Wirtschaft: Plädoyer für VW-Gesetz
Gutachter des EU-Gerichtshofs ist gegen Klage.
Luxemburg - Etappensieg vor Gericht: Deutschland muss das VW-Gesetz mit dem umstrittenen Vetorecht für das Land Niedersachsen wohl nicht ändern. Die Bundesregierung habe ein früheres EU- Urteil bereits vollständig umgesetzt und müsse nicht nachbessern, schrieb ein einflussreicher Gutachter des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) am Mittwoch. Er sprach sich überraschend dafür aus, die Klage der EU-Kommission abzuweisen. Damit würde Deutschland um die von der EU beantragte Geldbuße von mindestens 63 Millionen Euro herumkommen.
Das eigentliche Urteil folgt erst in einigen Monaten. Das Gutachten gilt aber als Vorentscheidung, weil der Gerichtshof diesem in der Regel folgt, auch wenn es nicht bindend ist. Zu der Frage, ob die Sperrminorität Niedersachsens für sich genommen gegen EU-Recht verstößt, äußert sich der Gutachter nicht. Dies sei nicht Sache des vorliegenden Gerichtsverfahrens. Er habe nur untersuchen müssen, ob Deutschland dem geforderten Gesamtpaket an Änderungen nachkam – und nicht, ob jeder Passus aus dem Paket isoliert betrachtet legal ist.
Bereits 2007 hatte der EuGH nach einer ersten Klage der Kommission entschieden, das VW-Gesetz laufe EU-Recht zuwider und müsse geändert werden. Es verletzte die Freiheit des Kapitalverkehrs in der EU dreifach: Bund und Land konnten je zwei Vertreter im VW-Aufsichtsrat stellen, die Stimmrechte der Aktionäre waren auf 20 Prozent begrenzt und die Sperrminorität betrug 20 – statt der sonst im Aktienrecht üblichen 25 Prozent. Die Bundesregierung hatte daraufhin die ersten beiden Regeln abgeschafft, hielt aber an der Sperrminorität fest, sodass die EU-Kommission 2012 erneut klagte.
Der Gutachter stärkt Berlin nun den Rücken: „Deutschland ist dem ursprünglichen Urteil des Gerichtshofs von 2007 vollständig nachgekommen.“ Entscheidend sei: Das Gericht habe nur die Kombination von Höchststimmrecht und Sperrminorität gerügt, nicht aber das Vetorecht an sich. Nach Meinung der EU-Kommission schreckt die Sperrminorität Investoren ab, behindert Innovationen und kann zu steigenden Preisen führen. Politiker und Gewerkschaften fürchten dagegen um den Schutz vor feindlichen Investoren und um die Mitbestimmung.
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) begrüßte das Gutachten: „Ich bin zuversichtlich, dass die besseren Argumente am Ende auch die Richter des Europäischen Gerichtshofs überzeugen werden.“ Die EU-Kommission äußerte sich dagegen inhaltlich nicht und verwies lediglich darauf, dass das Urteil des EuGH und nicht das Gutachten am Ende entscheide. VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh sprach von „einem guten Tag für die Belegschaften bei Volkswagen“. Niedersachsens Ministerpräsident und VW-Aufsichtsrat Stephan Weil (SPD) sagte, das Votum lasse auf ein ähnlich lautendes Urteil des Gerichtshofs hoffen. dpa
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