Autogipfel: Marktanteil von Dieselautos geht rapide zurück
Bund und Kommunen versuchen bei einem Spitzentreffen, Fahrverbote zu umgehen. Die Grünen bezeichnen die Ergebnisse als "mager".
Die Debatte um mögliche Fahrverbote für Dieselautos zeigt Wirkung. Nur noch 37,7 Prozent der im August verkauften Neuwagen werden von einem Diesel angetrieben, vor einem Jahr lag der Anteil noch bei 45,3 Prozent. Doch tot ist der Diesel noch lange nicht: Von den 2,32 Millionen Autos , die in den ersten acht Monaten hierzulande verkauft wurden, haben immerhin noch 40,9 Prozent einen Dieselmotor. Im Vergleich zum Benziner bläst der Diesel weniger Klimagas CO2, aber mehr Stickoxide (NOx) in die Luft. Und wegen der deutlich über den EU-Grenzwerten liegenden Stickoxidbelastung in Innenstädten haben sich Gerichte in Stuttgart und München für Diesel-Fahrverbote ausgesprochen. Mit den sogenannten Diesel-Gipfeln Anfang August und am Montag versucht die Bundesregierung, Fahrverbote zu verhindern.
Bloß keine Fahrverbote
„Fahrverbote würden dem kommunalen Leben den Stecker ziehen“, sagte am Montag Michael Ebling (SPD), Mainzer Oberbürgermeister und Präsident des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), die viele Tausend Dieselfahrzeuge im Betrieb haben. Ebling, der an dem Treffen im Kanzleramt teilnahm, bewertete die Aufstockung der Mittel auf eine Milliarde Euro als einen „ersten guten Schritt“. Mit dem Geld könnte die Nachrüstung von Müllautos, Kehrmaschinen und Bussen gefördert werden.
Rund 18.000 Busse sind in größeren deutschen Städten im ÖPNV unterwegs. Nach Angaben des Unternehmens Twintec, das Dieselbusse mit Harnstoff-Einspritzung (Adblue) nachrüsten kann, kostet das je Bus gut 15 000 Euro. Die Dieselbusse würden dem Unternehmen zufolge rund zehn Prozent des städtischen Stickoxid-Ausstoßes verursachen. In Berlin hat die BVG rund 1400 Dieselbusse im Betrieb, die inzwischen nach Angaben der Verkehrsbetriebe alle nachgerüstet und auf das relativ saubere Euro-VI-Niveau gebracht wurden.
Die Grünen sind enttäuscht
Neben einer Förderung der Nachrüstung wünschen sich die Kommunen auch Hilfe vom Bund bei der Anschaffung von Bussen mit Erdgas-, Wasserstoff- oder Elektroantrieb. Schließlich, so der Mainzer Bürgermeister Ebling, müsse mit Hochdruck an der Modernisierung der Stromverteilnetze sowie der Ladeinfrastruktur gearbeitet werden. „Nur so können wir ein flächendeckendes Tankstellennetz für E-Autos aufbauen.“
Die Grünen bezeichneten die Ergebnisse des Treffens im Kanzleramt als „mager“. Einmalige Geldspritzen lösten die Probleme der Kommunen nicht. Zur Förderung nachhaltiger Mobilität in den Städten müsse keine Hardware-Umrüstung von Diesel-Pkw und die Einführung einer Blauen Plakette kommen. Nach Einschätzung der Umweltschützer vom WWF „will Angela Merkel noch jahrzehntelang Neuwagen mit Verbrennungsmotor zulassen“. Eine Erklärung, wie dies zu ihren eigenen Klimazielen passe, bleibe sie schuldig. Zu einem ganzheitlichen Mobilitätskonzept gehöre eine Quote für Elektroautos.
Am dreckigsten ist Renault
Der Diesel ist wegen der Motormanipulation bei VW und wegen des Stickoxidausstoßes, der im realen Verkehr deutlich über den erlaubten Grenzwerten liegt, in Verruf geraten. „Die Ingenieure haben ihre eigene Technologie in die größte Vertrauenskrise der Geschichte der Autoindustrie geschickt“, heißt es in einer Studie des Car-Centers an der Uni Duisburg-Essen. Das Institut hat sich reale Tests angeschaut, die vom ADAC, dem Kraftfahrtbundesamt, der Deutschen Umwelthilfe und der Zeitschrift „Auto, Motor, Sport“ durchgeführt wurden. „Die Überraschung hätte nicht größer sein können“, heißt es in der Analyse, denn am saubersten sind 13 VW-Modelle, die „nur“ um das Zweifache über den erlaubten Stickoxid-Grenzwerten liegen.
Insgesamt wurden 138 Diesel-Pkw mit Euro VI im realen Betrieb getestet. Im Durchschnitt stoßen die Autos das 5,3-fache des erlaubten Grenzwertes von 80 Milligramm aus. Am saubersten ist ein VW-Passat mit 2,0-Liter-Motor, der den Grenzwert fast erreicht, am dreckigsten ein Renault Capture, der den Grenzwert um das 16-fache überschreitet.