Warenhäuser im Wandel: Online-Händler sollen bei Karstadt Geschäfte eröffnen
Der Warenhauskonzern will internationale Unternehmen in seine Filialen holen. Auch das Abholen und Retournieren von Netz-Bestellungen soll möglich sein. Ein weiterer Plan: Outlet-Konzepte.
Jahrelang ging es bei Karstadt vor allem um eines: Überleben. Jetzt will der Warenhauskonzern nach einer ausgedehnten Sanierungsphase wieder in die Offensive gehen – und seine Flächen für Online-Anbieter aus dem In- und Ausland öffnen. „Das ist für internationale Händler ein Angebot, wenn diese über den deutschen Markt nachdenken“, sagte Karstadt-Chef Stephan Fanderl der Nachrichtenagentur Reuters. „Wir haben eine Reihe von Partnern im Auge, es gibt auch schon Gespräche.“
Die Strategie dahinter ist, das klassische Warenhaus zum Marktplatz weiterzuentwickeln. Eine umfassende erste Partnerschaft hat das Unternehmen demnach mit einer Tochterfirma von El Corte Inglés geschlossen, dem führenden spanischen Warenhausbetreiber. „Die Kinder- und Babykleidung der El Corte Inglés-Tochter Sfera hat sich auf dem hart umkämpften spanischen Markt gegen bekannte Labels wie Zara und H&M behauptet“, erklärt Einkaufschef Jörg Peter Schmiddem. Ab August soll in zunächst 50 der insgesamt 78 Karstadt-Filialen in Deutschland das Sortiment von „Sfera“ eingeführt werden.
Bei der Vermarktung der Ware will Vorstandschef Fanderl künftig „kanalunabhängig“ werden, die Vorteile der Warenhäuser „noch besser mit der virtuellen Welt verknüpfen.“ Online-Händler könnten sowohl eigene Geschäfte in den Warenhäusern eröffnen, als auch online bestellte Artikel in Karstadt-Filialen abholen lassen. Logistik, Fläche, Kundenbeziehungen: Als das soll effizienter genutzt werden.
Wie der Karstadt-Konzern überdies in Essen mitteilte, sollen parallel auch Outlet-Konzepte in den Häusern gestartet werden. Mit stark reduzierter Markenkleidung wolle Karstadt so zusätzliche Kundengruppen in die Läden locken. Unlängst hatte bereits Konkurrent Kaufhof angekündigt, die amerikanische Outlet-Kette „Saks off 5th“ nach Deutschland zu bringen. Kaufhof gehört seit nunmehr anderthalb Jahr zum kanadischen Handelskonzern HBC.
Ein Pilotprojekt mit dem sogenannten Off-Price-Modell soll bei Karstadt noch in diesem Jahr starten. Dabei sei auch hier eine enge Verzahnung mit dem Internet geplant. „Der Kunde wird on- und offline bestellen, kaufen und auch zurückgeben können. Alles soll in jedem Kanal gehen“, stellt Vorstandschef Fanderl in Aussicht.
Otto-Tochter Lascana lädt in Frankfurt zum Strandurlaub ein
In Frankfurt hat dieser Tage bei Karstadt ein Pop-up-Store eröffnet, in dem sich alles um Bademode und Strandbekleidung dreht. Betrieben wird der Shop-in-Shop inklusive Beach-Bar von dem zu Otto gehörenden Badeanzug-Hersteller Lascana. Doch auch andere Marken wie Buffalo und Bench finden sich in dem Bereich. Für Fanderl ein beispielgebendes Modell: Der Manager betont, dass es dabei nicht um eine reine Untervermietung gehe. „Wir sind und bleiben Händler.“
Die rund 500 Lieferanten des Unternehmens soll er auf einer Konferenz in dieser Woche ermutigt haben, sich für neue Formen der Zusammenarbeit zu öffnen. „Wir brauchen eine andere Art von Kooperation und Informationsaustausch. Indem wir mit unseren starken Partnern unser Wissen über Kaufverhalten und Ware austauschen, wird jeder von uns gewinnen“, wird er in einem Schreiben an die Mitarbeiter zitiert.
Stephan Fanderl steht seit Oktober 2014 an der Spitze des Karstadt-Konzerns, den der österreichische Immobilieninvestor René Benko kurz zuvor von Nicolas Berggruen übernommen hatte. Seitdem wurden Karstadt-Standorte in Hamburg und Stuttgart geschlossen, Personal abgebaut und auch im Sortiment ordentlich aussortiert. Eine aus Fanderls Sicht erfolgreiche Gesundung: Im zurückliegenden Geschäftsjahr hat Karstadt unter dem Strich nach 64,8 Millionen Euro Verlust im Vorjahr ein Minus von 7,5 Millionen Euro verbucht - operativ aber ein positives Ergebnis erzielt.
Immer mehr Onlinehändler greifen offline an
Aktuell nehmen immer mehr namhafte Online-Händler den stationären Handel ins Visier. Das Berliner Unternehmen Zalando kaufte vor zwei Monaten die Sportkette Kickz, die 15 Ladengeschäfte in deutschen Großstädten unterhält. Zalando selber betreibt drei Outlet-Stores. US-Pionier Amazon experimentiert mit eigenen Geschäften in Innenstädten. Und Chinas Online-Marktführer Alibaba ist am Warenhaus-Betreiber „Intime“ beteiligt.
„Wir können auch gerade für reine Online-Anbieter eine Rolle spielen“, gibt sich Fanderl überzeugt. „Wir schauen uns deshalb gezielt Online-Anbieter an, deren Wachstum an Grenzen stößt, weil sie keine eigenen Flächen haben.“ In Berlin betreibt Karstadt sieben Warenhäuser.