Tarifstreit: Nahles will bei den Kleingewerkschaften durchgreifen
Gewerkschaften sollen sich künftig stärker auf eine gemeinsame Linie verständigen. So steht es im Gesetzentwurf der Arbeitsministerin.
Arbeitsministerin Andrea Nahles will die Macht kleinerer Gewerkschaften in Tarifkonflikten einschränken. Die SPD-Politikerin legte dazu am Dienstag einen Gesetzentwurf vor, der voraussichtlich Mitte nächsten Jahres in Kraft treten soll. Ziel ist es, dass konkurrierende Gewerkschaften stärker als bisher dazu gebracht werden, sich auf eine gemeinsame Linie zu verständigen. Gelingt das innerhalb eines Betriebs nicht, soll künftig das Mehrheitsprinzip gelten: Im Streitfall soll für eine bestimmte Berufsgruppe der Tarifvertrag der Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern gelten.
Mit der Neuregelung sollen künftig auch Konflikte vermieden werden, wie sie derzeit bei der Deutschen Bahn ausgetragen werden. Dort will die Lokführergewerkschaft GDL einen eigenen Tarifvertrag für die bei ihr organisierten Zugbegleiter durchsetzen. Für diese war bisher die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG zuständig. Die EVG und die Bahn lehnen das ab, daher griff die GDL zuletzt zum Mittel des Streiks.
Gewerkschaften sollten häufiger Tarifgemeinschaften gründen
Nahles hofft, dass durch die geplanten Gesetzesänderungen die Kooperationsbereitschaft zwischen den Gewerkschaften steigen wird. Diese können „Tarifkollisionen“ etwa dadurch vermeiden, dass sie eine Tarifgemeinschaft bilden und gemeinsam verhandeln. Sie können sich außerdem absprechen, dass ihre Tarifverträge für verschiedene Arbeitnehmergruppen gelten sollen (wenn etwa der Marburger Bund für die Ärzte in einem Krankenhaus einen Tarifvertrag aushandelt und Verdi für das Pflegepersonal). Außerdem sollen Gewerkschaften die Möglichkeit haben, den Tarifvertrag der Konkurrenz zu übernehmen.
Die Arbeitsministerin versicherte, das Streikrecht bleibe durch ihre Pläne „unangetastet“. Ein Teil der Gewerkschaften sieht das jedoch anders. Sie sehen das im Grundgesetz geschützte Recht der Koalitionsfreiheit gefährdet, das es Arbeitnehmern ermöglicht, sich zur Wahrung ihrer Interessen in Gewerkschaften zusammenzuschließen. Mehrere Gewerkschaften haben deshalb bereits im Vorfeld angekündigt, dass sie eine Überprüfung des Gesetzes durch das Bundesverfassungsgericht herbeiführen wollen.
Faktisch müssten künftig die Arbeitsgerichte über Streiks entscheiden
Nahles hingegen zeigte sich zuversichtlich, dass das Gesetz in Karlsruhe Bestand haben werde. Nach längeren Beratungen mit den Verfassungsressorts und dem Kanzleramt in den vergangenen Monaten hatte die Arbeitsministerin sich dagegen entschieden, im Gesetzentwurf einen aktiven Eingriff ins Streikrecht festzuschreiben. Faktisch läuft der Entwurf nun darauf hinaus, dass am Ende die Arbeitsgerichte entscheiden werden, ob ein Streik zulässig ist oder nicht.
Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund hielt Nahles ein Täuschungsmanöver vor. Die Beschneidung des Streikrechts werde bewusst geleugnet, um den Rückhalt des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) für das Gesetz nicht zu gefährden, sagte der MB-Vorsitzende Rudolf Henke. Der Beamtenbund warf Nahles „politische Feigheit“ vor. Ihr Gesetzentwurf verlagere alle problematischen Fragen von der Gesetzgebung auf die Rechtsprechung, erklärte der Chef des Beamtenbunds, Klaus Dauderstädt. Auch die Pilotenvereinigung Cockpit sprach von einer „Form von Rechtsunsicherheit“.
Das Gesetz soll Mitte 2015 in Kraft treten
Die Arbeitgeber hingegen begrüßten die Pläne. Wenn eine Gewerkschaft, die nur eine kleine Minderheit der Arbeitnehmer vertrete, ein ganzes Unternehmen stilllegen könne, zeig dies, dass es um eine missbräuchliche Ausnutzung einer Gesetzeslücke gehe, sagte BDA-Präsident Ingo Kramer. „Das Risiko, jederzeit einem Arbeitskampf durch kleine Gewerkschaften ausgesetzt zu sein, würde langfristig die Tarifautonomie gefährden.“
Das Bundesarbeitsgericht hatte 2010 das Prinzip der Tarifeinheit (ein Betrieb, eine Gewerkschaft, ein Tarifvertrag) gekippt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte noch im selben Jahr eine gesetzliche Regelung der Tarifeinheit in Aussicht gestellt. In der vergangenen Wahlperiode scheiterte dies jedoch auch am Widerstand der FDP. Das Kabinett soll nun am 3. Dezember das Gesetz auf den Weg bringen, das zum 1. Juli 2015 in Kraft treten soll.
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