einen werden die negativen Folgen immer größer: etwa für Sparer, die kaum noch Zinsen bekommen. Zum anderen kann Draghi seine Anleihekäufe nicht unbegrenzt fortsetzen, um nicht in den Verdacht der Staatsfinanzierung zu geraten, hat sich die EZB selbst auferlegt, höchstens 33 Prozent der Staatsanleihen eines Landes zu kaufen. Je länger er nun aber Papiere aufkauft, desto größer wird die Gefahr, dass er  diese Schwelle doch überschreitet. Je länger die Inflation also noch auf sich warten lässt, desto heikler wird Draghis Politik.

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