Monte dei Paschi: Milliarden für Italiens marode Banken
Die Regierung in Rom hat per Dekret Milliarden für die Rettung angeschlagener Banken bereitgestellt. Zuvor war die geplante Kapitalerhöhung der italienischen Traditionsbank Monte dei Paschi di Siena gescheitert.
Am Donnerstagnachmittag um 14 Uhr war die Zeichnungsfrist für die Kapitalerhöhung der Monte dei Paschi di Siena (MPS), die als älteste Bank der Welt gilt, abgelaufen. Wie die Bankführung am späten Abend mitteilte, haben sich nicht ausreichend Investoren gefunden, die bereit gewesen wären, weiteres Kapital in das seit Jahren vor sich hinsiechende Bankhaus stecken. Zwar hatten sich zahlreiche große und kleine Gläubiger bereit gezeigt, Obligationen im Umfang von insgesamt 2,5 Milliarden Euro in neue Aktien zu tauschen. Doch der erhoffte weiße Ritter trat nicht auf den Plan.
Im Gegenteil: Beim Staatsfonds von Katar QIA, der allein eine Milliarde Euro zur Verfügung stellen wollte und auf dem alle Hoffnungen ruhten, hat wieder kalte Füße bekommen. "Und ohne einen solchen Ankerinvestor gibt es keine Nachfrage von anderer Seite", hieß es an der Mailänder Börse. Hinzu kam, dass die finanzielle Lage der Monte dei Paschi offenbar deutlich schlechter ist, als noch vor kurzem angenommen. Die Liquidität reiche nur noch für vier Monate, gab das Institut am Mittwoch bekannt – am 14. Dezember hieß es noch, die flüssigen Mittel reichten noch für elf Monate.
Die seit Monaten befürchtete staatliche Rettung der Bank wird damit unvermeidlich. Die Regierung von Paolo Gentiloni hat am Donnerstagabend ein entsprechendes Ad-hoc-Dekret erlassen. Die Voraussetzungen dafür hat das Parlament bereits am Mittwoch geschaffen: Senat und Abgeordnetenkammer bewilligten im Eiltempo einen Antrag von Finanzminister Pier Carlo Padoan, die Staatsschulden um bis zu 20 Milliarden Euro zu erhöhen, um angeschlagenen Banken unter die Arme greifen zu können. Damit der Staat einschreiten kann, muss die Bankführung erst ein formelles Gesuch stellen; ein solches lag bis Freitagmorgen offenbar nicht vor.
Die Rede ist von "vorsorglicher Rekapitalisierung"
Wie genau die staatliche Rettung ablaufen soll, ist noch nicht klar – die Intervention dürfte aber mehrere Wochen beanspruchen. Als erstes wird der Staat wohl frisches Geld einschießen, um die Liquidität der Monte dei Paschi wieder zu sichern. Des weiteren ist davon auszugehen, dass an der Kapitalerhöhung festgehalten wird: Die Bank braucht fünf Milliarden Euro, um die Verluste auszugleichen, die bei dem von der EZB geforderten Verkauf notleidender Kredite im Umfang von 27,7 Milliarden Euro zu erwarten sind. Allgemein wird angenommen, dass der Staat in Form einer "vorsorglichen Rekapitalisierung" die Aktien kaufen wird, für die keine privaten Investoren gefunden werden konnten.
Bei der Rettung wird die EU jedenfalls ein gewichtiges Wort mitreden – die Verhandlungen sind in Wahrheit längst im Gange. Sven Giegold, finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament sieht die italienischen Rettungspläne als eine "Feuerprobe" für die Europäische Bankenunion: "Italiens Bankenrettung verstößt gegen die Regeln der Europäischen Bankenunion. Die italienische Regierung setzt sich über die neuen Gesetze zum Schutz der Steuerzahler und des fairen Wettbewerbs hinweg", teilte Giegold mit. Er meint, dass die die EU-Kommission mit der Genehmigung der Rettungspläne einen "gefährlichen Präzedenzfall" schaffen würde. Die Monte dei Paschi könnte der Anfang einer neuen Serie von Bankenrettungen in Europa sein, viele Banken in Italien, Zypern, Griechenland und Portugal seien in ähnlich schlechter Lage, so Giegold.
Seit dem Inkrafttreten der EU-Richtlinie über Bankenabwicklungen und Bankensanierungen im Januar 2015 sind staatliche Interventionen nur noch erlaubt, wenn bei der Sanierung auch die Gläubiger und Aktionäre und im Extremfall auch Spareinlagen von über 100.000 Euro herangezogen werden. Akut gefährdet sind bei Monte dei Paschi di Siena 40.000 Kleinanleger und Sparer, denen die Bank – oft zur angeblichen Sicherung ihrer Altersvorsorge - nachrangige Obligationen im Gesamtumfang von über zwei Milliarden Euro angedreht hatte: Sie könnten bei einer staatlichen Rettung alles verlieren.
Faule Kredite in Höhe von 380 Milliarden Euro
Das drohende finanzielle Massaker unter zehntausenden Rentnern und Kleinanlegern würde zwangsläufig zu einer schweren Belastungsprobe für die erst vor kurzem vereidigte und nicht sehr populäre Regierung von Paolo Gentiloni werden – es zu verhindern genießt bei Finanzminister Padoan deshalb die höchste Priorität. "Die Auswirkungen auf die Retail-Kunden und Sparer wären im Fall einer staatlichen Rettung absolut minimal oder inexistent", versuchte Padoan am Mittwochabend die MPS-Kunden zu beruhigen. Mit der EU-Kommission abgesprochen war dieses Versprechen aber kaum.
Die Monte dei Paschi ist nicht der einzige Problemfall in Italiens Bankenwelt – neben der toskanischen Bank gelten mindestens sieben weitere Institute als angeschlagen. Das Problem ist bei allen dasselbe: Die italienischen Banken haben kumulierte faule Kredite um Umfang von 360 Milliarden Euro in ihren Büchern. (Kehrt die Euro-Krise zurück? Hier eine große Analyse.) Viele Institute brauchen deshalb frisches Kapital – die größte Bank des Landes, die Unicredit, plant für nächstes Jahr eine Kapitalerhöhung von 13 Milliarden Euro.