Bessere Ställe für mehr Tierwohl: Niedersachsen will Sondersteuer auf Fleisch, Eier und Milch
Niedersachsens Agrarministerin will Bürger zur Kasse bitten und damit das Tierwohl fördern. Die Reaktionen sind verhalten. Auch Julia Klöckner hat andere Pläne.
Gerade einmal 8,49 Euro bekamen Viehzüchter Ende vergangenen Jahres für ein Kalb. Das hatte das Bundeslandwirtschaftsministerium im November auf eine Anfrage des Grünen-Bundestagsabgeordneten Friedrich Ostendorff mitgeteilt. Die Gründe für den Preisverfall: ein stockender Export, ein Überangebot an Kälbern.
Grüne und SPD preschten vor
Ein Kälbchen zum Preis von zwei oder drei Cappuccinos, auskömmlich ist das für die Züchter nicht. Und Geld für den gesellschaftlich geforderten Umbau der Ställe, der den Nutztieren bessere Lebensbedingungen bringen soll, kommt damit erst recht nicht zusammen.
Wie kann man mehr Tierwohl finanzieren? Die Debatte flammte im vergangenen Jahr auf, als Grüne und SPD eine Fleischsteuer ins Gespräch brachten. Sie wollten die Mehrwertsteuer für Fleisch und Wurst von sieben auf 19 Prozent erhöhen und das zusätzliche Steuergeld den Bauern für geräumigere, bessere Ställe geben. Der Vorstoß löste eine heftige Diskussion aus, bis hin zu der sozialen Frage, ob eine Verteuerung von Fleisch nicht am Ende arme Menschen über Gebühr belasten würde.
Wie die Sondersteuer funktionieren soll
Niedersachsens Agrarministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) ist nun mit einem neuen Vorschlag vorgeprescht. Sie fordert eine Sondersteuer auf Fleisch, Milch und Eier, um damit Landwirte beim tierfreundlichen Umbau der Ställe zu unterstützen. Andernfalls würden die Bauern auf den Mehrkosten sitzen bleiben, sagte die Ministerin der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „An der Ladenkasse, das wissen wir, wird es freiwillig nicht bezahlt“.
Vorbild für den Vorstoß der Ministerin ist die EEG-Umlage, die auf den Strompreis aufgeschlagen wird, um mit den Einnahmen den Ausbau von Ökostrom zu fördern.
Die neue Tiersteuer soll auf alle tierischen Produkte erhoben werden, egal, ob sie aus konventioneller oder Bio-Landwirtschaft stammen. Insgesamt sollen so drei bis fünf Milliarden Euro im Jahr zusammenkommen. Diese Summe hatte der Wissenschaftliche Agrarbeirat der Bundesregierung in einem Gutachten als Mehrkosten für eine unter Tierwohlgesichtspunkten bessere Haltung veranschlagt.
Im niedersächsischen Agrarministerin betont man, dass es sich bei der Idee um einen Debattenbeitrag handelt. Niedersachsen habe keinesfalls vor, eine solche Steuer im Alleingang einzuführen – und könnte das auch steuerrechtlich wohl gar nicht.
Klöckner lehnt den Vorschlag ab, der Bauernverband auch
Während Otte-Kinast von ihrem Ressortkollegen aus Mecklenburg-Vorpommern, Till Backhaus (SPD), Zustimmung bekam, reagierten der Bauernverband und Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) skeptisch. Der Vizepräsident des Bauernverbands, Werner Schwarz, hält eine solche Steuer für einen falschen Weg. Das Geld für eine bessere Tierhaltung müsse am Markt erwirtschaftet werden. Doch das setzt voraus, dass die Bundesbürger bereit sind, für mehr Tierwohl an der Supermarktkasse auch mehr Geld auszugeben.
Klöckner glaubt, dass das so ist. Die Bundesagrarministerin will daher ein staatliches Tierwohlkennzeichen auf freiwilliger Basis einführen, das Anstrengungen für mehr Tierwohl mit einem neuen Label auf den Verpackungen auszeichnen soll. Dänemark sei diesen Weg gegangen, betonte Klöckner am Montag, und habe inzwischen eine Marktdurchdringung von 20 Prozent erreicht.
Die Debatte um eine Sondersteuer verdeutliche „die steigende Sensibilität dafür, dass es bessere Bedingungen für Nutztiere nicht zum Nulltarif gibt, sie mehr Geld kosten“, sagte die CDU-Politikerin. Dieses Geld müsse aber nicht automatisch aus zusätzlichen Steuern oder Steuererhöhungen kommen. Klöckner kündigte an, gemeinsam mit Bundesbauminister Horst Seehofer (CSU) Stallumbauten für mehr Tierwohl zu erleichtern und die dazu nötigen Modernisierungen finanziell zu unterstützen.
Das Bundeskabinett hatte das staatliche Tierwohllabel im September vergangenen Jahres verabschiedet, doch das Vorhaben stockt. Es gibt Widerstände von SPD und Grünen, aber auch innerhalb der Unionsfraktion, die ein verpflichtendes Tierwohlkennzeichen durchsetzen wollen. Niedersachsen hatte dazu sogar im vergangenen Jahr eine Bundesratsinitiative gestartet, aber ohne Erfolg. Allerdings hatte sich der Vorstoß nur auf die Tierhaltung bezogen, Klöckner will jedoch weitergehende Kriterien wie etwa die Länge von Tiertransporten einbeziehen. Nach Meinung der Ministerin wäre eine Pflichtkennzeichnung zudem nicht mit EU-Recht vereinbar.
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