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Fast 500 Millionen für die Auto 1-Gründer Christian Bertermann (l.) und Hakan Koc. Das Unternehmen bewertet und verkauft Gebrauchtwagen.
© Dominik Butzmann

Start-up-Barometer: Paris könnte Berlin bald überholen

Frankreich holt massiv auf: Zwar haben Berliner Start-ups auch im Vorjahr wieder Milliarden erhalten, doch zum Teil liegt Paris schon vorn.

Guckt man sich die größten Finanzierungen für Start-ups an, schafften es im Vorjahr gleich zwei deutsche Jungunternehmen aufs Treppchen: Die Gebrauchtwagenplattform Auto1 (Wirkaufendeinauto.de) erhielt 460 Millionen Euro, der Zalando-Konkurrent About You immerhin 264 Millionen Euro. Nur die britische Luxus- und Designermode-Plattform Farfetch erhielt mit 583 Millionen noch mehr Geld von Investoren.

Ähnlich sieht das Bild für 2018 auch insgesamt aus, wie das neue EY Start-up Barometer zeigt. Die Sorgen um den Brexit machen sich bei den Investitionen nicht bemerkbar. Generell liegen Großbritannien und London mit deutlichem Abstand vor Deutschland und Berlin. Allerdings lag das Wachstum im europäischen Ausland deutlich höher, insbesondere Frankreich hat massiv zugelegt.

Insgesamt legten die Start-up-Investitionen um 11 Prozent auf 21,3 Milliarden Euro zu und erreichten damit wieder einen neuen Rekord. Fast ein Drittel floss an britische Start-ups (7,2 Milliarden Euro), das sind 12 Prozent mehr als im Vorjahr. Deutsche Jungunternehmen erhielten 4,6 Milliarden Euro, 7 Prozent mehr als 2017. In Frankreich, das beim Investitionsvolumen den dritten Rang in Europa belegt, stiegen die Start-up-Investitionen sogar um 31 Prozent auf 3,4 Milliarden Euro. Als Start-ups werden dabei Unternehmen gewertet, die nicht älter als 10 Jahre sind.

Berlin verliert, Paris gewinnt

Im Städtevergleich liegt London mit 5,0 Milliarden Euro weiterhin mit großem Abstand auf dem ersten Platz – vor den beiden Verfolgern Berlin (2,6 Milliarden Euro) und Paris (2,5 Milliarden Euro). Allerdings droht Paris, die deutsche Hauptstadt zu überholen: Während Berliner Start-ups insgesamt 12 Prozent weniger frisches Kapital erhielten, legten die Investitionen in Paris um 39 Prozent zu. Bei der Zahl der Transaktionen hat die französische Hauptstadt bereits die Nase vorn: Insgesamt 366 Start-up-Investitionen wurden 2018 gezählt, in Berlin waren es 244. London liegt mit 623 Finanzierungen weiterhin vorne.

Auf den Rängen vier und fünf im Ranking nach Investitionssumme liegen München und Stockholm mit 619 bzw. 586 Millionen Euro. Neben Berlin und München kann sich mit Hamburg noch eine dritte deutsche Stadt unter den europäischen Top-10 platzieren – auf Platz 6 (548 Millionen Euro).

„Wenn Deutschland nicht aufpasst und nicht noch mehr für Start-ups tut als bisher, werden unsere französischen Nachbarn uns bei der Finanzierung von Jungunternehmen bald überholt haben“, warnt Peter Lennartz, Partner bei EY. Schließlich sei die dynamische Entwicklung in Frankreich kein Zufall.

„Die Politik verfolgt das klare Ziel, Frankreich zur Start-up-Nation Nummer eins in Europa zu entwickeln“, sagt Lennartz. So gebe es zahlreiche Fördermaßnahmen für Gründer wie etwa die unkomplizierte Erteilung von Aufenthaltsgenehmigungen, günstige Kredite vom Staat oder massive Steuererleichterungen für Gründer und Investoren. Die Wirkung zeigt sich in den Zahlen: Zwar gebe es weniger Mega-Transaktionen, in der Breite sei die Finanzierung von Jungunternehmen aber schon besser als in Deutschland.

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