Deutsche-Bank-Studie: Nirgendwo ist die Sorge vor Altersarmut so hoch wie in Berlin
Jeder zweite würde gerne fürs Alter vorsorgen, hat aber zu wenig Geld. Im Schnitt brauchen Rentner der Umfrage zufolge mindestens 1500 Euro pro Monat.
Die Furcht vor Altersarmut in Deutschland ist in allen Altersschichten zwischen 20 und 65 Jahren weit verbreitet. Dem neuen Vorsorgereport der Deutschen Bank zufolge befürchtet jeder zweite Deutsche, dass die gesetzliche Rente im Alter nicht ausreichen wird. Nur knapp ein Fünftel glaubt an ein finanziell sorgenfreies Leben nach dem Eintritt ins Rentenalter.
Besonders ausgeprägt ist die Sorge vor Armut im Alter in Berlin mit 61 Prozent. Selbst in München ist der Anteil mit 58 Prozent sehr hoch. Auch 56 Prozent der Menschen in Brandenburg und 55 Prozent in Sachsen glauben, dass sie im Alter unter die Armutsschwelle rutschen. In den reichen Bundesländern Baden-Württemberg und Bayern ist die Furcht vor Altersarmut mit einem Anteil von 48 und 47 Prozent der Befragten aber ebenfalls ausgeprägt.
„Das Vertrauen in die gesetzliche Rente ist erschüttert“, sagt Thomas Hörter, Leiter Marktforschung Deutsche Bank. 70 Prozent sehen in ihr nicht mehr als eine Grundsicherung. Nur 17 Prozent glauben, dass sie für ein auskömmliches Leben im Alter genügt. Mehr als die Hälfte befürchtet sogar, dass das gesetzliche Rentensystem über kurz oder lang zusammenbricht.
Und mehr als 70 Prozent rechnet mit der Erhöhung des Renteneintrittsalters. „Aus dieser Gemengelage resultiert, dass eine Mehrheit der Befragten Angst vor eigener Altersarmut hat“, heißt es in der Studie.
50 Euro pro Monat werden zurückgelegt
Dabei sind die Schätzungen, wie viel Geld im Alter benötigt wird, unterschiedlich. Im Schnitt geben die Befragten als monatliche Mindestsumme 1500 Euro pro Person an. Dies gilt für Berlin, Brandenburg, Bayern und Baden-Württemberg. In Sachsen reichen den Befragten zufolge 1300 Euro, in München dagegen würden 1800 und in Frankfurt sogar 2000 Euro benötigt.
Dabei glauben in Frankfurt 27 Prozent, dass sie mindestens diese Summe im Alter zur Verfügung haben und sich keine finanziellen Sorgen machen müssen, in München sind es nur 21 Prozent. Obwohl in Berlin weniger benötigt wird, glauben nur 17 Prozent, dass sie im Alter mindestens 1500 Euro haben und damit sorgenfrei sein werden. In Sachsen sind es ebenfalls 17, in Brandenburg dagegen nur 15 Prozent. In Baden-Württemberg sehen sich 23 Prozent im Alter ausreichend versorgt, in Bayern 27 Prozent.
Zwar sagen fast drei Viertel der Befragten, dass die private Vorsorge für das Alter notwendig ist. Knapp die Hälfte ist auch schon aktiv geworden. Dramatisch findet die Deutsche Bank eine weitere Erkenntnis: 47 Prozent der Befragten würden gerne selbst für das Alter sparen – sie haben aber dafür nach eigenen Angaben nicht das notwendige Geld. In Brandenburg sagen 51 Prozent, dass sie nicht selbst für das Alter sparen könnten, in Berlin sogar 54 Prozent.
Und die, die sparen können, schaffen auch das Notwendige nur zum Teil. Im Schnitt legen sie im Monat 50 Euro für das Alter zurück, erforderlich wären nach Einschätzung der Befragten aber 200 Euro. Die „gefühlte“ Ansparlücke liegt nach der Studie der Deutschen Bank also bei 150 Euro.
In München ist sie mit 189 Euro allerdings höher, in Frankfurt und in Baden-Württemberg sind es sogar 200 Euro, die monatlich beim Sparen für ein auskömmliches Einkommen im Alter fehlen. Immerhin verfügt ein Drittel der Befragten mit Blick auf das Alter über selbstgenutztes Wohneigentum. In Bayern sind es sogar 41 Prozent, in Berlin allerdings nur 19 und auch in Frankfurt lediglich 23, in München gerade mal 25 Prozent.
Immobilien? Aktien? Angebote häufig zu kompliziert
Die von der Bundesregierung geplante Grundrente ändert an diesem insgesamt kritischen Bild nichts. Zwar wird sie von rund zwei Drittel befürwortet, aber nur gut ein Fünftel glaubt, dass sie die Probleme lösen kann. Fast die Hälfte sagt, dass die Grundrente für sie keine Bedeutung hat.
Wer privat vorsorgen will, setzt der Studie zufolge auf Sicherheit. Fast drei Viertel geben dies an und nennen dafür vor allem Immobilien. 60 Prozent plädieren deshalb für eine stärkere staatliche Förderung beim Bau und Kauf eines Hauses oder einer Wohnung. Bei Wertpapieren wünscht sich mehr als die Hälfte einen Schutz der eingezahlten Beiträge und angelegten Spargelder.
Dafür würden sie auch eine geringere Rente in Kauf nehmen. Wer privat vorsorgt bemängelt zudem eine unzureichende Information über Anlageoptionen. „Da stehen Anleger ein wenig vor einer Nebelwand“, sagt Hörter. Für mehr als die Hälfte sind Altersvorsorgeprodukte zu unverständlich, mehr als ein Drittel hält die Altersvorsorge insgesamt für zu komplex, erstaunlicherweise vor allem die 20 bis 34-Jährigen.
Generell aber, räumt Deutsche Bank-Chef-Anlagestratege Ulrich Stephan ein, sei die private Vorsorge angesichts der Niedrigzinsen und der Risikoscheu der Deutschen derzeit schwierig. Gleichwohl sollte man so früh wie möglich mit der Vorsorge für das Alter beginnen. Selbst kleinste Beträge seien sinnvoll. „Der größte Fehler, den man machen kann, ist nichts zu tun.“