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Die Arbeit auf dem Schlachthof ist hart - das will nicht jeder machen. Deshalb kommen viele Mitarbeiter aus dem Ausland.
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Update

Zahl der Corona-Fälle bei Westfleisch steigt auf 151: NRW lässt alle Mitarbeiter der Fleischindustrie testen

Fleischbetriebe sind besonders anfällig für einen Corona-Ausbruch, weil viele Arbeiter in Gemeinschaftsunterkünften übernachten. Nordrhein-Westfalen zieht jetzt Konsequenzen.

Eigentlich wollten sie bei Westfleisch im nordrhein-westfälischen Coesfeld trotz Corona-Ausbruch weiterarbeiten. Noch am Freitagmittag hieß es, es werde weiter geschlachtet. Doch dann hat der Landkreis eingegriffen und das betroffenen Werk am Nachmittag vorerst geschlossen. 129 Angestellte seien dort positiv getestet worden und befänden sich nun in häuslicher Quarantäne, bestätigte eine Sprecherin des Unternehmens auf Tagesspiegel-Anfrage.

Nachdem weitere Beschäftige getestet worden sind, stiegt die Zahl der infizierten Mitarbeiter auf 151, wie der Kreis Coesfeld mitteilte. Die meisten von ihnen haben in der Produktion gearbeitet. Das Unternehmen schlachtet an dem betroffenen Standort in Coesfeld in der Nähe von Münster Schweine, 55.000 Tiere die Woche. Insgesamt arbeiten in dem Betrieb 1200 Angestellte.

Dass das Unternehmen den Betrieb trotz des massiven Corona-Ausbruchs fortsetzen wollte, hat ein einfachen Grund: Die Fleischproduktion gilt als "systemrelevant" für die Versorgung der Bevölkerung, weshalb das Gesundheitsamt vor Ort die Entscheidung über den Produktionsstopp zunächst dem Unternehmen selbst überlassen hatte.

Am Freitag haben Arbeitsschützer dann aber bei einer Kontrolle vor Ort festgestellt, "dass Infektionsschutzvorgaben sowohl im Zerlegebetrieb als auch in den Umkleiden nicht beachtet wurden". Über das Wochenende werden weitere Mitarbeiter getestet. Bei 650 Angestellten war der Abstrich am Freitagabend bereits gemacht worden.

„Wir tun gemeinsam alles dafür, um das Infektionsgeschehen in Belegschaft und Bevölkerung einzudämmen", sagte Christian Schulze Pellengahr, der Landrat des betroffenen Kreises am Freitagabend. "Dazu dienen die auch heute fortgeführten umfangreichen Testungen.“

Der Verzehr von Fleisch sei unbedenklich

Bedenken beim Fleischkonsum bräuchten Verbraucher aber nicht zu haben, heißt es im Bundeslandwirtschaftsministerium. Das Haus von Julia Klöckner (CDU) verweist auf Erkenntnisse des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), wonach es bislang keine Fälle gebe, in denen sich Menschen "über den Verzehr kontaminierter Lebensmitteln" infiziert hätten.

Auffallend ist allerdings, dass der Fall in Coesfeld nicht der erste Corona-Ausbruch in einem fleischverarbeitenden Betrieb ist. Bereits im April hatten sich bei einem Frischfleischproduzenten in Birkenfeld (Pforzheim) 168 Mitarbeiter mit Corona angesteckt. Insgesamt sind in deutschen Fleischbetrieben mehr als 600 Arbeiter positiv auf das Coronavirus getestet worden, zeigt eine aktuelle Abfrage des Nachrichtenmagazins Spiegel bei den Behörden.

Fleischbetriebe sind deshalb so gefährdet zu sein, weil sie viele Werkvertragsarbeiter aus dem Ausland beschäftigen, die vor Ort in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind. "Viele übernachten in Zwei- bis Achtbettzimmern", sagt Thomas Bernhard, Referatsleiter für die Fleischindustrie bei der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). "Wir bemängeln diese Zustände seit Jahren."

Auch bei Westfleisch war man sich der Gefahr eines Ausbruchs unter der Belegschaft durchaus bewusst. Bereits seit mehreren Wochen etwa sei es Pflicht, bei Betreten des Betriebsgeländes einen Mund- und Nasenschutz zu tragen, so die Sprecherin. Auch habe man zusätzliche Hygienestationen aufgebaut, mehrsprachige Hinweise zu den Verhaltensweisen aufgehängt und dafür gesorgt, dass es während der Pausen zu weniger Kontakten komme. Den Corona-Ausbruch konnte aber auch das nicht verhindern.

NRW will alle Mitarbeiter der Branche testen

Das Land Nordrhein-Westfalen hat daraus nun Konsequenzen gezogen. Zum einen werden die geplanten Lockerungen im betroffenen Kreis Coesfeld um eine Woche verschoben: So bleibt die Gastronomie vor Ort weiter geschlossen und auch Geschäfte mit mehr als 800 Quadratmetern bleiben zu. Zum anderen soll es in der Fleischindustrie strengere Kontrollen geben. Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) kündigte an, alle Mitarbeiter von Schlachthöfen würden nun auf Corona getestet. Das seien 17.000 bis 20.000 Menschen.

Auch seien die Gesundheitsämter angewiesen worden, alle Sammelunterkünfte zu begehen und auf den Infektionsschutz hin zu untersuchen. "Wir haben die Befürchtungen, dass die Strukturen bei der Unterbringung von Werkvertragsarbeitern nicht den Hygienebedingungen bei einer Pandemie entsprechen", so Laumann. NRW reagiert damit auch auf Druck aus der Bundespolitik. "Vor einigen Tagen habe ich die zuständigen Länder aufgefordert, den Arbeitsschutz von Saison- und Werksvertragsarbeitern in der Fleisch- & Landwirtschaft streng zu kontrollieren", schrieb Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) am Freitag bei Twitter. Die neuen Fälle zeigten, dass da hart durchgegriffen werden müsse.

Die nordrhein-westfälische Landwirtschaftsministerin Ursula Heinen (CDU) wies am Freitag zudem daraufhin, dass die Versorgung mit Fleisch auch dann noch sichergestellt sei, wenn ein Betreib vorübergehend geschlossen werde. Es gebe 35 große Schlachtbetriebe in NRW. Zudem seien die Lager voll, da die Gastronomie aufgrund des Shutdowns zuletzt weniger Fleisch abgenommen habe.

In einer früheren Version dieses Artikels hieß es im Teaser, die hohe Zahl an Coronafällen in der Fleischindustrie sei darauf zurückzuführen, dass die Betriebe viele Ausländer beschäftigen. Das aber ist verkürzt: Das Problem sind die Gemeinschaftsunterkünfte, in denen vor allem Beschäftige aus dem Ausland untergebracht sind.

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