Halbes Jahr Cryan: Nichts als Unruhe bei der Deutschen Bank
Ein halbes Jahr nachdem John Cryan Chef bei dem Institut geworden ist, ist die Euphorie verflogen. Die Aktie gibt kräftig nach.
18,44 Euro. Für so wenig Geld war die Aktie der Deutschen Bank am Montag zeitweise zu haben. Rund 17 Prozent hat das Papier seit Jahresanfang verloren. Und mehr als 40 Prozent seit Juli vergangenen Jahres, als John Cryan an die Spitze des Geldhauses berufen worden war und neue Hoffnung aufkeimte, dass das Institut endlich einen Weg aus dem Tief herausfinden würde.
Gut ein halbes Jahr danach ist die Euphorie verflogen. Lediglich aus Kreisen der Finanzaufsicht BaFin ist zu hören, dass sich die Bank seit Cryans Amtsantritt bei der Aufarbeitung der Skandale endlich wirklich kooperativ verhalte. „Die machen jetzt das, was wir von der Bank schon immer verlangt haben“, lobt ein hochrangiger Bankenaufseher das Institut.
Aber das ist auch fast die einzige positive Nachricht, die derzeit rund um das größte deutsche Geldhaus zu vernehmen ist. Dass Cryan und sein Noch-Ko-Chef Jürgen Fitschen bei der Jahres-Pressekonferenz am 28. Januar weitere positive Nachrichten verkünden, ist zweifelhaft.
2016 wird extrem schwierig
Immerhin hat es Cryan Ende vergangenen Jahres geschafft, die knapp 20-prozentige Beteiligung an der chinesischen Hua Xia Bank für einen ansehnlichen Preis von rund 3,5 Milliarden Euro zu verkaufen. Dagegen hapert es offenbar mit dem für 2016 geplanten Börsengang der Postbank oder alternativ auch einem Verkauf. Analysten zufolge wird Cryan in der nächsten Woche einen Netto-Verlust von rund fünf Milliarden Euro verkünden. Die Dividende wird ausfallen.
Auch 2016 wird für die Deutsche Bank extrem schwierig. Allein schon wegen der ungelösten Rechtsstreitigkeiten. Jetzt soll die Bank auch im elektronischen Devisenhandel eine betrügerische Software eingesetzt haben und sich damit auf Kosten von Kunden Gewinne gesichert haben. Eine US-Kanzlei will noch im ersten Halbjahr auf Schadensersatz klagen. Und dies nicht nur im Auftrag von Pensionsfonds, Konzernen und anderen Banken, sondern angeblich auch im Namen von Notenbanken. „Wir weisen die Vorwürfe zurück und werden uns dagegen vor Gericht zur Wehr setzen“, empört sich Bank-Sprecher Armin Niedermeier.
Woche für Woche vor Gericht
Deutsche Bank und Rechtsstreitigkeiten scheint eine schier endlose Geschichte zu sein. In München zieht sich das Verfahren um angeblichen Prozessbetrug im Streit mit dem Medien-Unternehmen Kirch in die Länge. Fitschen und die Ex-Bank-Chefs Josef Ackermann und Rolf Breuer werden vermutlich noch monatelang Woche für Woche vor Gericht erscheinen müssen.
Ein weiteres Verfahren beginnt in London, wenn auch erst im September 2017. Dann muss Christian Bittar, Ex-Händler der Deutschen Bank, vor Gericht erscheinen – wegen des Vorwurfs, den Interbankenzins Euribor manipuliert zu haben. Belastungen drohen der Bank zudem aus Geschäften in Russland, wo angeblich umgerechnet zehn Milliarden Dollar gewaschen worden sein sollen. 4,8 Milliarden Euro hat die Deutsche Bank für mögliche weitere Strafen zur Seite gelegt, mehr als elf Milliarden Euro hat sie seit 2010 bereits an Geldbußen und Strafen zahlen müssen.
Cryan: "Banker verdienen zu viel"
Bei alldem muss Cryan in diesem Jahr auch noch den Umbau der Bank angehen. Da geht es in Deutschland vor allem um den Stellenabbau in den Filialen, die Schließung von 200 der aktuell 700 Ableger und die Verwaltungsbereiche. 3.200 von 12.000 Stellen sollen im Privat- und Firmenkundengeschäft wegfallen. Vermutlich wird Cryan auch an die Boni vor allem der Investmentbanker rangehen. „Banker verdienen zu viel“, sagt der Brite.