"Hohe kriminelle Energie": Lufthansa droht 350-Millionen-Euro-Strafe
Jahrelang sollen Fluggesellschaften Preise abgesprochen haben - zu Lasten von Speditionen wie der Bahn-Tochter Schenker. Nun verlangt der Staatskonzern Schadenersatz - für die Lufthansa könnte es teuer werden.
Die Lufthansa muss wegen eines jahrelangen Luftfracht-Kartells womöglich mehr als 350 Millionen Euro Schadenersatz an die Deutsche Bahn zahlen. Der Staatskonzern habe mehrere Fluggesellschaften wegen Preisabsprachen bei Luftfracht-Leistungen auf insgesamt 2,1 Milliarden Euro verklagt, sagte Christoph Rother, Leiter der Kartellrechtsabteilung des Staatskonzerns, am Montag in einer Telefonkonferenz. Die Lufthansa könnte angesichts ihrer Größe zu den Hauptleidtragenden gehören.
Am Montag hat die Bahn vor dem Landgericht Köln Klage gegen zehn Fluggesellschaften eingereicht, von ihnen verlangt sie 1,2 Milliarden Euro Schadenersatz plus 560 Millionen Euro Zinsen. Zehn bis zwanzig Prozent davon könnten auf die Lufthansa entfallen. Hinzu kommt eine Klage vom Sommer in den USA gegen sieben weitere Airlines, wo es um rund 300 Millionen Euro zuzüglich Zinsen gehe, sagte Rother weiter. Es gehe „um eines der größten Kartelle in der Wirtschaftsgeschichte und eines der wenigen, die international und global funktioniert haben“, befand der Jurist. Die Bahn habe „immense Schäden erlitten“. In den USA könnten die Gerichte die Fluggesellschaften sogar dazu verurteilen, den dreifachen Schadenersatz zu leisten. Auf die Branche könnten also Forderungen von 2,6 bis 2,7 Milliarden Euro zukommen.
Hintergrund sind Preisabsprachen der Unternehmen über Kerosin- und Sicherheitszuschläge zwischen den Jahren 1999 und 2006. Mehr als 20 Unternehmen seien hier beteiligt gewesen. Die Bahn-Tochter DB Schenker, weltweit zweitgrößter Luftfracht-Spediteur hinter DHL, sei betroffen gewesen. 2010 hatte die EU-Kommission in dem Fall bereits hohe Strafen gegen beteiligte Unternehmen verhängt, auch die US-Justiz hat bereits Urteile gesprochen. "Das Verschulden steht zweifelsfrei fest." Die Lufthansa hatte als Kronzeuge zwar geholfen, das Kartell aufzudecken. Das befreit sie nach Ansicht der Bahn aber nicht vor zivilrechtlichen Ansprüchen. Man habe sich intensiv um eine außergerichtliche Einigung mit allen Fluggesellschaften bemüht, sagte Rother. Darauf hätten die Unternehmen aber nicht reagiert. „Der Verhandlungsweg steht aber immer noch offen“, sagte er.
Die Lufthansa verwies auf ihren jüngsten Geschäftsbericht und lehnte weitere Kommentare ab. Darin ist der Kartell-Fall zwar erwähnt, aber ohne Angaben von Zahlen.