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Geschäfte entscheiden selbst, ob sie die Steuersenkung and die Kunden weitergeben. In wettbewerbsintensiven Branchen wie im Lebensmittelhandel ist dies wahrscheinlich.
© Fabian Sommer/dpa

Steuersenkung ab 1. Juli: Mehrwertsteuersenkung bringt Preisvorteile – aber nicht überall

In der Krise soll die Steuersenkung Wirtschaft und Verbrauchern helfen. Ob Geschäfte die Ersparnis an Kunden weitergeben, hängt von der Branche ab. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

In der Corona-Krise hat sich die Konsumstimmung vieler Verbraucher deutlich eingetrübt - mit massiven Folgen für zahlreiche Branchen. Die Kauflaune wieder bessern und damit auch die wichtige Binnennachfrage ankurbeln soll nun die befristete Senkung der Mehrwertsteuer. Viele Unternehmen wollen tatsächlich mit den Preisen runtergehen. Doch nicht überall wird die Senkung bei den Kunden landen.

Was ist geplant?

Die befristete Absenkung der Umsatzsteuer, in Deutschland meist als Mehrwertsteuer bekannt, ist Teil des Corona-Konjunkturpaketes der großen Koalition und soll vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2020 gelten

Der Steuersatz wird dabei von derzeit 19 auf 16 Prozent abgesenkt, der ermäßigte Steuersatz - der vor allem für Lebensmittel gilt - von sieben auf fünf Prozent. Am Montag sollen Bundestag und Bundesrat in einer Sondersitzung grünes Licht geben.

Was heißt das für Verbraucher?

In der Theorie ist die Rechnung einfach: Wer derzeit für ein Produkt mit dem regulären Mehrwertsteuersatz einen Nettopreis von 100 Euro bezahlt, muss dafür inklusive der Steuer 119 Euro auf den Ladentisch legen. Künftig wären dies also drei Euro weniger - vorausgesetzt, der Handel passt die Preise auch entsprechend an. Denn eine Verpflichtung dazu gibt es nicht.

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Wer will die Preise senken?

Um die Kaufzurückhaltung der Verbraucher zu durchbrechen, haben bereits zahlreiche Unternehmen bekräftigt, die niedrigeren Steuersätze komplett an die Kunden weiterreichen zu wollen - von Lebensmitteldiscountern über Backstuben, Möbelhäuser oder Schuhhändlern bis hin zur Deutschen Bahn.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) sieht die Senkung trotzdem kritisch und erwartet keine spürbare Entlastung für jeden Einzelnen. Der Verband verweist vor allem darauf, dass die von der Corona-Krise besonders gebeutelten Gastronomen ebenso wie einzelne Unternehmen angekündigt haben, die Senkungen nicht weiterzugeben oder nicht auf alle Produkte anzuwenden.

In wettbewerbsorientierten Branchen wie dem Lebensmitteleinzelhandel und bei hochprozentigen Ausgaben wie Möbeln oder Autos ist laut vzbv aber mit einer Weitergabe an die Verbraucher zu rechnen.

Nach Einschätzung des Handelsverbandes Deutschland HDE wirkt eine reduzierte Mehrwertsteuer im Einzelhandel „tendenziell preissenkend“ und kommt damit den Verbrauchern zugute. Entsprechende Auswirkungen würden aber „nicht zwangsläufig auf Einzelproduktebene zu beobachten sein“.

Dem Statistischen Bundesamt zufolge könnten die Verbraucherpreise in Deutschland insgesamt bei einer vollständigen Weitergabe der Mehrwertsteuersenkung an die Kunden rechnerisch um 1,6 Prozent sinken. Die tatsächlichen Auswirkungen seien aber schwierig zu prognostizieren.

Wie aufwändig ist die Umstellung?

Auf Kritik stößt der Aufwand für Unternehmen und Händler durch die befristete Maßnahme. So verweist etwa der Zentralverband des Deutschen Handwerks ZDH auf eine "massive Bürokratie für die Betriebe". Auf allen Wertschöpfungsstufen müssten Buchhaltungsprogramme oder Warenverkehrssysteme sowie Kassen an die neuen Umsatzsteuersätze anpasst werden.

Das Bundeswirtschaftsministerium betont allerdings, dass die Senkung durch den Handel möglichst kostengünstig und unbürokratisch an die Kunden weitergegeben werden könne. So sei es beispielsweise nicht nötig, die Preisschilder an sämtlichen Regalen in der Nacht zum 1. Juli zu ändern. Händler und Anbieter von Dienstleistungen können für die vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer demnach auch pauschale Rabatte an der Kasse gewähren. (AFP)

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