Schwindel um Bio-Eier: Landwirtschaftsminister will Betrieben Genehmigung entziehen
Im sich anbahnenden Skandal um falsch deklarierte Eier müssen überführte Betriebe nach Ansicht des niedersächsischen Landwirtschaftsministers Christian Meyer mit eindeutigen Konsequenzen rechnen.
Christian Meyer (Grüne) ist noch keine Woche im Amt und hat schon seinen ersten großen Auftritt in der Tagesschau. Der neue niedersächsische Landwirtschaftsminister kündigt an, dass diesmal „Namen genannt werden“. Die Hühnerhöfe, denen nachgewiesen werden kann, dass sie Eier aus Freiland- oder aus Öko-Haltung mit einem zu geringen Platzangebot oder gar aus Käfighaltung zu Bio-Eiern umdeklariert haben, sollen nicht anonym bleiben dürfen, findet Meyer.
Überführte Betriebe müssen nach Meyer mit eindeutigen Konsequenzen rechnen: „Wir prüfen dann, ob man den überführten Betrieben (...) die Betriebserlaubnis entzieht“, sagte Meyer am Montag im ARD-Morgenmagazin. Hinter der möglichen massiven Verbrauchertäuschung könne sich eine „ziemliche kriminelle Energie“ verbergen, so der Grünen-Politiker. „Es geht hier nicht nur um Bio-Betriebe, es geht um alle Haltungsformen. Es geht um Käfig-, Boden-, Freilandhaltung, wo möglicherweise deutlich mehr Hühner gehalten worden sind als erlaubt.“ Meyer, ein engagierter Kämpfer gegen Massentierhaltung, hatte erst vor knapp einer Woche das Amt als neuer niedersächsischer Landwirtschaftsminister aufgenommen.
Seit 2011 ermittelt die Staatsanwaltschaft Oldenburg gegen rund 150 niedersächsische Betriebe. Weitere 50 Verfahren sind an die Nachbarländer Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein- Westfalen aber auch ins europäische Ausland abgegeben worden. Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Frauke Wilken bestätigte damit einen Bericht des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“. „Die Ermittlungen sind sehr aufwendig, so etwas dauert seine Zeit, sagte sie.
„Der Verdacht besteht, dass es sich um systematischen Betrug handelt. Das ist kein Kavaliersdelikt, das wäre Verbrauchertäuschung“, sagte Christian Meyer der Nachrichtenagentur dpa. Er kündigte Konsequenzen an, falls sich der Verdacht bestätigen sollte. Geprüft werde, ob den Betrieben dann die Zulassung entzogen wird.
Betroffen sind dem Minister zufolge überwiegend konventionelle Betriebe mit Freilandhaltung, aber auch einige Bio- Höfe. Für die Freilandhaltung sind mindestens vier Quadratmeter Auslauffläche pro Huhn vorgeschrieben. Die Staatsanwaltschaft Oldenburg erklärte, es seien verschiedene Haltungsformen betroffen. Freilandeier dürfen nur dann als „Bio“ in den Handel, wenn auch bestimmte Futtermittel-Auflagen erfüllt werden. Dem „Spiegel“-Bericht zufolge sind Millionen Bio-Eier verkauft worden, die so nicht hätten deklariert werden dürfen.
Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) wies darauf hin, dass die meisten Bio-Eier in den Supermärkten längst von großen Unternehmen stammten. Die AbL forderte die Biolandbauverbände Bioland und Demeter auf, sich zum „Bauernhof-Bio“ zu bekennen. „Ökologischer Landbau und eine artgerechte Tierhaltung seien nur in flächengebundenen, mittelständisch-bäuerlichen Strukturen mit überzeugten Bio- Bauern möglich“, sagte AbL–Geschäftsführer Georg Jansen.
Der Bio-Branche kommt der Skandal ziemlich ungelegen. Erst im Herbst 2012 hatte es schon einmal schlechte Schlagzeilen über Bio-Eier gegeben. Damals war giftiges Dioxin in Bio-Eiern gefunden worden. Zudem gab es eine Reihe von Fernsehreportagen, die auf Bio-Höfen fast federlose, keineswegs glückliche Hühner in drangvoller Enge zeigten. Der Marktanteil der Bio-Eier lag im vergangenen Jahr bei 7,5 Prozent. Mehr als die Hälfte der Bio-Eier in Deutschland wird in den Discountern verkauft, lediglich ein Drittel wird in Bio-Läden oder Reformhäusern oder direkt vom Hof aus vermarktet. Die Nachfrage ist jahrelang ständig gestiegen. Das führt zu Bio-Hennenhöfen, die langsam auch zu Großunternehmen werden. Wer Discounter beliefert muss Zehntausende Hühner halten. Damit sind die Bio-Produzenten gemessen an den kommerziell erfolgreichen Hennenhaltern immer noch klein. Dort fängt das Geschäft erst bei etwa 100 000 Hennen an, lukrativ zu werden. Doch mit Bildern von glücklich scharrenden Hühnern in schöner Landschaft hat auch die Produktion von Bio-Eiern nur noch bedingt etwas zu tun. Aber wer mit Bio-Eiern Geld verdienen will, hat kaum eine Alternative zur Bio-Massenhennenhaltung.
Dabei ist den Verbrauchern die Haltungsform ziemlich wichtig. Das Bundesverbraucherministerium hat im Januar eine Umfrage veröffentlicht, nach der 89 Prozent der Befragten großen Wert darauf legen, dass die Haltung der Tiere artgerecht ist. Rund die Hälfte legt großen Wert darauf, dass die Produkte aus biologischer Produktion kommen. Markus Winkler vom WWF kommentierte den Skandal auf Twitter lakonisch: „Montag: Verbraucherschutz fordert Aufklärung. Dienstag: Aigner stellt Zehn-Punkte-Plan vor. Mittwoch: Niebel verteilt Eier an Bedürftige.“ (mit dpa)
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