Asperger-Autisten im Job: „Man muss lernen, die Persönlichkeit zu sehen“
Das Unternehmen Auticon mit Hauptsitz in Berlin stellt seit 2011 gezielt Autisten ein. Gründer Dirk Müller-Remus hat selber einen Sohn mit Asperger-Syndrom.
Herr Müller-Remus, von 22 Mitarbeitern, die Sie derzeit in Ihrem Softwareberatungs-Unternehmen beschäftigen, sind 14 Asperger-Autisten. Wie funktioniert das?
Bestens. Ihre Arbeit erfüllt die Erwartungen voll und ganz. Ich kann sagen: Alles, was man über ihre
Detailgenauigkeit sagt, stimmt. Selbst bei Routineaufgaben sind sie hochkonzentriert und finden Fehler, die sonst keiner sieht.
Sie entsenden Autisten als Berater in große Unternehmen wie Vodafone. Schwierigkeiten gibt es keine?
Eine Befürchtung war, dass sich Autisten nur schwer in gewachsene Firmenstrukturen integrieren lassen. Glücklicherweise sind die Erfahrungen durchweg positiv. Wichtig ist: Autisten brauchen klare Ansagen, Ironie und Andeutungen verstehen sie nicht. Und man muss Geduld haben: Sie sind langsamer als die meisten anderen Arbeitnehmer. Dafür übertrifft die Qualität ihrer Ergebnisse die gesunder Kollegen.
Welchen Rat können Sie SAP und anderen Arbeitgebern geben, die Autisten einstellen wollen?
Die Rekrutierung ist der springende Punkt. Unser Auswahlverfahren dauert drei Wochen. Der Ausbilder muss lernen zu unterscheiden: Was ist Autismus? Was ist Persönlichkeit? Wir prüfen in einem Test zunächst das analytische Denkvermögen. Ob der Bewerber dann auch pünktlich, ordentlich und gewissenhaft ist, wissen wir dadurch noch nicht. Firmen müssen sich Zeit nehmen, die Menschen kennenzulernen. Weil Autisten auch ein bisschen länger brauchen, bis sie eine bestimmte Reife und Berufsfähigkeit erreichen, stellen wir sie ab einem Alter von 25 ein.
Dirk Müller-Remus beschäftigt Asperger-Autisten in Berlin, Düsseldorf und München. Mit ihm sprach Maris Hubschmid