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Verbraucher: Pietät hat ihren Preis

7000 Euro kostet eine Bestattung im Schnitt. Doch oft werden den Hinterbliebenen Leistungen angedreht, die sie gar nicht brauchen Bestattung in der Urne.

Das Thema Tod beschäftigt derzeit viele Menschen – nicht nur wegen des Ablebens von Robert Enke. Volkstrauertag, Totensonntag, im November gedenkt man traditionell der Verstorbenen. Doch außerhalb der Gedenktage ist das Thema tabu. Viele wissen daher nicht, was im Ernstfall zu tun ist. Hinzu kommen Schock und Trauer. Kaum ein Hinterbliebener hat einen klaren Kopf. „Viele wissen nichts und werden dann übers Ohr gehauen“, warnt Falk Murko von der Stiftung Warentest. Wer sich rechtzeitig informiert, ist für den Ernstfall besser gerüstet.

DIE ERSTEN SCHRITTE

Stirbt jemand zu Hause, sollte sofort ein Arzt verständigt werden, der den Totenschein ausstellt. Außerdem müssen eventuelle Willenserklärungen des Verstorbenen – etwa ein Testament – sowie Personalausweis, Geburts- oder Heiratsurkunde zusammengestellt werden. Man hat dann 36 Stunden Zeit, einen Bestatter auszuwählen und den Verstorbenen in die Leichenhalle überführen zu lassen. Eine Sterbeurkunde muss beim Standesamt beantragt werden. Der gesetzliche Erbe beantragt einen Erbschein beim Nachlassgericht, das ist das Amtsgericht am Wohnort des Toten. Zudem sollten Krankenkasse, Lebens- und Unfallversicherungen informiert werden.

DIE KOSTEN

Viele Menschen sind überrascht, wie teuer eine Bestattung ist. Hier kommt einiges zusammen: Gebühren für Urkunden, Friedhofsgebühren sowie Kosten für Bestatter, Steinmetz und Blumenschmuck. Wer für die Beerdigung Musik oder einen Trauerredner bestellt, zahlt extra. Beim Bestatter müssen zahlreiche Entscheidungen getroffen werden: Erd- oder Feuerbestattung, Sarg aus Edelholz oder Kiefer, pompöse Trauerfeier oder gar keine, Reihen- oder Wahlgrabstelle, individuell gefertigter Grabstein oder schlichtes Massenprodukt.

DIE SPANNE

Nach Angaben der Stiftung Warentest kostet eine Bestattung durchschnittlich 7000 Euro. Die Kosten variieren jedoch stark – regional und je nach Gestaltung der Beisetzung. Der Marktführer Ahorn weigerte sich mit Verweis auf diesen Grund, sich an unserer Umfrage zu den Kosten zu beteiligen (siehe Tabelle). Etwa ein Drittel geht an den Bestatter, zwischen 700 und 6000 Euro. Discountbestatter locken dagegen bereits mit Erdbestattungen ab 495 Euro. Doch diesen Preis hält kaum jemand. „Eine übliche Bestattung kostet auch beim Billigbestatter 1500 bis 2000 Euro“, sagt Alexander Hellbach von Aeternitas. Bei den Billigangeboten kämen nämlich – hinter Sternchen versteckt – oft zusätzliche Kosten hinzu.

DIE DISCOUNTER

In Berlin haben Discountbestatter Hochkonjunktur. Viele Menschen haben wenig Geld, christliche Traditionen verlieren an Bedeutung. Hinzu kommt: „In Großstädten leben die Menschen allein und sterben allein“, erklärt Hellbach. Die Arbeit der Discounter ist nach Meinung des Verbraucherschützers grundsätzlich solide – abgesehen von den Preisangaben. Allerdings müsse sich jeder darüber im Klaren sein, auf was er sich beim Discounter einlässt. Anonyme Feuerbestattungen in Tschechien für 900 bis 1000 Euro seien laut Verbraucherinitiative „seriös, aber Geschmackssache“. Von Trauerarbeit, die viele Bestatter in den Beratungsgesprächen mit den Hinterbliebenen leisten, ist bei Billigbestattungen meist keine Rede. So bietet das Berolina Bestattungsinstitut eine sogenannte Webbestattung ab 479 Euro – buchbar ausschließlich telefonisch. Man behauptet sogar der Allerbilligste zu sein: Jedes günstigere Angebot werde mit 30 Euro unterboten.

DIE WAHL

Der Bestatter koordiniert alles: Er hält den Kontakt zu Ämtern, Friedhofsverwaltung und Kirche. Rund 150 Unternehmen gibt es in Berlin, schätzt Udo Diers, stellvertretender Obermeister der Bestatter-Innung von Berlin und Brandenburg, etwa 90 von ihnen sind Mitglied der Innung, die zum Bundesverband Deutscher Bestatter gehört. Daneben gibt es noch den Verband Deutscher Bestattungsunternehmen (VDB). Die Verbände prüfen die Qualität der Institute. Qualifizierte Bestatter findet man auch in der Datenbank gute-bestatter.de, die von Aeternitas ins Leben gerufen wurde. Weiterer Anhaltspunkt ist das Fachzeichen für einen „geprüften Bestatter“: ein Kirchenbogen mit einem Sarg.

