US-Technologiekonzern: Microsoft streicht bis zu 18.000 Stellen
Wenige Monate nach der Übernahme von Nokia zahlen die Beschäftigten den Preis. Microsoft streicht bei der Umstrukturierung des Konzerns 18.000 von 127.000 Stellen.
Bei der Neuaufstellung von Microsoft gehen binnen eines Jahres bis zu 18.000 Jobs der derzeit 127.000 verloren. Die Zahl nannte Firmenchef Satya Nadella am Donnerstag in einer Mitteilung an die Beschäftigten. Wenige Monate nach der Übernahme des finnischen Handy-Herstellers Nokia steht Microsoft damit wohl vor dem größten Jobabbau in seiner fast 40-jährigen Konzerngeschichte. Es wird erwartet, dass die meisten Stellen bei Nokia in Finnland gestrichen werden. Rund fünf Monate nach seinem Amtsantritt hatte Microsoft-Chef Nadella die Belegschaft zuletzt schon auf eine Schlankheitskur vorbereitet. Der US-Vorzeigekonzern der PC-Ära mischt bei Software zwar weiter ganz vorne mit, ringt aber um Erfolge im Mobilgeschäft. Nach Bekanntwerden des geplanten Sparkurses schnellte die Microsoft-Aktie um fast fünf Prozent nach oben.
Deutsche Microsoft-Mitarbeiter sind vom Jobabbau kaum betroffen. Es handle sich um eine „zweistellige Anzahl von Beschäftigten“, sagte ein Sprecher von Microsoft Deutschland am Donnerstag. Welche Standorte betroffen sind, konnte er nicht sagen. „Wir erarbeiten erst die konkreten Schritte für die Restrukturierung des Unternehmens.“ Die Deutschland-Zentrale von Microsoft befindet sich in Unterschleißheim bei München. Die betroffenen Mitarbeiter sollen binnen sechs Monaten benachrichtigt werden. Konzernchef Nadella versprach Abfindungen und Hilfe bei der Suche nach neuen Jobs. Die Gesamtkosten für den konzernweiten Abbau bezifferte Microsoft auf 1,1 bis 1,6 Milliarden Dollar vor Steuern, verteilt über die nächsten vier Quartale. Der komplette Jobabbau soll bis Mitte nächsten Jahres abgeschlossen werden.
Microsoft hat viel mehr Mitarbeiter als Apple oder Google
Mit der Übernahme des Handy-Pioniers wechselten im Frühjahr 25.000 Nokia-Angestellte zum weltgrößten Hersteller von Computerprogrammen, davon 4700 in Finnland. Seitdem beschäftigt Microsoft weit mehr Mitarbeiter als Rivalen wie Apple und Google. Sie laufen dem Konzern aus dem Großraum Seattle im Zeitalter von Smartphones und mobilem Internet zunehmend den Rang ab. So trat der neue Microsoft-Chef auch mit dem Ziel an, das Unternehmen mit einer neuen Palette von Online-Diensten, Apps und Mobilgeräten fit für die Zukunft zu machen. Im April übernahm Microsoft den einstigen Handy-Platzhirsch Nokia für 7,2 Milliarden Dollar. Die Amerikaner hatten angekündigt, binnen 18 Monaten nach Abschluss des Geschäfts jährlich 600 Millionen Dollar einsparen zu wollen. Einem Zeitungsbericht zufolge will Microsoft nun allein in Finnland 1000 Jobs abbauen. Die ehemalige Forschungs- und Entwicklungsabteilung von Nokia in Oulu im Norden des Landes mit 500 Arbeitsplätzen solle geschlossen werden, berichtete die Tageszeitung “Helsingin Sanomat“.
Auch in der Games-Sparte sind Stellen gefährdet
In Deutschland geht es schon länger abwärts: 2007 war Nokia hierzulande mit 14.000 Mitarbeitern noch der weltweit zweitgrößte Standort nach Finnland. Ein Jahr später schloss der Konzern wegen hoher Kosten das Handywerk in Bochum und verlagerte die Produktion trotz massiver Proteste von Politikern und Arbeitnehmern nach Rumänien. Gleichzeitig krempelte Apple mit seinem iPhone die Branche um - Nokias Tage als größter Handybauer waren gezählt. Derzeit arbeiten für Nokia in Deutschland noch 4400 Mitarbeiter, vor allem bei dem früher zusammen mit Siemens betriebenem Netzwerkausrüster Nokia Networks und für den Kartendienst Here. Microsoft Deutschland beschäftigt 2700 Menschen.
Die Amerikaner könnten Beobachtern zufolge auch in der Microsoft-Sparte für Xbox-Spiele- und Unterhaltung Stellen abbauen. Nadellas Vorgänger Steve Ballmer hatte Anfang 2009 unter dem Druck der Wirtschaftskrise 5800 Stellen gestrichen. Das entsprach damals sechs Prozent der Belegschaft. Mit einem Wegfall von 6000 Stellen würde die Zahl der Microsoft-Jobs nun um knapp fünf Prozent verringert.
Microsoft ist nicht der einzige Konzern der Branche, der als Pionier des PC-Zeitalters in der nun vom Internet dominierten Technologiewelt Abstriche beim Personal macht: Auch Hewlett-Packard, IBM, Intel und Cisco bauen zum Teil massiv Stellen ab. rtr