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Rosige Zukunft für Blaumänner: Der Technikermangel zieht sich laut IAB durch alle Branchen.
© imago/Westend61

Technik-Berufe: Mit Laptop und Rohrzange

2030 werden in ganz Deutschland Techniker fehlen, sagt eine Studie voraus. Welche Berufe man heute lernen muss, um morgen gute Jobchancen zu haben.

Gute Nachrichten für Augenoptikerinnen, Bauzeichner, Chemielaborantinnen, Industriemechaniker, Zahntechnikerinnen und Zweiradmechaniker: Sie sind in einem der rund einhundert technischen Berufe ausgebildet, für sie derzeit beste Chancen auf dem Arbeitsmarkt bestehen. Bei der Jobsuche können sie je nach Region und Spezialgebiet wählerisch sein. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) meldete am Dienstag, dass Techniker im Jahr 2013 mit rund zwei Prozent sogar seltener von Arbeitslosigkeit betroffen waren als Akademiker mit 2,2 Prozent.

Und die Nachfrage nach technisch ausgebildetem Personal wird weiter deutlich zunehmen. Schon jetzt suchen Unternehmen in Süddeutschland, Niedersachsen, Hessen und Thüringen händeringend nach Fachkräften. Das können Kälteanlagenbauer, Verpackungsmittelmechaniker oder Abwassertechnikerinnen sein. Setzen sich die gegenwärtigen Trends fort, wird es 2030 einen bundesweiten Engpass an technischem Personal geben. So sagt es eine im März veröffentlichte weitere Studie des IAB voraus.

Ein Überangebot prognostizieren die Forscher dagegen bei kaufmännischen, Dienstleistungs- und lehrenden Berufen, bei Kaufleuten im Warenhandel sowie bei rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Berufen.

„Die Arbeitsmarktchancen für Techniker sind 2030 ideal. Wer technisch interessiert ist, sollte sich eine entsprechende Berufsausbildung oder ein technisches Studium suchen“, empfiehlt Gerd Zika, einer der Autoren der Studie. Eine Garantie dafür, dass die Voraussagen von heute in 15 Jahren genau so eintreffen, gebe es allerdings nicht. „Die prognostizierten Arbeitsmarktchancen allein sollte niemand zum einzigen Kriterium seiner Berufswahl machen.“

Zum ersten Mal gibt es regionale Prognosen zur Arbeitskräfteentwicklung

Wie sich Angebot und Nachfrage bei bestimmten Berufen entwickeln, hänge vor allem von der demografischen Entwicklung und der Wirtschaftsstruktur in den Regionen ab, so die Autoren der Studie. „Der Geburtenmangel in den vergangenen zwei Jahrzehnten macht sich jetzt auf dem Arbeitsmarkt in vielen Branchen bemerkbar“, sagt Zika. Sein Institut sagt zusammen mit dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) erstmals regionale Ergebnisse zur Arbeitskräfteentwicklung voraus.

Demnach stehen die neuen Bundesländer einschließlich der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg vor besonders großen Herausforderungen. Die Region Ost verzeichnet nach Angaben der Forscher von allen Regionen den größten Bevölkerungsrückgang bis 2030. Daran ändern auch die zehntausenden Neubürger nichts, die jedes Jahr nach Berlin ziehen. Die Geburtenraten sind anhaltend niedrig – und das hat Folgen. Die Azubis, die die Unternehmen in 15 bis 20 Jahren bräuchten, werden gar nicht erst geboren. Hinzu kommt „dass sich heute prozentual mehr Schulabgänger als vor 20, 30 Jahren für ein Studium entscheiden“, erläutert Gerd Zika. „Das ist ein Problem für Betriebe, die viele Arbeitnehmer mit mittlerem Qualifikationsniveau, also einer abgeschlossenen Berufsausbildung, beschäftigen.“ Verschärfend komme hinzu, dass in diesen Betrieben jetzt und in naher Zukunft viele Ältere in den Ruhestand gingen.

In Bayern und Baden-Württemberg dagegen wird – anders als in allen anderen Regionen – die Bevölkerung zunehmen, meinen die Forscher. Das verarbeitende Gewerbe dort werde wohl auch weiterhin der Motor des wirtschaftlichen Wachstums sein. In der Folge könnte es zu einem Überangebot von Fachkräften in Berufen kommen, die Maschinen und Anlagen steuern und warten. Wer dort einen technischen Beruf erlernt, hat im Norden und Osten der Republik dann wohl bessere Chancen auf Lohn und Brot.

Doch nicht für jeden Arbeits- oder Ausbildungsplatz sind die Deutschen bereit, ihren Heimatort zu verlassen. „Sowohl die Binnenwanderung von Arbeitnehmern, als auch die Trends bei der Berufswahl sind schwer vorhersagbar“, sagt Gerd Zika. Daher seien die Prognosen nicht unausweichlich. Je mehr Menschen mobil und beruflich flexibel seien, desto besser ließen sich Engpässe und Überangebote ausgleichen.

Darauf verlassen sollten Betriebe sich indes nicht, meint Zika. „Unternehmen sollten um kluge Köpfe streiten und frühzeitig neue Technologien einführen – Stichwort Industrie 4.0 –, die in Zukunft mit weniger Personal auskommen.“

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