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Wertheim
© Ullstein

Kaufhäuser: Marke Wertheim verschwindet

Abschied von einer langen Tradition: 133 Jahre nach der Gründung des ersten Warenhauses benennt der Mutterkonzern Arcandor die Berliner Häuser in Karstadt um.

Berlin - Für den Arcandor-Konzern ist es nur eine kleine Fußnote, für die Berliner der Abschied von einer langen Tradition: die Marke Wertheim, die einst das berühmteste Warenhaus Europas schmückte, wird 133 Jahre nach Gründung des ersten Kaufhauses im Herbst gelöscht. „Der Name Wertheim verschwindet“, sagte Arcandor-Sprecher Jörg Howe dem Tagesspiegel. Die beiden Berliner Wertheim-Kaufhäuser am Kurfürstendamm und in Steglitz, die aus dem einstigen Kaufhausreich übriggeblieben sind, werden künftig Karstadt heißen.

Mit der Umbenennung will der Arcandor-Konzern, der durch Probleme in seiner Warenhaussparte schwer belastet ist, Geld einsparen. Zwei Millionen Euro habe die Wertheim-Werbung pro Jahr gekostet, sagte Konzernsprecher Howe, diese Kosten fielen künftig weg. Mit der Ertragskraft der Berliner Kaufhäuser habe die Entscheidung dagegen nichts zu tun. „Mit beiden Häusern sind wir sehr zufrieden“, betonte er. Man bekenne sich auch zum Standort Berlin, wo Arcandor (früher: Karstadt-Quelle) unter anderem das Luxuskaufhaus KaDeWe betreibt.

Deutlich höhere Verluste bei der Warenhaustochter hatten den Konzern im vergangenen Geschäftsquartal in die roten Zahlen getrieben. Auch schwarze Zahlen bei der Tourismustochter Thomas Cook und beim Versandhändler Primondo hatten die Verluste bei Karstadt nicht ausgleichen können. Unter dem Strich blieb ein Verlust von knapp 120 Millionen Euro. Vom angekündigten Personalabbau sollen die Kaufhäuser nach Angaben von Arcandor-Chef Thomas Middelhoff aber verschont bleiben.

Auch für die rund 700 Wertheim-Mitarbeiter werde sich nichts ändern, versicherte Konzernsprecher Howe. Sie hätten schon länger Karstadt-Arbeitsverträge. Der Betriebsrat wollte sich auf Anfrage zu dem Thema nicht äußern.

Das Wertheim-Haus am Kurfürstendamm wird nach Unternehmensangaben zum 4. Oktober umbenannt, das Steglitzer Haus an der Schloßstraße, das zurzeit umgebaut wird, im April 2009 als Karstadt-Haus wiedereröffnet.

Auch für die Wertheim-Kunden werde unter neuem Namen alles beim Alten bleiben, beteuert der Sprecher. In beiden Häusern werde schon länger das Karstadt-Sortiment angeboten. Umsatzeinbußen seien daher nicht zu befürchten.

Das Ende der Marke Wertheim ist der endgültige Schlusspunkt eines jahrzehntelangen Konkurrenzkampfes. 1852 hatten die Brüder Abraham und Theodor Wertheim in Stralsund ihr „Manufactur-Modewarengeschäft“ eröffnet, 1875 wurde dort Abraham und Ida das erste Kaufhaus eröffnet. Nur wenige Jahre später, 1881, gründete auch Rudolph Karstadt sein erstes Geschäft in Wismar. Die Expansion der Wertheim-Warenhäuser, die 1894 auch ihre erste Berliner Filiale eröffneten, wurde durch die Machtübernahme der Nazis jäh gebremst. Obwohl Gründersohn Georg den Besitz seiner nichtjüdischen Ehefrau überschrieb, wurde die Firma 1937 enteignet. Wertheim wurde 1951 von Hertie übernommen und gehört heute zu Arcandor. Den Rechtsstreit mit den Wertheim-Erben legte Arcandor erst 2007 durch Zahlung von 88 Millionen Euro bei.

Der Abschied vom Namen Wertheim war nach Meinung von Experten überfällig. „Der Name hatte zuletzt nur noch Bedeutung für sehr in der Vergangenheit verwurzelte ältere Menschen“, sagte Markenspezialist Bernd Michael.

Maren Peters

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