zum Hauptinhalt
Im Schatten von BMW. Lange Zeit schien es nicht vorstellbar, dass die Automesse in räumlicher Nähe des bayerischen Automobilherstellers stattfinden könnte. Nun will der Konzern während der IAA sein Logo überdecken.
© picture alliance/dpa

Entscheidung über die Internationale Autoausstellung IAA: München gewinnt gegen Berlin

Berlin unterliegt im Standortwettbewerb. Geld, Politik und Sicherheit geben den Ausschlag für Bayern.

Die Ansage eines Vertreters der Autoindustrie war deutlich: „Wir machen doch nicht die Vorgruppe für das Oktoberfest!“ Die Internationale Autoausstellung (IAA) Anfang September in München stattfinden zu lassen, ein paar Tage vor dem Volksfest, war vor vier Wochen undenkbar. Aus einem Bewerberfeld von sieben Städten hatte der Verband der Autoindustrie (VDA) damals eine Vorauswahl getroffen: München, Hamburg und Berlin kamen auf die Shortlist für die Leitmesse der internationalen Autoindustrie.

"Berlin will die IAA nicht"

Seitdem ist etwas passiert. Vor ein paar Tagen antwortete ein Branchenvertreter auf die Frage, ob Berlin die IAA bekomme: „Wieso? Berlin will die doch gar nicht.“ Diese These stützt sich auf das Verhalten der Berliner Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) und der Berliner Grünen, die keine Automesse möchten. Ganz anders die Bayern. „Bitte kommt nach München, wir wollen Euch hier“, hatte Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) an die Autoindustrie appelliert und dazu mit einem großen Schein gewunken: Der Freistaat stellt 15 Millionen Euro für die IAA zur Verfügung. In Hamburg und in Berlin dagegen gibt es keinen Cent aus dem Landeshaushalt. Am Dienstag hat der VDA-Vorstand schließlich für München votiert.

Der Verband teilte mit, München biete die besten Voraussetzungen für „intelligente Verkehrskonzepte und innovative Vernetzung der Verkehrsträger“. Die Stadtverwaltung verfolge seit Jahren die Entwicklung zu einer „Smart City“ in nahezu „allen Bereichen des täglichen Lebens“. Schließlich verfüge München über „eine außerordentlich gute Verkehrsinfrastruktur und Anbindung an globale Ziele“. Zum Thema Geld teilte der Autoverband nichts mit. Dabei war Geld wichtig im Entscheidungsprozess, dazu Sicherheit und am Ende auch Stimmung.

"Berlin ist autofeindlich"

„Berlin ist eine total autofeindliche Stadt“, sagte ein VDA-Vorstandsmitglied dem Tagesspiegel. Und dazu in einer geografischen „Randlage“. Um die Stadt herum sei Ödnis, und ob die Ansiedlung von Tesla im Umland als Vor- oder Nachteil der Berliner Bewerbung gewirkt hat, ist offen. Fakt ist: Die reiche Region München zieht vor allem die Vertriebsleute der Hersteller an. Die Landkreise mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen Deutschlands befinden sich dort.

Das Münchner Messegelände ist hochmodern, der Flughafen funktioniert. Doch München ist die Heimatstadt von BMW, und eine Teilnahme von Mercedes, Audi und Porsche im Schatten der BMW-Zentrale war lange nicht vorstellbar. BMW will nun das eigene Logo am Gebäude während der IAA überdecken. Und das ursprünglich für den Open- Space-Bereich der neuen IAA vorgesehene Olympiagelände, das neben BMW<TH>liegt, wird ersetzt von Schauplätzen mitten in der Stadt: Odeonsplatz, Wittelsbacherplatz und Königsplatz sollen auch Orte der IAA werden. Und gewissermaßen das Brandenburger Tor ersetzen.

"Berlin ist zu radikal"

Das Berliner IAA-Konzept stach mit einer Eröffnung der Messe vor dem Tor und einem Eröffnungkonzert auf der Autofanmeile zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule heraus. „Das ist vielen zu radikal“, heißt es dazu in der Industrie. „Berlin steht für einen tiefen Bruch.“ Doch viele wollen keinen Bruch, sondern eine Ausstellung mit vielen Besuchern. Und da sei man in München auf der sichereren Seite. Die IAA fand seit den 1950er Jahren in Frankfurt am Main statt. Wie die Branche auch war die Messe in die Krise geraten; im vergangenen September kamen deutlich weniger Aussteller und Besucher. Die IAA sollte deshalb an einem neuen Ort neu aufgestellt werden.

Berlin lag vorn

„Berlin ist Neuanfang. Ohne weiteren Kommunikationsbedarf. National und international“, hatte Christian Göke argumentiert, der Chef der landeseigenen Messe Berlin, der das Konzept für die neue IAA entwickelt hat. Unter der Leitung Michael Müllers hatte die Berliner Bewerbungsmannschaft inklusive Jürgen Klinsmann am 23. Januar in der VDA- Zentrale am Bebelplatz die neue IAA präsentiert. Und dabei, so war anschließend zu hören, am besten abgeschnitten. Neben den Messehallen unter dem Funkturm und der Straße des 17. Juni hatte Göke den Sommergarten als Offroad-Parcour, die Avus für Oldtimer und das Tempelhofer Feld für die Formel E als Schauplätze vorgeschlagen. Weitere Stärken Berlins: die Start-up-Szene, die Forschungs- und Wissenschaftslandschaft sowie der Sitz der Regierung. Allein: Es hat nicht gereicht, um die Bedenken zu überwinden.

„Angesichts der jüngsten wirtschaftspolitischen Entscheidungen des Senats ist es dringend geboten, dass Berlin an seiner Ausstrahlung als Wirtschaftsstandort arbeitet“, kommentierte IHK-Präsidentin Beatrice Kramm die Niederlage Berlins. „Wenn man Veranstalter nicht mit finanziellen Anreizen locken will oder kann, ist es umso wichtiger, dass alle Beteiligten im Interesse der Stadt zusammenstehen.“

Zur Startseite