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Achim Wambach ist Vorsitzender der Monopolkommission, die das Bundeswirtschaftsministerium in Wettbewerbsfragen berät, und Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW).
© dpa - Bildfunk

Lufthansa kauft Air Berlin?: Monopolkommission erwartet Auflagen aus Brüssel

Der Ökonom Achim Wambach, Vorsitzender der Monopolkommission, über die Frage, welche Slots Lufthansa von Air Berlin kaufen kann. Ein Interview

Professor Wambach, es sieht so aus, als ob die Lufthansa den Großteil der Start- und Landerechte von Air Berlin bekommt. Die Lufthansa hat aber schon jetzt die größten Marktanteile in Deutschland. Was heißt das für den Wettbewerb, wenn die Lufthansa noch größer wird?
In Deutschland ist die Lufthansa Marktführerin. Auf vielen Strecken ist Air Berlin die einzige Konkurrentin. Da sehe ich durchaus Probleme. Aber die Europäische Kommission muss der Übernahme zustimmen und wird eine wettbewerbsrechtliche Analyse durchführen. In den Bereichen, in denen es Probleme gibt, wird die Kommission entsprechende Bedingungen an eine Freigabeentscheidung knüpfen.

Das heißt, die Lufthansa müsste dann im Nachhinein wieder Strecken abgeben?
Ich vermute, dass die Beteiligten das schon während der Verhandlungen im Blick haben. Es würde die Sache erschweren, wenn problematische Strecken im Übernahmepaket wären.

Strecken, auf denen neben der Lufthansa nur noch Air Berlin unterwegs ist, sind also für die Lufthansa tabu?
So einfach ist das nicht. Nehmen Sie die Strecke München–Frankfurt oder andere Verbindungen. Hier könnte die Bahn, insbesondere auf ihren ICE-Strecken, der Lufthansa Konkurrenz machen. Man muss schon eine gründliche Analyse durchführen, in die alle Alternativen einfließen.

Wettbewerbsverfahren dauern oft sehr lange. Wann haben die Beteiligten Klarheit?
Man muss zwischen den verschiedenen Verfahren unterscheiden. Missbrauchsverfahren wie etwa das gegen Google können jahrelang dauern. Die Fusionskontrolle unterliegt dagegen strengen gesetzlichen Fristen. Hat die zuständige Behörde keine Wettbewerbsbedenken gegen einen Zusammenschluss, kann eine Freigabeentscheidung schon innerhalb eines Monats erfolgen.

Aber dennoch hängen die Käufer ja erst einmal in der Luft, weil sie nicht wissen, ob sie die Slots behalten dürfen.
Ja. Aber sie können auch schon vorher Gespräche mit den Wettbewerbsbehörden führen und sie nach deren Einschätzung befragen. Das ist üblich und sinnvoll, weil man ja Flugtickets für die Zukunft verkauft und auch die Kunden eine gewisse Sicherheit brauchen.

Es gibt zahlreiche kleinere Interessenten für Air Berlin. Wäre es für den Wettbewerb nicht besser, ein solcher Außenseiter käme bei der Übernahme von Air Berlin oder Teilen der Airline zum Zuge?
Der Gläubigerausschuss von Air Berlin will eine gute Lösung für die Gläubiger, also für die Banken und Unternehmen, die Kredite gegeben haben, und die Mitarbeiter. Diese Lösung muss sich aber im Rahmen des geltenden Wettbewerbsrechts halten.

Drücken die Wettbewerbsbehörden ein Auge zu, weil Air Berlin Insolvenz angemeldet hat?
In einem Zusammenschlussverfahren können die beteiligten Unternehmen vortragen, dass es sich um eine Sanierungsfusion handelt. Dafür bestehen aber hohe Voraussetzungen: Das Unternehmen darf ohne die Fusion nicht überlebensfähig sein – das wäre bei Air Berlin der Fall – und es darf keine Erwerbsalternative geben, die weniger schädlich für den Wettbewerb wäre. Bei Air Berlin gibt es aber andere Interessenten für die Start- und Landerechte.

Kritiker behaupten, das Ganze sei ein abgekartetes Spiel. Schon mit dem Wechsel von Thomas Winkelmann von der Lufthansa zu Air Berlin sei klar gewesen, dass die Lufthansa zum Zuge kommen wird. Sehen Sie das auch so?
Wenn es der Lufthansa gelingt, in wettbewerbskonformer Weise Teile ihres Wettbewerbers zu kaufen, ist dies erlaubt und es handelt sich um ein normales wirtschaftliches Vorgehen. Wenn sich der Gläubigerausschuss für die Lufthansa entscheiden sollte und die insolvenzrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind, ist gegen diese Entscheidung nichts zu sagen. Der Vorwurf, das alles sei abgekartet, richtet sich ja eher gegen die Politik. Die Politik hat sich sehr früh zugunsten der Lufthansa geäußert, das war durchaus überraschend.

War es richtig von der Bundesregierung, Air Berlin mit dem 150-Millionen-Euro-Kredit zu stützen?
Mitte August in der heißen Phase stand die Bundesregierung unter einem enormen Druck. Es waren Sommerferien, die Tickets waren verkauft, und es galt, Passagiere auch aus dem Ausland zurück nach Deutschland zu transportieren. Die EU-Kommission hat inzwischen den staatlichen Kredit für Air Berlin genehmigt. Grundsätzlich sollten staatliche Beihilfen aber auch in Fällen der Insolvenz nur sehr zurückhaltend eingesetzt werden. Man sollte es Unternehmen nicht zu leicht machen, in die Insolvenz zu gehen.

Nach der Insolvenz von Air Berlin sind Flugtickets teurer geworden. Bleibt das so oder ist das ein Übergangsphänomen?
Wenn Flüge wegfallen und die Slots nicht vergeben werden, kann es zu Erhöhungen kommen. Wenn aber die Slots genutzt werden, damit neue Unternehmen in den Markt eintreten, könnten die Preise sogar sinken.

Das Interview führte Heike Jahberg

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