Elektromesse CES: Mit dem Bierbrau-Automaten vor den ausrollbaren Fernseher
Auf der CES, der weltgrößten Produktschau für Unterhaltungselektronik, zeigen die großen Hersteller, womit sie unsere Wohnungen fluten wollen.
Blitze und Donnergrollen auf der großen Bühne des bis auf den letzten Platz mit Journalisten besetzten Ballsaals des Mandalay Bay Hotels in Las Vegas. Dann Dunkelheit und nur noch ein Spot gerichtet auf eine längliche Soundbar-ähnliche Box, aus der plötzlich ein hauchfeiner Bildschirm hochfährt. Darauf knallbunte Landschaften. Es ist der erste ein- und ausrollbare Fernseher. Der koreanische Multimedia-Konzern LG stellt ihn auf der weltgrößten Tech-Ausstellung CES in Las Vegas vor – während die meisten Handy-Hersteller noch am faltbaren Bildschirm tüfteln und Apple gerade mit einem neuen „Bendgate“ ringt beim brandneuen iPad Pro, über dessen leichte Verbiegung sich Kunden mokieren.
Dass sich bald alle erdenklichen Bildschirme rollen, falten und biegen lassen, ist der eine Trend. Der andere und viel tiefgreifendere ist: die totale Vernetzung des Privathaushaltes. Und der Kampf der großen Hersteller um die Herrschaft im Wohnzimmer. Die größten, LG und Samsung aus Südkorea, befeuern diese Entwicklung. Sie schließen ihre Fernseher, Saugroboter, Kühlschränke, Waschmaschinen und jetzt auch die neu vorgestellte ultrakompakte Bierbraumaschinen ans Internet an. Letztere kann aus drei Kapseln fünf verschiedene Biersorten zaubern, darunter Ale, Schwarzbier und Pils.
Der Bierfreund muss trotzdem zwei Wochen auf den ersten Schluck warten. Entscheidend aber ist: Sie alle „sprechen“ mit Amazons Alexa oder Googles Assistenten. Und steuern kann man auch dieses Gerät mit der Mehrheit der marktgängiger Smartphones.
Roboter misste den Puls - und kommentiert das Ergebnis
Die Aufregung war Samsung-Manager Yoon Lee nicht anzusehen, als er wenige Stunden später seine Neuerungen vorstellte. „Bot come here!“ rief er – und ein kleiner weißer Roboter fuhr vor mit einem ründlichen abgewinkelten Display. „Bot care“ heißt das Gerät. Es spricht und „versteht“ und soll in Haushalten älterer Menschen zum Einsatz kommen – als digitaler Hilfspfleger. Er kann Vitalwerte erheben, an die Einnahme von Tabletten erinnern. Samsung-Manager Lee zeigte wie es geht: Er legte seinen Finger auf den Display und kurze Zeit später stand fest, dass der Eindruck nicht trog: Ein solider Blutdruck von 114 zu 84 teilte ihm sein „Bot“ mit bei einem Puls von 86 – „in Ordnung“, sagt der Bot dann auch.
Der Sprachsteuerung gehört die Zukunft, wobei Smartphone, „Echodot“ von Amazon oder „Hey Gold“ von Google und der Fernseher nicht nur Botschaften empfangen, sondern mitdenken und Vorschläge machen: Weil die Kamera im Kühlschrank feststellt, dass Milch, Obst und Wurstwaren fehlen, kommen diese auf die digitale Einkaufsliste mit dem Vorschlag, sie gleich zu bestellen. Weil im persönlichen Google-Planer eine Reise nach Kuba steht, schlägt der Assistent Flüge vor und ermittelt die Kosten. Weil die Hausfrau nach dem vernetzten Akku-Staubsauger greift, fragt der Assistent nach, ob er auch den Saugroboter losschicken soll. Er warnt auch, wenn die Staubbelastung draußen hoch ist und empfiehlt die Fenster zu schließen.
Was mit den Daten passiert, bleibt unklar
Das alles nennt LG „ThinQ“, Samsung „Bigsby“ – egal wie, solche Systeme mit Künstlicher Intelligenz sammeln kräftig „Lifestyle-Data“: wieviel Strom der Haushalt verbraucht, welche Fernsehsender laufen. Aus diesen Informationen leiten die Geräte selbständige Handlungsempfehlungen ab: zur Wartung der Waschmaschine, aber auch zur Umfahrung von Staus auf dem Weg zur Arbeit. LG-Manager Bon-Joon Koo sagt „ThinQ versteht die Nutzer und ihre Umgebung“. Kein Wort verliert er zu der damit verbundenen Gefahr des Missbrauchs dieser Daten, wo sie gespeichert werden und welche Sicherheit die Datenzentren vor Hackern bieten.
Verführerisch ist das alles trotzdem: nicht mehr alles selbständig googeln zu müssen, sondern den digitalen Pagen Wünsche zuzurufen und nicht nur die Antworten dazu von „Siri“ oder „Ok Google“ vorgesagt zu bekommen sondern dass auch gleich Taten folgen. Fast eine Randnotiz war es deshalb, dass nach Samsung nun auch LG im Kampf um immer größere Auflösungen seine Oled-Fernseher mit doppelter Höchstauflösung (8k) anbietet und das in immer größeren Formaten (88 Zoll).
Die Recherchereise nach Las Vegas wird unterstützt vom Unternehmen Intel.
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