Subventionen für Airbus und Boeing: Neue Stufe im Handelsstreit zwischen EU und USA
Seit Jahren streiten die USA und die EU um Staatshilfen für Boeing und Airbus. Nun steht die Summe von 11 Milliarden Dollar an Strafzöllen im Raum.
Der Handelsstreit zwischen der EU und den USA hat eine neue Stufe erreicht. Diesmal geht es um Flugzeuge. Und um Bademode, Milchprodukte, Ferngläser, Olivenöl, Orangen, Wein oder auch Meeresfrüchte. Denn diese Produkte des Alltags stehen auf einer Liste mit EU-Gütern, auf die bald Abgaben in Höhe von rund elf Milliarden US-Dollar (9,8 Milliarden Euro) gelten sollen. Das entsprechende 14-seitige Dokument hat der US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer veröffentlicht, US-Präsident Donald Trump sekundierte es in gewohnter Manier mit einem Tweet: „Die EU hat die USA im Handel jahrelang ausgenutzt. Bald ist Schluss damit.“
Grund für die neuerliche Eskalation sind jedoch nicht die Alltagsprodukte selbst, sondern ein seit Jahren schwelender Konflikt um Beihilfen für die Flugzeugbauer Airbus und Boeing. Europa und die USA werfen sich gegenseitig vor, ihr jeweiliges Luftfahrtunternehmen unrechtmäßig zu fördern. Doch das Momentum liegt auf der Seite der Europäer: Ende März hatten die USA in letzter Instanz vor der Welthandelsorganisation (WTO) eine Schlappe erlitten. Die US- Regierung habe nicht wie gefordert sämtliche steuerliche Begünstigungen für den US-Flugzeugbauer zurückgenommen, hatte die WTO-Berufungsgremium damals mitgeteilt. Die Entscheidung hatte auch den Weg für EU-Vergeltungsmaßnahmen freigemacht.
Noch 2018 hatte es allerdings anders ausgesehen. Damals hatte die Welthandelsorganisation zugunsten der USA geurteilt. Sie befand, dass die EU nicht der Forderung nachgekommen sei, alle entsprechenden Beihilfen für Airbus einzustellen. Die USA sehen das noch immer so. 2012 wiederum war eine Reihe staatlicher Milliardenbeihilfen in den USA für Boeing als illegal eingestuft worden. Der Konflikt schwelt bereits seit 2004.
Trump droht noch immer mit Zöllen auf BMW und Mercedes
Die EU-Kommission, die sich aufgrund des jüngsten Urteils im Recht sieht, bereitet nach eigenen Angaben nun Gegenmaßnahmen vor. Sie bezeichnete die angedrohten Zölle als „stark überzogen“. Die vom US-Handelsbeauftragten genannten Werte basierten lediglich auf internen Schätzungen der USA, die nicht von der WTO erstellt worden seien, erklärte ein Kommissionssprecher.
Die Spirale des Handelsstreits dreht sich damit weiter. Die US-Regierung hatte schon im vergangenen Jahr Zölle für europäische Stahl- und Aluminiumimporte erhoben, woraufhin die EU mit höheren Zöllen auf US-Produkte wie Whiskey und Jeans reagierte. Trump droht zudem nach wie vor mit Sonderzöllen auf Autos aus der EU, die vor allem BMW, Daimler und VW treffen würden.
Im vergangenen Sommer hatte EU- Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker allerdings eine Art Waffenstillstand erzielt: Er und Trump vereinbarten Vorgespräche für ein Handelsabkommen zu Industriegütern einschließlich Autos. Die EU sicherte dabei zu, ihre Einfuhren von Flüssiggas und Soja aus den USA deutlich zu erhöhen.
Parallel zu den Drohungen geben sich beide Seiten auch im aktuellen Fall kompromissbereit. Lighthizer erklärte, die USA wollten eine Vereinbarung mit der EU über ein Ende aller Subventionen für Flugzeuge, die die Regeln der WTO verletzten. Sollte die EU die aus US-Sicht unerlaubten Beihilfen beenden, könnten die zusätzlichen Vergeltungszölle auf EU-Waren wieder aufgehoben werden.
Deutsche Wirtschaft ist besorgt
Dem Bundeswirtschaftsministerium zufolge ist auch die EU an einer einvernehmlichen Lösung interessiert. „Die EU ist offen für das Dialogangebot der USA, um zu einer fairen Lösung zu kommen“, sagte eine Sprecherin. Allerdings werde die WTO erst im Sommer über den Fall entscheiden – und auch über den Umfang möglicher Sanktionen. Airbus wehrt sich indes gegen den Vorwurf ungerechtfertigter Subventionen. Es gebe keinen rechtlichen Grund für die von den USA angekündigten Vergeltungsmaßnahmen, teilte der Flugzeugbauer mit. Deren Umfang sei weit übertrieben und nicht von den USA, sondern von der Welthandelsorganisation zu bestimmen.
In der deutschen Wirtschaft sorgt die Eskalation für Unruhe – die USA sind größter Abnehmer von Waren „Made in Germany“. „Strafzölle sind hier keine Lösung des Problems, sondern führen nur zu einer Spirale der Abschottung“, warnte Ulrich Ackermann vom Verband der Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA). DIHK-Präsident Eric Schweitzer erklärte, die USA und Europa sollten jetzt einen kühlen Kopf bewahren und auf Deeskalation setzen. „Für beide Seiten gibt es nichts zu gewinnen.“ An der Börse war schon gestern zu spüren, in welche Richtung ein Handelsstreit die Kurse drücken würde. Der Airbus-Titel verlor rund zwei Prozent. Auch Papiere von Zulieferern und Luxusgüterkonzernen standen unter Druck – ebenso wie die von Boeing.
Speziell für den US-Flugzeugbauer kommt die neuerliche Krise zur Unzeit. Seit den Abstürzen von zwei 737- MAX-Maschinen dürfen Flugzeuge dieses Typs derzeit weltweit nicht mehr abheben. Als Konsequenz musste Boeing bereits die Produktion drosseln. Zwar arbeitet das Unternehmen an einem Softwareupdate, das die US-Luftfahrtbehörde FAA allerdings erst genehmigen muss. Das kann nach deren Angaben Wochen dauern. (mit AFP/rtr/dpa)