Deutsche Bank: Postbank - die ungeliebte Tochter
Gehen Deutsche Bank und Postbank bald wieder getrennte Wege? Die Chefs der Deutschen Bank wollen sich bis Ende des Monats entscheiden.
Gelber Hintergrund, blaue Schrift: „Postbank Finanzcenter“ steht über dem Eingang. Wer den Ableger des Geldhauses an der Moselstraße im Frankfurter Bahnhofsviertel betritt, passiert Postfächer und einen Kontoauszugsdrucker, dann steht er in einem Raum, der aussieht wie eine normale Postfiliale. Verkaufsregale mit Umschlägen und Postkarten, dazu Wühltische und vier Schalter. Die Damen tragen blaue Bluse, die Herren blaues Hemd und gestreifte Krawatte. Briefmarken kaufen, ein Päckchen aufgeben, ein Girokonto eröffnen – kein Problem. Aber ist das ein Ambiente für ein Beratungsgespräch über Geldanlage oder Baufinanzierung?
Die Postbank liegt der Deutschen Bank nicht am Herzen
Solche Filialen wollte der damalige Bank-Chef Josef Ackermann auf Dauer nicht mehr sehen, als die Deutsche Bank 2008 zunächst mit gut 20 Prozent bei der Postbank einstieg, bevor er 2010 letztlich insgesamt 6,4 Milliarden Euro für rund 94 Prozent der Anteile auf den Tisch legte. Die Übernahme sei „keine Herzenssache“, sagte Ackermann damals. Tatsächlich sollten zwei Dinge erreicht werden: Die Deutsche Bank wollte verhindern, dass ein ausländischer Konzern mit der Postbank einen Fuß in ihren Heimatmarkt setzte. Zum anderen baute man auf 14 Millionen Kunden der Postbank, die die Basis für das Privatkundengeschäft verbreitern sollten.
Wir passen nicht zu einander
Rund 1100 Finanzcenter betreibt die Postbank, daneben ist sie in 4500 Postfilialen präsent und führt 700 Finanzberatungszentren mit insgesamt 14 700 Mitarbeitern. Nicht nur das Postbank Finanzcenter an der Frankfurter Moselstraße zeigt, dass das Konzept eigentlich nicht zur Deutschen Bank passt. „Ich war vom strategischen Sinn der Übernahme schon 2010 nicht überzeugt“, sagt Stefan Bongardt, Banken-Analyst bei Independent Research. Ähnlich sieht es Hans-Peter Burghof, Banken-Professor an der Universität Hohenheim. Die Postbank laufe zwar durchaus gut, die Masse der Kunden passte aber nicht zur Deutschen Bank. „Das hat nie wirklich gestimmt“, meint der Hohenheimer Professor. Die Synergieeffekte seien überschaubar, zumal die Postbank in Bonn nach wie vor mit eigener Zentrale und einem siebenköpfigen Vorstand eigenständig agiert.
Noch schwieriger wird es in Zeiten niedriger Zinsen, die die Marge und damit die Verdienstmöglichkeit im klassischen Bankgeschäft drücken. Zudem stehen der Deutschen Bank die Einlagen der Postbank-Kunden nicht vollständig zur Verfügung. Die Finanzaufsicht Bafin hat den Zugriff auf zehn Prozent des Einlagenumfangs begrenzt. Ende 2014 waren das rund acht Milliarden, die Kundeneinlagen der Postbank beliefen sich damals auf 103 Milliarden, das Kreditvolumen auf 95 Milliarden Euro.
Die Liquidität der Tochter kann die Deutsche Bank also nur sehr begrenzt nutzen. In Zeiten schärferer Bankenregulierung und höherer Kapitalanforderungen ist das ein Hemmnis, mit der das Geldhaus bei der Übernahme der Postbank 2010 nicht rechnen konnte.
Keine gemeinsame Zukunft
Diese Entwicklung hatten auch die seit 2012 amtierenden Kochefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen nicht im Auge. Dabei steht die Postbank alles andere als schlecht da. Im vergangenen Jahr lag der Vorsteuer-Gewinn bei 409 Millionen Euro. Die Deutsche Bank selbst kam im Filialgeschäft nur auf 243 Millionen. Und unter dem Strich stand die Postbank sogar für fast ein Drittel des Gewinns der gesamten Privat- und Geschäftskunden-Sparte der Deutschen Bank. Die Nachsteuer-Rendite des Instituts lag 2014 immerhin bei 4,4 Prozent. Bei der Deutschen Bank waren es nur 2,7 Prozent gewesen. Postbank-Chef Frank Strauß sieht sein Haus in einer guten Position. „Wir haben ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell und sind in herausfordernden Zeiten erfolgreich“, sagt der Postbanker.
Keine gemeinsame Zukunft trotz guter Zahlen
Auch beim Aktienkurs (knapp sechs Prozent der Papiere sind noch breit gestreut) kann die Postbank punkten: Seit der Übernahme durch die Deutsche Bank 2010 ist der Kurs um 35 Prozent auf aktuell 36 Euro gestiegen, die Aktie der Mutter hat seitdem 35 Prozent verloren und notiert aktuell bei rund 32 Euro.
Doch das alles zählt in Frankfurt offenbar wenig. „Das Geschäftsmodell der Postbank hat sich weiterhin gut bewährt“, beteuert Deutsche-Bank-Privatkunden-Vorstand Rainer Neske, der den Aufsichtsrat der Postbank leitet. Es ist kaum mehr als eine Floskel. Das Interesse von Jain und Fitschen an der Postbank ist ganz offensichtlich begrenzt. Welche Karte die Deutsche Bank zieht, ist offen. Ende April soll es klar werden, wenn Jain und Fitschen ihre Strategie für die nächsten Jahre vorstellen.
Droht ein massiver Stellenabbau?
Drei Optionen stehen angeblich zur Wahl. Zusammen mit der Postbank wird die gesamte Privat- und Geschäftskundensparte der Deutschen Bank abgespalten und an die Börse gebracht. Möglichkeit zwei: Die Postbank wird integriert. Dies müsste aber wohl zur Schließung der Zentrale, von vielen Filialen und letztlich zu einem massiven Stellenabbau führen. Die Proteste hierzulande wären massiv. Gerade droht der Postbank ohnehin der erste Arbeitskampf in ihrer Geschichte. Bei den Tarifverhandlungen für die 9500 Beschäftigten in den Filialen steht es Spitz auf Knopf. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi fordert fünf Prozent mehr Geld und einen Kündigungsschutz bis 2020. Ein Spitzengespräch mit der Deutschen Bank Ende März brachte keinen Fortschritt.
Der Tarifstreit und ähnliche Konflikte in der Zukunft sprechen auch gegen die dritte Variante: Die Postbank wird verkauft. „Aber wer sollte sie kaufen?“, fragt Analyst Bongardt von Independent Research. „Alle ausländischen Institute, die es in Deutschland im Filialgeschäft versucht haben, sind gescheitert“,ergänzt Bankenprofessor Burghof. Entsprechend ist niemand in Sicht, der sich auf das Abenteuer einlassen will.
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