Wohnkosten: Makler sehen real sinkende Mieten
Von einer Preisblase wollen die Immobilienmakler nichts wissen. Im Gegenteil: Wohnen soll sogar billiger geworden sein. Andere Untersuchungen beobachten jedoch eine Explosion der Mieten - auch in Berlin.
Die politische Diskussion um drastische Mietsteigerungen in den Großstädten hält der Immobilienverband IVD für überzogen. „Da wird mit Ängsten der Bürger gespielt. Das ist hochgefährlich. Es gibt keine Preisblase, wir erleben eine Marktnormalisierung“, sagte Jens-Ulrich Kießling, Präsident des IVD, am Dienstag in Frankfurt. Der Markt sei „extrem stabil“.
Einer aktuellen Analyse für die zehn größten und teuersten deutschen Städte zufolge sind die Mieten dort seit 1992 zwar nominal um 13,6 Prozent gestiegen, real nach Abzug der Inflation von addiert 40 Prozent lägen sie aber fast 20 Prozent niedriger als vor 20 Jahren, argumentiert der Maklerverband. Bundesweit seien sie nominal im Schnitt um 9,4 Prozent geklettert, real aber um fast 23 Prozent gesunken. Für 2013 erwartet der Verband einen Anstieg bei Neuvermietungen von knapp unter drei Prozent.
Der Mieterbund warnt hingegen, in den Innenstädten der Metropolen komme es wegen explodierender Mieten zu einer regelrechten Vertreibung von Mietern. Bundesweit fehlten 250 000 Mietwohnungen. Preissprünge von bis zu 30 Prozent bei Neuvermietungen seien keine Seltenheit mehr. Andere Untersuchungen, etwa von Feri Euro Rating, prognostizieren, dass die Mieten bei Neuvermietungen in den Großstädten bis 2015 deutlich steigen werden – in München um 9,5 Prozent, in Frankfurt um 9,3, in Berlin um 8,2 oder in Freiburg um 7,7 Prozent. Dabei seien sie seit 2007 schon deutlich geklettert, in Berlin um mehr als 28 Prozent.
Zwar räumt auch der IVD, der Makler, Hausverwalter und Sachverständige, aber keine Vermieter vertritt, ein, dass es in den Innenstädten zu höheren Mietsteigerungen kommen könne. Aber auch dies sei keine Blase, sondern Ergebnis der Wohnungsknappheit, des stärkeren Zuzugs in die Stadtzentren und der steigenden Zahl von Ein-Personen-Haushalten. Es fehle aber nicht generell an bezahlbarem Wohnraum.
Am teuersten für Mieter ist nach wie vor München. „Dort sind die Kaltmieten seit 1992 mit 21 Prozent am stärksten gestiegen – von 9,25 auf 11,20 Euro pro Quadratmeter“, sagte IVD-Vize Michael Jürgen Schick. Real aber lägen die Preise dort um 15 Prozent niedriger als vor 20 Jahren. Trotz des jüngsten Immobilienbooms gehört der ehemalige Westen Berlins laut IVD noch zu den günstigsten unter den zehn untersuchten Großstädten. Die Lage im Ostteil der Hauptstadt hat der Verband nicht analysiert, weil es dort nur Daten ab 1996 gibt. Real seien die Mieten in Berlin-West von 9,20 auf 4,66 Euro gefallen, rechnet Schick vor. Im Bundesschnitt seien die Mieten von 5,04 auf 5,51 Euro gestiegen, in den zehn untersuchten Großstädten von 7,01 auf 7,96 Euro.
Selbst bei Betrachtung der Warmmiete einschließlich der Nebenkosten gibt es der Analyse zufolge keine Preisexplosion. Bezogen auf eine Drei-Zimmer-Wohnung mit 70 Quadratmetern hätten die Mieter 2012 rund 16 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens für die Warmmiete aufwenden müssen. 1993 seien es 20,1 Prozent gewesen, sagte Schick.