Zurück ins Arbeitsleben: Nach der Haft
Uli Hoeneß geht bald ins Gefängnis. Wirtschaftskriminelle wie er müssen nicht nur ihre Strafe absitzen, sondern danach auch wieder Fuß fassen in der Arbeitswelt – unter ganz speziellen Auflagen.
Spätestens Mitte Mai ist es für Uli Hoeneß so weit und der ehemalige Manager des FC Bayern München muss in Landsberg am Lech seine Haft antreten. Dreieinhalb Jahre hat er bekommen für die Hinterziehung von 28,5 Millionen Euro Steuern. Bei guter Führung kommt er vielleicht früher raus.
Hoeneß ist der wohl prominenteste Steuerbetrüger Deutschlands. Dabei ist es gar nicht so selten, dass Kriminelle wegen Steuerbetrugs ins Gefängnis wandern. Allein im Jahr 2012 wurden in Berlin 128 Menschen deshalb zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Durchschnittlich bekamen sie laut Senatsverwaltung 18 Monate – je nach Fall mit oder ohne Bewährung.
Im Vergleich zu den dreieinhalb Jahren, die Hoeneß bekommen hat, scheint das nicht viel: Das liegt daran, dass in der Spreestadt, die ja gemeinhin als arm gilt, Wirtschaftsdelikte wie Steuerhinterziehung oder Insolvenzverschleppung eher selten mit unübersichtlich vielen Millionen auf den eigenen Konten zu tun haben. Wirtschaftskriminelle in Berliner Gefängnissen, das sind meistens „kleine“ Selbstständige oder Handwerker, berichtet ein Sozialarbeiter aus der Freien Straffälligenhilfe. Aufgrund seiner Vertrauensposition will er nicht namentlich genannt werden. Es sind Unternehmer, die keine Aufträge mehr bekommen, die sich verkalkulieren und ihren Laden retten wollen. Ab und an nur komme einmal jemand aus der Chefetage.
Doch die Strafe abzusitzen, das ist nur eine der Herausforderungen, denen sich die Verurteilten stellen müssen. Wie Hoeneß in Bayern müssen Wirtschaftskriminelle in Berlin ihre Tat mit Dieben oder auch Gewaltverbrechern absitzen. Es gibt für sie keine eigenen Haftanstalten.
Haben sie die Zeit hinter Gittern endlich hinter sich, wartet die nächste Herausforderung: Sie müssen zurück ins Arbeitsleben finden. Das gehört zu den wichtigsten Zielen der „Resozialisierung“. Der Begriff steht für das Wiedereingliedern in die Gesellschaft. Am besten, man verliert diese Kontakte aber gar nicht erst, raten Experten. Im Berliner Strafvollzug gibt es dafür mehrere Optionen.
Am besten, man bleibt in Haft berufstätig
Wenn jemand aus einer Berufstätigkeit heraus ins Gefängnis kommt oder „draußen“ ein eigenes Unternehmen geführt hat, soll er nach Möglichkeit während der Haft berufstätig bleiben. Wer keine Gefährdung darstellt und keine Suchtprobleme hat, der hat laut Annette Linkhorst, Rechtsanwältin für Strafrecht, Strafvollstreckung und Strafvollzug, gute Chancen direkt in den offenen Vollzug zu kommen. Von dort aus kann er nach einer Prüfungszeit von in der Regel zwei Wochen wieder außerhalb des Gefängnisses arbeiten. Voraussetzung dafür ist: Die Arbeit darf nicht im Zusammenhang mit der begangenen Straftat stehen.
Die so genannten Freigänger gehen in der Früh vom Gefängnis zur Arbeit und kehren abends zur vereinbarten Zeit wieder zurück. Der Arbeitgeber schließt dazu einen Vertrag mit der Justizvollzugsanstalt. An diese wird auch das Gehalt überwiesen. Freigänger werden an ihrem Arbeitsplatz kontrolliert. Die Missbrauchsquote liegt laut Linkhorst aber im Promillebereich.
Auch Hoeneß wird voraussichtlich bei guter Führung Freigang haben.
Im Gerüstbau sind Freigänger gern gesehen
In manchen Berufen sind Freigänger gern gesehen, im Gerüstbau zum Beispiel, weil sie als zuverlässig gelten. Auch in Zeitarbeitsfirmen haben sie ganz gute Chancen, eingestellt zu werden.
Auch eine Weiterbildung bei einem externen Bildungsanbieter ist als Freigänger möglich, wenn die Justizverwaltung und die Agentur für Arbeit sie genehmigen. Ein Cutter, der in Berlin wegen eines Gewaltverbrechens einsaß, hat sich so zum Beispiel bei einem externen Anbieter in Tontechnik weiter qualifiziert.
Direkt in den Justizvollzugsanstalten kann man sich zum Koch, zum Maler, KFZ-Mechaniker oder Gebäudereiniger ausbilden lassen. Auch ein Fernstudium aus dem Gefängnis heraus ist möglich, in Betriebswirtschaft oder Jura etwa. Die Kosten sind allerdings selbst zu tragen und der Gefangenenlohn, der bei Arbeit oder bewilligter Weiterbildung bezahlt wird, entfällt.
Die Offenheit der Arbeitgeber gegenüber ehemaligen Häftlingen ist sehr unterschiedlich, weiß der Sozialarbeiter der Freien Straffälligenhilfe. Großunternehmen verlangen standardmäßig ein polizeiliches Führungszeugnis, das die Länge der Haftstrafe und die Haftgründe nennt. In kleineren Unternehmen werde nicht immer danach gefragt.
Auch manche Stellenausschreibungen fallen für ehemalige Häftlinge weg. Eine Führungsposition etwa ist schwer mit einer verbüßten Haftstrafe vereinbar, meint Ludger Ramme vom Deutschen Führungskräfteverband Ula. Eine Verurteilung wegen Betrug und Wirtschaftskriminalität seien ein „ K.-o.-Kriterium“. Anders verhalte es sich bei kleineren Geldbußen, etwa bei leichten Steuervergehen wie fahrlässig fehlerhaften oder zu spät eingereichten Einkommenssteuererklärungen. „Solche Bußgelder können oft einmal vorkommen und beinhalten nicht die kriminelle Energie, die zum Vertrauensverlust für Führungsaufgaben führt“, sagt Ramme.
Manche Positionen sind sogar per Gesetz ausgeschlossen: Wer wegen Insolvenzverschleppung, Betrug oder Untreue zu einer einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, ist für fünf Jahre als Geschäftsführer oder Mitglied im Vorstand einer Aktiengesellschaft gesperrt. Je nach Straftat kann ein Gericht auch das Ausüben bestimmter Berufe untersagen.
Der erfahrene Manager Hoeneß könnte nach seiner Haft vielleicht doch sehr schnell wieder einen Führungsposten übernehmen, in der Wurstfabrik, die er vor Jahren an seinen Sohn Florian übergeben hat, zum Beispiel.
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