DER VERGLEICH

Bestatter und ihre Preise zu vergleichen ist nicht einfach, aber es lohnt sich. Früher war es üblich zum Bestatter um die Ecke zu gehen und dem alles zu überlassen – später kam dann die saftige Rechnung. „Schwellenängste sollte man unbedingt überwinden“, rät Falk Murko von der Stiftung Warentest. Verbraucher sollten stets auf einem Kostenvoranschlag bestehen, der sämtliche Kosten und Gebühren inklusive Mehrwertsteuer auflistet, sagt auch Obermeister Diers. Ob ein Unternehmen seine Kosten offen ausweist, zeige sich schon beim ersten Besuch. Sind ausgestellte Särge und Urnen nicht mit Preisen ausgezeichnet, ist dies ein schlechtes Zeichen. Dinge, die man nicht braucht – etwa Sterbewäsche – sollte man sich nicht aufschwatzen lassen. Auch der Sarg muss nicht teuer und repräsentativ sein. „Die Würde des Verstorbenen wird nicht umso mehr geehrt, je teurer der Sarg ist“, findet Kerstin Gernig vom Bundesverband Deutscher Bestatter.

DIE BESUCHE

Bei der Wahl des Bestatters sollte aber nicht nur der Preis eine Rolle spielen. „Besuchen Sie verschiedene Institute“, rät Hellbach. Dabei sollte man sich von einem Bekannten begleiten lassen, der nicht unmittelbar betroffen ist. Verstirbt jemand im Krankenhaus, dann darf die Verwaltung den Leichnam von einem Bestattungsinstitut abholen lassen. Hinterbliebene können aber später einen anderen Bestatter auswählen. Der holt dann den Leichnam bei seinem Kollegen ab.

DIE ANGEBOTE

Es gibt eine Reihe ausgefallener Bestattungsformen. So ermöglicht Hahn Bestattungen eine Baumbestattung in einem Friedwald. Die Gräber sind durch ein Namensschild am Baum gekennzeichnet und in Registern bei der Kommune eingetragen. Bei Berolina kann man sich auch wind- oder „nachthimmel“-bestatten lassen. Die Asche wird aus einem Heißluftballon verstreut oder mit einer Rakete in den Himmel transportiert. Das Institut arbeitet dabei mit einem Krematorium in Tschechien zusammen. In Deutschland sind solche anonymen Beisetzungen nicht erlaubt. Andere Institute ermöglichen Bergwiesenbestattungen in den Walliser Alpen in der Schweiz.

DIE VORSORGE

Seit 2004 gibt es kein Sterbegeld mehr, daher raten viele Bestatter dazu, eine Sterbegeldversicherung abzuschließen. Das sei im jungen Alter zu empfehlen, sagt Kerstin Gernig. Ab 18 Jahren drei Euro pro Monat einzuzahlen, belaste nicht, meint sie. Beim Abschluss einer Versicherung sollte man aber beachten, dass die Einzahlungen nicht bis ultimo laufen. Auch sollte dem Kunden nach spätestens drei Jahren ein hundertprozentiger Schutz sicher sein. Nicht nur die Monatsgebühr, sondern auch sämtliche Leistungen – beispielsweise eine Auslandsrückholversicherung – sollten geprüft werden. Ab 65 Jahren lohnt sich eine Sterbeversicherung nicht mehr, warnt Stiftung Warentest.

Für diesen Fall empfehlen Bestatter einen Vorsorgevertrag abzuschließen, in dem alle Punkte der Beisetzung im Voraus festgelegt werden. Der Kunde zahlt zu Lebzeiten in einen Treuhandfonds ein. Bei Eintritt des Todes wird mit Zinsen an den Bestatter ausgezahlt, was der Verstorbene eingezahlt hat.

DER LETZTE AUSWEG

Nahe Angehörige – Ehepartner und Lebensgefährte, Kinder, Geschwister, Enkelkinder – sind gesetzlich verpflichtet, die Bestattung zu übernehmen. Wenn diesen „nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen“, kommt es zur Sozialbestattung. Nicht nur die finanzielle Situation der Hinterbliebenen wird dabei geprüft, sondern auch das Verhältnis zum Toten. Die Sozialämter übernehmen meist lediglich die billige Variante – eine anonyme Urnenbestattung. Sollte der Verstorbene aber ausdrücklich eine Erdbestattung gewünscht haben, ist das Sozialamt verpflichtet, dem nachzukommen. Hinterbliebene, die eine Kostenerstattung beantragen wollen, sollten sich vor der Beauftragung eines Bestatters beim zuständigen Sozialamt informieren und auch den Bestatter gleich darauf hinweisen, dass es sich um eine „Sozialbestattung“ handelt.

Weitere Informationen im Internet: www.aeternitas.de, www.bestatter.de, www.gute-bestatter.de, www.test.de, www.vdb-berlin.org

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