Griechenlandkrise: Mit voller Börse in die Pleite
Athens Staatskassen sind leer, doch im Land ist immer mehr Bargeld im Umlauf. Für die Banken und den Staat ist das gefährlich, denn es fehlt ihnen an Liquidität. Doch das nährt nur das Misstrauen der Sparen und lässt sie weiter Geld von ihren Konten abziehen.
Griechenland steht kurz vor der Pleite. Um Renten und Gehälter zu zahlen, musste der Finanzminister jetzt sogar die Barreserven der Städte und Gemeinden, der Krankenhäuser, Universitäten und anderer öffentlicher Körperschaften quasi konfiszieren. Schon in der kommenden Woche steht die nächste Tilgung an, Griechenland wird über 710 Millionen Euro für einen Kredit aus dem Jahr 2010 an den Internationalen Währungsfonds überweisen müssen. Dafür reicht das Geld laut Vize-Finanzminister Dimitris Mardas zwar gerade noch, doch spätestens im Juni dürfte angesichts von unaufschiebbaren Zahlungsverpflichtungen von rund 3,5 Milliarden Euro die Kasse leer sein.
Wie passt zu dieser finanziellen Notlage, dass jetzt in Griechenland mehr Bargeld denn je im Umlauf ist? Der Bestand an Euroscheinen und -münzen in Griechenland hat sich von 30,1 Milliarden Euro im November 2014 auf 43 Milliarden im April 2015 rasant erhöht. Das aktuelle Bargeldvolumen entspricht immerhin rund 25 Prozent des griechischen Bruttoinlandsprodukts (BIP). In anderen Euro-Staaten machen Bargeldbestände nur maximal zehn Prozent des BIP aus.
Aus Angst vor dem Grexit heben die Bürger ihr Geld ab
Tatsächlich bedingt die klamme Staatskasse den Barwahn – und dieser die Pleite. Aus Angst vor dem drohenden Bankrott und einem „Grexit“, also dem Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro, haben Unternehmen und Privatkunden in den vergangenen sechs Monaten rund 35 Milliarden Euro von den Banken abgezogen. Allein im Monat April verringerten sich die Einlagen der griechischen Geschäftsbanken um knapp fünf Milliarden Euro. Der Regierungsdekret, nach dem öffentliche Einrichtungen ihre Vermögen der Zentralregierung zur Verfügung stellen mussten, hat den Schwund noch verstärkt.
Firmen und manche private Anleger transferieren verfügbare Gelder meist auf Konten im Ausland oder kaufen als sicher geltende Wertpapiere, zum Beispiel Bundesanleihen. Doch ein Großteil der griechischen Einlagen bleibt im Land und wird in Schließfächern, privaten Safes, Truhen, Schreibtischschubladen gehortet. So verwandelt sich in Griechenland immer mehr Buchgeld in Bargeld. Die Europäische Zentralbank (EZB) muss immer mehr Banknotenpakete aus Frankfurt nach Athen fliegen lassen.
Das gebunkerte Geld fehlt der Wirtschaft – und würgt die Konjunktur ab
Für die Banken und die griechische Wirtschaft ist diese Bargeldflut äußerst problematisch. Denn ein Großteil der Banknoten befindet sich nicht im Geldkreislauf sondern wird gebunkert. Weil die Geschäftsbanken immer weniger Einlagen haben, können sie keine neuen Kredite vergeben. Das verschärft die Liquiditätsklemme der Wirtschaft und würgt die Konjunktur ab. Einlagen von knapp 132 Milliarden Euro stehen ausgereichte Kredite von 213 Milliarden gegenüber. Ein Missverhältnis, dass noch problematischer erscheint, wenn man bedenkt, dass infolge der Krise im Durchschnitt etwa 35 Prozent der Kredite nicht mehr bedient werden.
Die griechischen Banken sind inzwischen fast vollständig auf Geldspritzen der nationalen Notenbank angewiesen. Die EZB, die der Vergabe dieser Notkredite (Emergency Liquidity Assistance, kurz Ela) durch die Bank von Griechenland zustimmen muss, hat den Rahmen für die Kreditvergabe diese Woche um weitere zwei Milliarden Euro erhöht. Insgesamt belaufen sich die Ela-Kredite damit jetzt auf 78,9 Milliarden Euro.
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