Streit um Insolvenz der Airline: Niki hängt wieder in der Luft
Die juristische Auseinandersetzung um den Ort der Insolvenz nimmt kein Ende. Das Landgericht Berlin spricht sich für Wien aus.
Das Gezerre um den COMI geht weiter und belastet die Nerven der knapp 1000 Niki-Beschäftigten. Am Montag kassierte das Landgericht Berlin eine Entscheidung, die erst am vergangenen Donnerstag das Amtsgericht Charlottenburg getroffen hatte. Der Streit vor Gericht betrifft den Ort des Insolvenzverfahrens, in dem sich Niki seit Mitte Dezember befindet. Und dieser Ort ergibt sich aus dem „Center of Main Interest – COMI“, das ist nach der Europäischen Insolvenzordnung der Platz, an dem ein insolventes Unternehmen geführt und verwaltet wird. Berlin oder Wien – das ist bei Niki die Frage. Da die Tochter von Air Berlin von Berlin aus gesteuert wird, hatte das Amtsgericht eine Beschwerde gegen die Zuständigkeit der Berliner Justiz abgelehnt und an das Landgericht verwiesen. Und das befand nun, dass „die internationale Zuständigkeit nicht in Deutschland sondern in Österreich“ liegt. Dagegen kann innerhalb eines Monats beim Bundesgerichtshof Beschwerde eingelegt werden. Oder das Insolvenzverfahren findet in Österreich statt.
Damit gibt es noch immer keine abschließende Sicherheit für den Verkauf von Niki an den Luftfahrtkonzern IAG mit British Airways und dem spanischen Billigflieger Vueling. Insolvenzverwalter Lucas Flöther hat die Befürchtung, der Verkauf könne platzen, sollte sich die Zuständigkeit des Insolvenzgerichts ändern. Der britische Luftfahrtkonzern will aber weiterhin Niki übernehmen und arbeite mit allen Beteiligten daran, den Kauf voranzutreiben, teilte IAG mit.
Ein Flugrechteportal klagt
Der Kläger gegen den Insolvenzort Berlin ist das Internetportal Fairplane. Das Portal verspricht sich von einem Verfahren in Wien einen höheren Schadenersatz für Niki-Kunden, deren Flüge ausgefallen waren und die angeblich 1,2 Millionen Euro fordern. Flöther hat diesem Argument indes stets widersprochen: Die Insolvenzmasse, aus der Forderungen von Gläubigern bedient werden, verändere sich nicht durch einen Ortswechsel. „Nun ist das Landesgericht Korneuburg am Zug“, kommentierte Fairplane die Entscheidung des Landgerichts. In diesem Ort in der Nähe von Wien hat Fairplane bereits die Eröffnung der Niki-Insolvenz beantragt. „Ein Insolvenzverfahren in Österreich gefährdet den Deal mit IAG nicht“, teilte Fairplane mit. „Sobald das Insolvenzverfahren für Niki in Österreich stattfindet, kann der Masseverwalter den in Berlin beschlossenen Deal mit IAG/Vueling ebenso bestätigen und die weitere Umsetzung verfolgen.“
IAG will 740 Niki-Beschäftigte übernehmen
Niki war Mitte Dezember in Insolvenz gegangen, nachdem die Lufthansa, die die Maschinen der Air-Berlin-Tochter übernehmen wollte, wegen Bedenken der EU-Wettbewerbsbehörde zurückgetreten war. In der Folge verhandelte Flöther mit einer Handvoll weiterer Interessenten über den Verkauf. Die IAG bekam den Zuschlag für 20 Millionen Euro. Für die Zeit bis zur endgültigen Übernahme nach Zustimmung der EU stellt IAG ferner 16,5 Millionen Euro zur Verfügung, um den Flugbetrieb zu gewährleisten. IAG will nach eigenen Angaben 740 Niki-Mitarbeiter übernehmen.
Wien schlägt Berlin
Nach Einschätzung des Gerichts sprachen folgende Sachverhalte für den COMI in Österreich: Die Niki Luftfahrt GmbH unterhält auch Büros in Wien, unter anderem mit der Finanzbuchhaltung. Ebenso unterliege der Ort der zuständigen Aufsichtsbehörde in Wien, da Niki über eine österreichische Betriebsgenehmigung verfüge und die Betriebstüchtigkeit der Flugzeuge von dort überwacht werde. Schließlich hätten rund vier Fünftel der Niki-Beschäftigten Arbeitsverträge nach österreichischem Recht, führte das Landgericht aus. Der Ort, „von dem aus die wesentlichen Geschäftsaktivitäten gesteuert würden, nämlich Berlin, sei kein allein maßgebliches Kriterium“, teilte das Landgericht ferner mit. Und auch der Umstand, dass Air Berlin praktisch der einzige Niki-Kunde gewesen ist und damit der Umsatz vor allem hierzulande erwirtschaftet wurde, „sei nicht automatisch prägend“, meint das Gericht.