Finanzmarkt: Panik an den Börsen
Die internationalen Finanzmärkte zittern. Dax und Dow Jones stürzen auf Jahrestiefs, auch die Kurse in Asien sackten stark ab – die Angst vor einer Ausbreitung der Schuldenkrise geht um.
An den Börsen herrscht Ausverkaufsstimmung. Am Donnerstag stürzten die Leitindizes des deutschen und amerikanischen Aktienmarktes – Dax und Dow Jones – auf die bislang tiefsten Stände des Jahres. Ausgelöst wurden die Panikverkäufe von der Angst, die Schuldenkrise könnte sich ausbreiten. Der Dax schloss bei 6414 Punkten – mehr als drei Prozent niedriger als am Mittwoch. In nur sieben Tagen haben die im Dax notierten 30 deutschen Unternehmen mehr als 100 Milliarden Euro an Börsenwert verloren. Der Dow Jones gab um 4,3 Prozent auf 11 383 Punkte nach. Die in den USA und Europa löste eine weltweite Druckwelle aus. Am Freitag gingen auch die Börsen in Asien auf Talfahrt.
Für Unruhe hatte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso gesorgt, der eine weitere Aufstockung des bislang 440 Milliarden Euro umfassenden Krisenfonds EFSF angeregt hatte, um eine Ausbreitung der Schuldenkrise im Euroraum zu verhindern. In einem am Donnerstag in Brüssel veröffentlichten Brief an die Staats- und Regierungschefs der 17 Euro- Staaten forderte Barroso die Regierungen zu einer „raschen Überprüfung aller Elemente des EFSF“ auf: Sie müssten sicherstellen, dass der Fonds „über die Mittel verfügt, um Ansteckungsgefahren zu bekämpfen“. Keine Gegenliebe fand der Vorstoß in Berlin: Ein Sprecher des Finanzministeriums sagte, „es ist nicht zu erkennen, inwieweit eine Neueröffnung der Debatte nur zwei Wochen nach dem Gipfel zu einer Beruhigung der Märkte beitragen soll“. Auch FDP-Wirtschaftsminister Philipp Rösler kritisiert Barroso am Morgen, die Debatte komme zur Unzeit.
Dagegen schreibt Barroso, die Entscheidungen des EU-Sondergipfels vom 21. Juli über die Aufstockung der Finanzhilfen für Griechenland und über die Ausweitung der EFSF-Aufgaben hätten „nicht die beabsichtigte Wirkung auf den Märkten“. Der Gipfel hatte beschlossen, dass der EFSF auch vorsorglich zur Unterstützung von Staaten tätig werden darf, dass er Anleihen von Banken aufkaufen und Kapitalhilfen an Banken geben kann.
Auch Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou meldete sich zu Wort. Er forderte die Euro-Zone auf, der wachsenden Skepsis an den Märkten zu begegnen. Die jüngsten Entwicklungen reflektierten die wachsende Skepsis über die Fähigkeiten der Euro-Zone, auf die Schuldenkrise zu reagieren, schrieb Papandreou am Freitag in einem Brief an Kommissionspräsident Barroso. Die EU müsste nun zügig die Gipfel-Beschlüsse umsetzen und dürfe nicht den Entwicklungen auf dem Markt hinterherlaufen, sagte Papandreou.
Die Nervosität und Skepsis der Märkte erklärte Barroso nun mit „undisziplinierter Kommunikation und der Komplexität und Unvollständigkeit der Beschlüsse vom 21. Juli“. Die Europäische Zentralbank (EZB) kaufte unterdessen wieder Staatsanleihen von Krisenstaaten auf. Den Leitzins beließ die EZB am Donnerstag bei 1,5 Prozent. Hinweise, ob und wann die Notenbank erneut die Zinsen erhöhen könnte, gab EZB-Präsident Jean-Claude Trichet nicht.
Nach dem Euro-Gipfel zur Griechenlandrettung sind jetzt die Schuldenländer Spanien und Italien in den Fokus geraten. Sie mussten zuletzt hohe Risikoaufschläge für ihre Staatsanleihen zahlen. Die EZB hatte in der Vergangenheit schon massenhaft griechische, irische und portugiesische Staatspapiere im Gesamtwert von 74 Milliarden Euro gekauft.(mit dpa/Reuters)