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Ein Arbeiter inspiziert eine Photovoltaikanlage in Dunhuang in der Provinz Gansu. China investiert massiv in erneuerbare Energien.
© Reuters/Carlos Barria

Investitionen: Made in China statt made in Germany

China geht auf Einkaufstour im Westen und sichert sich Know-how in hochentwickelten Technologien. Im eigenen Land sind Milliardensummen für den Ausbau der Erneuerbaren geplant. Davon werden deutsche Unternehmen aber wohl kaum etwas abbekommen.

Fast 30 Milliarden Euro hat China allein 2016 in internationale Firmenübernahmen im Bereich emissionsfreier Technologien gesteckt. Das meldet das Institute for Energy Economics and Financial Analysis (IEEFA) aus Cleveland. Damit seien die Investitionen der Chinesen im Ausland erneut um 60 Prozent gewachsen – eine Entwicklung, die Tim Buckley vom IEEFA auch in den nächsten Jahren weitergehen sieht.

In Deutschland erwarb der Energieversorger Shanghai Electric 2016 eine 30-prozentige Beteiligung am Hersteller von Dünnschicht-Photovoltaik Manz. Beijing Enterprises Holdings kaufte von Eon die  Energy from Waste GmbH komplett. Die China Three Gorges Corporation kaufte eine 80-prozentige Beteiligung an WindMW, der die Offshorefarmen Meerwind Süd und Ost gehören. Die Investitionen der drei Staatsunternehmen hatten ein Volumen von insgesamt 3,3 Milliarden Euro. „Ich denke, China berücksichtigt technologische Weltmarktführer, wo immer es möglich ist, also wo sich Gelegenheiten für die Akquise ergeben und wenig Gegenreaktionen zu erwarten sind“, sagt Tim Buckley.

Der Technologievorsprung der Deutschen muss nicht für immer sein

Genau diese Gegenreaktionen aber könnten künftig zunehmen. „Firmenübernahmen sind an sich ein marktwirtschaftlicher Prozess und das chinesische Kapital ist eine wichtige Finanzquelle“, sagt Jost Wübbeke vom Mercator Institute for China Studie (Merics). „Problematisch wird es, wenn Staatsunternehmen Know-how in großem Stil systematisch absaugen, um die Entwicklung eigener Industrien zu beschleunigen.“ Denn weg von der Werkbank der Welt, hin zu einem Industrieland wie Deutschland oder Japan, wolle sich China mit dem Programm „Made in China 2025“ entwickeln.

Wie die Regeln gegen undurchsichtige Transaktionen aussehen könnten, werde zurzeit im Bundeswirtschaftsministerium und auf europäischer Ebene „sehr viel diskutiert“, sagt Wübbeke. „Es darf nicht in Protektionismus umschlagen. Aber man will ein feinfühliges Instrument, das die Marktwirtschaft schützt, wenn jemand von außen kommt und sich nicht an ihre Regeln hält.“ In einer Studie des Merics werden folgende Maßnahmen empfohlen:

  • Mehr Transparenz darüber, wer hinter einer Investition steht
  • Ausweitung des Begriffs der nationalen Sicherheit. Übernahmen, die die nationale Sicherheit gefährden, können laut Außenwirtschaftsgesetz verboten werden. Bisher gilt das aber nur für den Bereich Rüstung und Sicherheitstechnologie
  • Erweiterung des Begriffs Wettbewerbsverzerrung über den Rahmen der EU hinaus
  • Verhandlungen über den Abbau von Handelsbarrieren der Chinesen
  • Aufbau einer EU-Agentur, die staatliche Investitionen überprüft und sie gegebenenfalls sogar verbietet

Noch habe Deutschland in vielen Bereichen eine Technologieführerschaft, sagt Jost Wübbeke. Hier gebe es gute Geschäftschancen, weil wichtige Kernkomponenten in China (bisher) nicht hergestellt werden könnten. „Umwelttechnologie ist einer der Bereiche, die noch ganz gut laufen“, sagt Jost Wübbeke und nennt Steuerungssoftware für Windturbinen, Inverter für die Photovoltaik, Umweltsensoren und Technologien für die Wasseraufbereitung als Beispiele. Auch bei Gasturbinen seien Siemens und General Electric bisher unangefochten. „Auf diesen Gebieten ist der Technologievorsprung der deutschen Wirtschaft noch relativ groß. Das darf die deutsche Wirtshaft aber nicht verleiten, dass es so bleibt“, sagt Wübbeke.

Auch der urbane Smog beschleunigt den Ausbau der Erneuerbaren

Die inländischen Investitionen der Chinesen in Erneuerbare sieht Jost Wübbeke vor allem von industriepolitischen Entscheidungen getrieben. „Die Regierung hat erkannt, dass es dafür weltweit einen großen Markt gibt. Und natürlich hat auch der urbane Smog, den man vermeiden will, den Ausbau der Erneuerbaren beschleunigt.“

Tänzer mit Masken auf einem Platz in Fuyang in der Provinz Anhui.
Tänzer mit Masken auf einem Platz in Fuyang in der Provinz Anhui.
© Reuters

Wichtig für die Regierung sei auch, von ausländischem Öl unabhängig zu werden. Deshalb setze sie stark auf Elektromobilität. „Bei Verbrennungsmotoren hat China es nie geschafft, konkurrenzfähig zu werden. Bei der Elektromobilität ist der Entwicklungsrückstand nicht so groß.“ Auch bei den Batterien werden die Chinesen stark und nicht auf Zulieferer angewiesen sein, glaubt Wübbeke.

Die Chinesen geben kaum Aufträge außer Landes

Von den umgerechnet mehr als 300 Milliarden Euro, die die chinesische Regierung bis 2020 in den Ausbau von emissionsfreien Technologien investieren will, werden ausländische Unternehmen nicht viel abbekommen, glaubt Tim Buckley. „Fast alle inländischen Investitionen werden von chinesischen Unternehmen finanziert. Da gibt es fast kein ausländisches Investment.“

Die politische Landschaft sei noch nicht bereit für ausländische Investitionen. „In Windturbinen haben General Electric, Siemens und Vestas eine Dekade lang investiert – und doch lag ihr Marktanteil nie über zehn Prozent. Es gibt einen gewissen Spielraum für ausländische Investitionen, aber sie sind nicht besonders attraktiv“, sagt Buckley.

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