Preistricksereien im Handel: "Mogelpackungen" nicht nur bei Zahnpasta
Zahlreiche Konsumgüterhersteller tricksen bei der Verpackung, beim Inhalt und beim Preis ihrer Produkte. Verbraucher können sich kaum dagegen wehren.
„Gleicher Preis bei weniger Inhalt: Da streiken wir!“, lässt die Drogeriekette dm per Schildchen am Regal derzeit ihre Kunden wissen. Wo eigentlich die Zahnpasta Dentagard stehen sollte, klafft eine Lücke, die Zahncreme ist im Moment in keiner der knapp 1700 Filialen in Deutschland erhältlich. Und das wird auch bis auf Weiteres so bleiben, heißt es bei dm.
Hersteller Colgate-Palmolive hatte den Inhalt der Tube bei gleichem Preis verringert
Colgate-Palmolive, der Hersteller von Dentagard, hatte den Inhalt der Tube von 100 Milliliter auf 75 Milliliter reduziert, verlangte aber immer noch denselben Preis. Diesen verdeckt erhöhten Preis wollte Deutschlands größte Drogeriekette nicht unkommentiert lassen und stellte den Hersteller bloß – ein PR-Desaster für Colgate-Palmolive. „Ich denke, das wird einen drastischen Umsatzeinbruch für Dentagard zur Folge haben“, sagt Armin Valet, Ernährungs- und Lebensmittelexperte bei der Verbraucherzentrale in Hamburg. Er beschäftigt sich schon länger mit Verpackungsdesign, schrumpfenden Füllmengen und verdeckten Preiserhöhungen bei Lebensmitteln und Kosmetik. Die Verbraucherschützer führen auch seit mehreren Jahren eine Liste über solche „Mogelpackungen“, wie sie es nennen.
Die Produzenten schrauben kontinuierlich an den Füllmengen
Ob Marmelade, Brotaufstrich, Katzenfutter, Säfte oder auch Windeln, die Hersteller schrauben kontinuierlich an den Füllmengen. Colgate-Palmolive ist also bei Weitem nicht der erste Konzern, der das tut. Und legal ist es außerdem. Trotzdem hielt sich Colgate-Palmolive am Mittwoch sehr bedeckt: Es sei üblich, „Abgabepreise an den Handel an steigende Kosten anzupassen“, hieß es dort. Darüber hinaus: kein Kommentar.
dm verteidigt das drastische Vorgehen
Die Drogeriekette dm verteidigte ihr drastisches Vorgehen. Der Vorsitzende der Geschäftsführung, Erich Harsch, unterstrich den Anspruch, auch in Zukunft „der günstigste Anbieter von Drogeriewaren zu sein“. Man wolle „diese Preiserhöhung nicht an unsere Kunden weitergeben“. Das klingt gut, doch in der Vergangenheit war dm da nicht so zimperlich. Denn seit im Jahr 2009 die Standardgrößen bei Verpackungen EU-weit abgeschafft worden sind, kann sich theoretisch jeder Hersteller selbst aussuchen, wie viel seines Produktes er in eine Packung füllt. Mittlerweile gibt es schon 90-Gramm-Schokoladetafeln und Schokoriegel mit dem krummen Gewicht von 23 Gramm. Auf der Hamburger Liste der Mogelpackungen kann man die Schrumpfkuren nachvollziehen: Der Windelhersteller Pampers zum Beispiel ließ den Inhalt seiner Packung seit 2006 in fünf Etappen von 47 auf 31 Windeln schrumpfen. In der Liste sind noch andere Tricks verzeichnet: Kekse kleiner machen, sodass noch dieselbe Anzahl an Keksen drin ist, aber trotzdem die Menge geringer wird, oder – etwas perfider – etwas mehr Produkt in die Packung füllen und den Preis deutlich anheben. So etwas haben auch Hersteller gemacht, die dm im Sortiment hat.
Es gibt kein Gesetz, das die Tricksereien untersagt
Das ist ärgerlich für die Verbraucher, doch es gibt kein Gesetz, dass das untersagt. Es gibt auch kein Gesetz, das regelt, wie oft solche Manipulationen zulässig sind. Betroffen sind vor allem Markenprodukte, hat Valet beobachtet. Preiskämpfe würden gern bei Produkten wie Milch, Butter oder Kaffee ausgetragen, bei Markenprodukten seien die Käufer nicht ganz so preissensibel. Außerdem machten sich die Hersteller zunutze, dass Milch und Co. Signalprodukte sind, an denen sich der Käufer bei seiner Einschätzung des Preisniveaus im Laden orientiert. Deshalb bemerken neun von zehn Verbrauchern die verdeckten Preiserhöhungen auch gar nicht, schätzt Valet.
dm will die günstigste Drogeriekette in Deutschland sein
Doch warum lässt dm Colgate-Palmolive gerade jetzt auflaufen? Geschäftsführer Harsch deutet es nur an: dm will der günstigste unter den Drogeriemärkten in Deutschland sein – und will, dass das alle wissen. Auf diese Weise versucht die Kette, sich gegen die Supermärkte zu positionieren, die mehr und mehr Drogerieprodukte in ihr Sortiment aufnehmen. Gerade Aldi bietet mittlerweile viel Kosmetik an.
Märkte müssen nur die Grundpreise der Produkte angeben
So richtig schützen können Verbraucher sich gegen die Preistricksereien nicht. Zwar sind die Märkte verpflichtet, die Grundpreise der Produkte anzugeben, doch dann müsste sich der Käufer Grundpreis und Füllmenge schon zuvor gemerkt haben – von allen Produkten, die er regelmäßig kauft. Verbraucherschützer fordern deshalb mehr Transparenz, vielleicht mithilfe einer neutralen Plattform, auf der man nachschauen kann, was der Hersteller geändert hat und ob das Produkt teurer geworden ist. Verbraucherschützer Valet empfiehlt auch, sich einfach mal bei den Herstellern zu beschweren, wenn einem so etwas auffällt.
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