Trump droht Mexiko: Mit Strafzöllen gegen Migranten
Der US-Präsident will Einfuhren aus Mexiko verteuern, um Einwanderung zu stoppen. Die Folgen sind unabsehbar – auch für sein Land.
In San Luis Potosí in Zentralmexiko laufen gerade die letzten Vorbereitungen für die Eröffnung des neuen BMW-Werkes. Viele ausländische Unternehmen investieren an diesem Ort, zum Beispiel Volkswagen, Daimler, Toyota und General Motors. An diesem Donnerstag will nun auch BMW mit der Produktion der 3er-Reihe beginnen.
Doch das Fest steht unter einem schlechten Stern. Weil Mexiko angeblich nicht genug gegen die illegale Migration tut, droht US-Präsident Donald Trump seit gut einer Woche mit Strafzöllen auf alle Importe aus dem südlichen Nachbarland. Los gehen soll es mit einer fünfprozentigen Sonderabgabe. Sollte Mexiko nicht einlenken, könnten die Sonderzölle bis Oktober auf 25 Prozent steigen. „Mexiko hat die Vereinigten Staaten über Jahrzehnte ausgenutzt“, meint Trump.
Hektisch verhandelt die mexikanische Regierung seit Tagen mit den Amerikanern. Bisher ohne Erfolg. An diesem Mittwoch traf Außenminister Marcelo Ebrard seinen Counterpart Mike Pompeo, zuvor hatte sich Wirtschaftsministerin Graciela Márquez von US-Handelsminister Wilbur Ross die gleiche Botschaft anhören müssen, die Trump per Twitter abgesetzt hatte: Die USA erwarten sofortige Maßnahmen Mexikos, um den Strom der Migranten aus Drittländern Richtung USA zu unterbinden. „Genug geschwätzt, wir wollen Taten“, twitterte Trump Anfang der Woche. Andernfalls tritt ab kommendem Montag der Strafzoll auf mexikanische Waren in Kraft, der im Juli auf zehn und im Oktober auf 25 Prozent erhöht werden kann.
Für Mexiko ist das eine gefährliche Drohung. 80 Prozent seines Außenhandel wickelt das Land mit den USA ab; Hunderttausende von Arbeitsplätzen hängen am Exportsektor. Der Schaden für Mexiko könnte sich Ökonomen zufolge auf bis zu 30 Milliarden US-Dollar belaufen. Wenngleich die durch den Handelskonflikt in Gang gesetzte Abwertung des mexikanischen Peso die Zölle anfangs kompensieren dürfte, wie der Volkswirtschaftsprofessor Ignacio Martínez vom Labor für Wirtschafts- und Handelsanalyse der staatlichen Universität von Mexiko-Stadt (Unam) errechnet hat.
Hinter der Eskalation steckt der Wunsch Trumps, Mexiko zum sicheren Drittland zu erklären. Doch das lehnt die Regierung kategorisch ab. Der Drohung Trumps begegnete die mexikanische Regierung mit Argumenten und Fakten. Migration und Handel seien zwei Paar Stiefel und Mexiko habe bereits große Anstrengungen unternommen, um die Migration einzudämmen. Zwischen Dezember und Mai seien 80.537 Migranten ausgewiesen und 400 Schlepper festgenommen worden. Ohne diese Maßnahmen würde der Migrantenstrom auf 500.000 Personen jährlich ansteigen, hieß es. Neben verschärften Polizeikontrollen an der Südgrenze nimmt Mexiko seit Jahresbeginn Mittelamerikaner zurück, die in den USA Asyl beantragt haben und deren Prozess noch läuft. Die Kosten dafür werden vor allem auf private und kirchliche Initiativen abgewälzt.
Mexiko will Marshall-Plan für Mittelamerika
Die Strafzölle schadeten nicht nur Mexiko, sondern würden auch für US-Konsumenten die Güter verteuern, warnt die mexikanische Regierung – und denkt gleichzeitig über Gegenmaßnahmen nach, darunter Klagen vor der Welthandelsorganisation (WTO), Lobbying bei US-Handelskammern und im Kongress oder Vergeltungs-Strafzölle auf US-Importe wie Soja und Reis, die das Land leicht anderweitig aus Russland oder Argentinien beziehen könnte.
Wirtschaftsexperten zufolge hätten auch die USA bei einem Handelskrieg viel zu verlieren. Seit Inkrafttreten des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens (Nafta) im Jahr 1994 werden Artikel wie Autos oder elektronische Geräte in integrierten Produktionsketten zwischen Kanada und Mexiko gefertigt und überqueren oft mehrfach die Grenzen, bis sie beim Endverbraucher landen. Für Mexikos Regierung ist klar: Wirtschaftliche Instabilität heizt die Migration sogar noch an. Stattdessen hält sie es für sinnvoller, das Problem an der Wurzel zu bekämpfen und in Mittelamerika, woher das Hauptkontingent der Flüchtlinge stammt, für wirtschaftliche Entwicklung und Sicherheit zu sorgen. Mexiko will einen Marshall-Plan für Mittelamerika über 30 Milliarden US-Dollar. Die USA wollen sich zunächst daran beteiligen, Trump hat aber die Gelder eingefroren und kürzte die bilaterale Hilfe für Honduras, El Salvador und Guatemala.
In Washington stoßen Tramps Strafzölle gegen Mexiko mittlerweile sogar in seinem eigenen Lager auf Widerstand. Es gebe dafür „nicht viel Unterstützung“, sagte der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell. (mit AFP)
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